Warum soll ich bei der Landtagswahl die Grünen wählen, wenn Sie dem Klimawandel nicht mit aller erforderlichen Kraft entgegenwirken?

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Clemens Rostock
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Frage von Peter Wolfgang Hans-Jörg S. •

Warum soll ich bei der Landtagswahl die Grünen wählen, wenn Sie dem Klimawandel nicht mit aller erforderlichen Kraft entgegenwirken?

Guten Tag Herr Rostock,

wie heute veröffentlicht wurde, war 2024 der wärmste Sommer aller Zeiten. Und zwar nicht in Deutschland oder Europa sondern weltweit. In Anbetracht dessen, dass wir von Jahr zu Jahr zu neuen Hitzerekorden taumeln, sollte dieses Problem aller höchste Priorität haben. Warum ist für Ihre Partei die Frage nach einem Sieg im Ukrainekrieg gegen Russland wichtiger als das Problem Klimawandel? Warum stimmt Ihre Partei einer Erhöhung des Rüstungsetats zu, wenn Waffen doch schon bei der Produktion Rohstoffe verbrauchen und bei ihrem Einsatz ganze Landstriche unbewohnbar machen? Weshalb denkt Ihre Partei in Lagern --Russl., China, Nordkorea vs. USA, Europa-- wenn der Klimawandel das grösste globale Problem ist? Warum also soll ich die GRÜNEN wählen, wenn mir das Klima- und Umweltproblem am Herzen liegt und ich meinen Kindern und Enkeln eine lebenswerte Welt hinterlassen möchte?

Mein Motto: Klimaschutz statt Rüstungsschmutz.

Danke vorab für eine detaillierte Antwort

MfG PW

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

Vielen Dank für Ihre Frage!

Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass die Unterstützung der Ukraine gegen den Angriff Russlands keine Frage ist, die am 22. September zur Wahl steht. Dennoch möchte ich mich nicht um eine Positionierung drücken:
Ich halte es für richtig, die Ukraine zu unterstützen. Die Ukraine hat 1994 ihre Atomwaffen abgegeben, im Gegenzug hat Russland der Ukraine territoriale Integrität zugesichert. Der Angriff Russlands auf die Ukraine ist damit ein Bärendienst für die atomare Abrüstung auf der Welt, denn kein Land wird sich so schnell wieder darauf einlassen Atomwaffen gegen Sicherheitsgarantien abzugeben. Darüber hinaus argumentiert Russland nationalistisch und behauptet es gäbe gar keine ukrainische Identität und letztlich seien das doch auch nur Russen. Dazu empfehle ich russische Quellen, wie das russische Fernsehen. Aber selbst wenn man diese Argumentation nur auf die russischsprachige Bevölkerung begrenzen würde, wäre sie hochgefährlich. Denn folgte man dieser Logik in Europa, würden einige Grenzstreitigkeiten ausbrechen: Zwischen Schweden und Finnland um die Aland-Inseln und finnische Küstengebiete, zwischen Deutschland und Belgien um die deutsche Gemeinschaft in Belgien, zwischen Frankreich und Italien um das Aosta-Tal, zwischen Italien und Österreich um Südtirol, zwischen Portugal und Spanien um Galizien, zwischen Ungarn und allen Nachbarstaaten und und und. Außerdem ist die Grundsatzfrage, ob es heute möglich sein darf, Grenzen durch militärische Gewalt zu verschieben? Aus diesen und weiteren Gründen, halte ich die Unterstützung der Ukraine für gerechtfertigt.
Was mir allerdings fehlt in der Kommunikation meiner Partei ist, dass man auch den inneren Ekel zum Ausdruck bringt, den wir dabei empfinden Waffen in die Ukraine liefern zu müssen. Denn auch wenn ich es richtig finde, ist das natürlich dennoch eine unschöne Entscheidung. Darüber hinaus fehlt mit die Kommunikation über die Zeit danach; dass wir nach dem Ende des Krieges wieder zu einer gegenseitigen Rüstungskontrolle zurückkehren müssen usw. 

Das alles gesagt, muss ich aber auch zum Ausdruck bringen, dass ich nicht nachvollziehen kann, warum Sie diese Frage mit der Frage des Klimaschutzes vermengen. Warum glauben Sie, dass meiner Partei die Unterstützung der Ukraine wichtiger als der Klimaschutz ist?
Ich möchte noch einmal betonen, dass die Unterstützung der Ukraine nicht im Landtag Brandenburg entschieden wird. Sie können natürlich die AfD oder das BSW wählen, beide lehnen aber nicht nur die Unterstützung der Ukraine ab, beide stellen auch die Sinnhaftigkeit von Klimapolitik grundsätzlich in Frage.

Sie können aber bei der Landtagswahl etwas für den Klimaschutz tun. Allein ein Blick auf die ablaufende Legislatur unterstreicht dies: Wir haben die Planungen für Neue Tagebau und das Abbaggern weiterer Dörfer beendet, die die Vorgängerregierung von SPD und Linken noch vorangetrieben haben. Wir haben den Klimaplan und das Mobilitätsgesetz verabschiedet. Daraus folgten viele Einzelmaßnahmen wie die Umstellung der Windflächenplanung von Eignungs- auf Vorranggebiete, die Änderung des Denkmalschutzgesetzes zugunsten von Erneuerbaren Energien, die Einführung der Solarpflicht für öffentliche und gewerbliche Gebäude sowie Parkplätze, der Ausbau des Regionalverkehrs (bundesweiter Spitzenreiter), die Verzehnfachung der Mittel für den Radverkehr, das Reaktivierungsgutachten für Schienenstrecken und Bahnhalte, die Ausweitung der PlusBusse usw.
Fast alles davon war nur gegen Widerstände der Koalitionspartner zu erreichen.
Wenn Ihnen also Klimaschutz am Herzen liegt, möchte ich Ihnen doch sehr ans Herz legen, mit der Zweitstimme Bündnis 90/Die Grünen zu wählen. Mit der Erststimme können Sie schauen, wer bei Ihnen vor Ort kandidiert (zum Beispiel Herrn Lüttmann von der SPD). Das gilt übrigens noch aus anderen Gründen: Die aktuelle Umfrage von Infratest dimap zeigt, dass wir um den Wiedereinzug kämpfen müssen. Kämen wir nicht wieder rein, wäre eine Regierungsmehrheit nur mit SPD, CDU und BSW möglich und die AfD wäre die einzige Opposition und hätte die Chance auf eine Sperrminorität (mit einem Drittel der Sitze im Landtag). Wenn Sie das nicht möchten, dann bitte ich Sie noch einmal um eine Zweitstimme für Bündnis 90/Die Grünen!

 

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Rostock

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