Frage an Christiane Ratjen-Damerau bezüglich Gesundheit

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Christiane Ratjen-Damerau
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Frage von Peter T. •

Frage an Christiane Ratjen-Damerau von Peter T. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Ratjen-Damerau,

angesichts der Brände in Russland besteht die Gefahr, dass eine radioaktive Staubwolke auch zu uns kommt.
Was möchten Sie persönlich unternehmen, damit solche Gefahren gebannt werden? Es wird doch sicherlich auch Sie beunruhigen.
Die Atomkraft ist eine nicht beherrschbare Technologie.
Mit welchen Argumenten, die auch wirklich überzeugend und verantwortungsvoll wären, können Sie für eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke plädieren? Ich kann mir keine vorstellen.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Tischler

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Tischler,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 11. August zum Thema radioaktive Staubwolke aus Russland und Atomenergie.

Es ist leider richtig, dass vor einigen Tagen die Waldbrände in Russland die Region Brjansk im Dreiländereck Russland/Ukraine/Weißrussland erreicht haben. Im April 1986 wurde diese Region durch die radioaktive Wolke aus dem Atommeiler Tschernobyl erheblich verseucht. Sie haben auch recht damit, dass durch die Waldbrände verseuchter Staub aufgewirbelt werden kann.

Die fachlich Beurteilung ist jedoch differenziert. Die Feuer sind bereits gelöscht worden und nun werden die Wälder dort verstärkt kontrolliert. Außerdem kann für weiter entfernten Gebiete grundsätzlich Entwarnung gegeben werden. Gefährlich ist diese Staubwolke - und das ist schlimm genug - für Feuerwehrleute und Bewohner in den nahegelegenen Gebieten. Mit Berücksichtigung der Windrichtung und der Windstärke wird davon ausgegangen, dass eine Gefährdung ab 100 Kilometer Entfernung sehr gering ist. Das bestätigen russische Wissenschaftler und Greenpeace Russland übereinstimmend.

Damit sind die Waldbrände in Russland eine große (ökologische) Katastrophe, betreffen die Bevölkerung in Deutschland jedoch erst einmal nicht.

Auch Ihre Frage zur Atompolitik beantworte ich gerne. Die FDP hat sich auf ein klares Konzept zum Klimaschutz verständigt: Senkung der Treibhausgase bis 2020 um 40% und bis 2050 um mindestens 80%. Damit wird Deutschland seinen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius leisten. Zusätzlich arbeitet die Bundesregierung an einem Energiekonzept bis Oktober dieses Jahres, das Leitlinien für einen dynamischen Übergang unseres Energiesystems zu einer überwiegend auf Erneuerbare Energien gestützten Versorgung entwickelt.

Der von Grünen und Ihnen nahestehenden Wissenschaftlern bewusst erzeugte Eindruck, die genannten Ziele ließen sich bis zum Jahr 2050 allein mit Erneuerbaren Energien und nur bei Ausstieg aus der Kernenergie erreichen, ist falsch. Die größte Ausbaudynamik besteht bei der Solar- und der Windenergie. Diese Energieformen steigern stetig ihren Mengenanteil an der Stromerzeugung. Ihr Beitrag zur Versorgungssicherheit kann aber nur bei 1% bzw. 10% der installierten Leistung angesetzt werden. Im Dezember 2009 stand an den Tagen mit dem höchsten Strombedarf des Jahres beispielsweise fast die gesamte in Deutschland installierte Windenergie wegen Schwachwind nicht zur Verfügung. Dieser Erzeugungsausfall wurde durch Kernenergie- und Braunkohlekraftwerke, mit einer jederzeit verfügbaren Leistung von über 90% je Leistung des Kraftwerksblocks ausgeglichen.

Ich schildere Ihnen diesen Sachverhalt, da er klar macht, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, bis Erneuerbare Energien die Kernkraft verlässlich ersetzen können. Neue innovative Energiespeicher müssen entwickelt werden, die Stromnetze ausgebaut, die Fahrweise von Kraftwerken muss flexibler werden, intelligente Netze sind zu installieren - das gesamte Energiesystem muss bei ´laufenden Motor´ umgebaut werden. Das alles, ohne Glühbirnen flackern zu lassen, Computer im Betrieb durch Spannungsschwankungen zu beschädigen oder unsere Strom- und Wärmeversorgung von russischem Kraftwerksgas abhängig zu machen.

Der Ausbau der Stromnetze ist unabhängig davon erforderlich, ob die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängert werden. Schon aktuell wird beispielsweise in den Windenergieparks im Norden bzw. Nordosten Deutschlands häufig mehr Strom erzeugt, als dort verbraucht wird. Der Strom muss zu den Verbrauchern in die großen Ballungsräume im Süden und in der Mitte Deutschlands weitergeleitet werden. Diese Situation wird durch den Ausbau der Windkraft auf See zunehmen. Allein dafür brauchen wir neue Stromleitungen.

In keiner Weise blockiert die Kernkraft den Ausbau der umweltfreundlichen Erneuerbaren Energien. Dafür gibt es im wesentlichen zwei Gründe: Erstens gilt für Erneuerbare Energien ein Einspeisungsvorrang. Zweitens ist gesetzlich eine Mindestvergütung für die einzelnen Erneuerbaren Energieträger geregelt.

Schließlich birgt die friedliche Nutzung der Kernenergie kein unkalkulierbares Unfallrisiko. Das hohe Sicherheitsniveau deutscher Kernkraftwerke wird regelmäßig durch die auch im Internet veröffentlichten Berichte des Bundesamtes für Strahlenschutz über sog. meldepflichtige Ereignisse in Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen belegt (vgl. www.bfs.de/de/kerntechnik/ereignisse/berichte_meldepflichtige_ereignisse/quartalsberichte.html ).

Eine verantwortungsvolle Nutzung der Kernenergie bedingt selbstverständlich auch die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle. Die Frage der sicheren Endlagerung stellt sich jedoch unabhängig von der Frage der Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke, denn radioaktive Abfälle entstehen nicht nur bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie, sondern beispielsweise auch in Medizin (Röntgen) und Forschung.

Mit Schacht Konrad wurde für schwach und mittelradioaktiv strahlende Abfälle, das sind vom Volumen her rund 90 Prozent der Abfälle, bereits ein Endlager gefunden und genehmigt. Darüber hinaus hat Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen entsprechend des Koalitionsvertrags die weitere ergebnisoffene Untersuchung des Salzstockes in Gorleben veranlasst. Gerade weil wir die Endlagerfrage nicht auf kommende Generationen abwälzen dürfen, sollen die Erkundungsarbeiten ergebnisoffen fortgesetzt werden, um zu einer definitiven Aussage über die Eignung oder Nicht-Eignung des Standorts zu kommen.

Damit wollen auch wir Liberale die erneuerbaren Energien konsequent ausbauen. Langfristig strebt die FDP eine CO2-neutrale Energieversorgung an. Mittelfristig brauchen wir aber in einem Energiemix, der Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit vereint, die Kernenergie als Brückentechnologie.

Ich hoffe sehr Ihnen mit meiner Antwort behilflich gewesen zu sein und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Ihre Christiane Ratjen-Damerau