Werden Sie sich zum Schutz der Bürger und der Natur gegen Tiefenbohrungen und stattdessen für Alternativen einsetzen?

Daniel Born MdL
Daniel Born
SPD
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Frage von Gabriele P. •

Werden Sie sich zum Schutz der Bürger und der Natur gegen Tiefenbohrungen und stattdessen für Alternativen einsetzen?

Sehr geehrter Herr Born,
ich bin überaus besorgt über die geplanten Geothermiewerke entlang des Rheins. Bei vier Firmen, die sich "Schürfrechte" reservieren, von denen jede gleich mehrere Fabriken entlang des Rheins erstellen kann, um Tiefenbohrungen vorzunehmen, frage ich mich nach der Verhältnismäßigkeit.
Was passiert, wenn dafür das Grundwasser abgesenkt werden muss mit unserer Landwirtschaft, was passiert mit Immobilienwerten, wenn Wände oder Hochwasserschutzdämme Risse bekommen und brechen?! Wie teuer wird denn Fernwärme, wenn pro Werk, welches Millionen koset, lediglich 10% Wärme geliefert wird.
Daher meine Frage:
Werden Sie sich zum Schutz der Bürger und der Natur gegen Tiefenbohrungen und stattdessen für Alternativen einsetzen, auch weil Ein-, Zwei- oder Dreifamilienhäuser einen sehr großen Anteil haben?
Freundliche Grüße und herzlichen Dank für Ihre Antwort.

Daniel Born MdL
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau P.

vielen Dank für Ihre Frage.

Sie sprechen an, wie ich mich für den Schutz der Bürger*innen und der Natur einsetze und verbinden dies mit einem Einsatz gegen Geothermie. Ich möchte Ihnen gegenüber ganz offen antworten: ich bin überzeugt, dass wir die Aspekte Schutz und Sicherheit weiter fassen müssen. Wir brauchen eine Energiewende, um uns vor dramatischen Klimaveränderungen zu schützen. Und um uns unabhängig zu machen vor einem autokratischen Regime in Moskau, das nicht nur die Freiheit und Unabhängigkeit seines Nachbarlands Ukraine, sondern die Freiheit von uns allen angegriffen hat. Viele sprechen darum gerne von drei Säulen, um in Baden-Württemberg diese Energiewende zu schaffen: Wind, Sonne und Geothermie. Ich sage Ihnen offen – da bin ich sehr misstrauisch. Bei der Windenergie passiert praktisch nichts. Im letzten Jahr wurden neun (!) Windräder neu gebaut – und neun abgebaut. Also eine Nullbilanz. Und bei der Photovoltaik liegt das Land sogar bei den eigenen Gebäuden dramatisch zurück. Meiner Meinung nach müsste hier mit viel mehr Engagement gearbeitet werden, stattdessen wird fast nur noch über Geothermie gesprochen.

Meine Haltung dazu ist zunächst einmal, dass die Geothermie wichtige Potentiale birgt, zu einer zukunftssicheren und bezahlbaren Wärmeversorgung auf Basis erneuerbarer Energie beizutragen. Wir haben gerade in den vergangenen gut 12 Monaten gemerkt, wie problematisch unsere sehr einseitige Abhängigkeit von fossilen Energieträgern ist. Hier gibt es sowohl klimapolitisch als auch sicherheitsstrategisch enormen Handlungsbedarf, damit wir auch in Zukunft eine verlässliche und bezahlbare Wärmeversorgung sicherstellen und gleichzeitig unseren Beitrag zur Energiewende leisten können. Dieser dringend notwendige Beitrag wird nicht ohne spürbare und sichtbare Folgen möglich sein. Eine Energiewende, die niemand sieht oder bemerkt, wird nicht funktionieren. Aber wie oben gesagt: es kann nicht sein, dass einerseits für die Geothermie laut die Werbetrommel gerührt wird, und bei Sonne und Wind die Potentiale nicht genutzt werden.

Ihre Sorgen für unser Zuhause sind für mich nachvollziehbar, deshalb sind mir folgende Punkte sehr wichtig:

Mir geht es insgesamt um eine sachliche, neutrale und ehrliche Auseinandersetzung mit den Notwendigkeiten der Energiewende, genauso wie mit den technischen Möglichkeiten und ihren Folgen. Hierzu gehört für mich als Abgeordneter alle Möglichkeiten der Energiewende zu begleiten. Die Menschen in unserer Region wissen, dass ich dies mit großer Akribie gerade auch unter dem Gesichtspunkt Schutz und Sicherheit betreibe. Auch deshalb spiegeln mir viele Bürger*innen, dass sie es irritierend finden, wie andere Abgeordnete hier agieren. Um es sehr deutlich zu sagen: ich werde als Abgeordneter niemals kaffeefahrtenähnliche Ausflüge zu einem Geothermie-Unternehmen anbieten. Hier ist für mich eine Grenze überschritten, weil wir gerade in dieser schwierigen Phase deutlich machen müssen, dass wir die Arbeit von GeoHardt sehr kritisch und mit aller Distanz zum Unternehmen und Nähe zum Bürger begleiten. Wenn ich aber höre, dass wieder andere im Wahlkreis behaupten, sie wären strikt gegen Geothermie, finde ich das genauso falsch. Der Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU sieht ausdrücklich Geothermie als Energiequelle vor. Und es gab und gibt aus unserem Wahlkreis von keinem Abgeordneten eine Initiative in Stuttgart gegen diesen Passus im Koalitionsvertrag und gegen diese politische Position der grün-schwarzen Regierung.

Meine Position ist, dass wir eine umfassende und neutrale Technikfolgenabschätzung brauchen, um Geothermie sinnvoll zu nutzen. Das gilt besonders, wenn es um die Umsetzung konkreter Projekte wie hier bei uns im Oberrheingraben geht. Wir müssen genau ermitteln, welche Folgen die Nutzung der tiefen Geothermie auf die Landwirtschaft, den Grundwasserspiegel, die Artenvielfalt in unserer Region hat und alle ggf. relevanten Risiken ehrlich gegen die Vorteile abwägen. Darauf werde ich von politischer Seite drängen. Um die Kosteneffizienz von Geothermiekraftwerken sorge ich mich weniger. Die Projektgesellschaft GeoHardt erkundet derzeit die Potentiale und hat sicher kein Interesse in ein Projekt zu investieren, das sich später nicht rechnen wird. Die Erfahrungen andernorts zeigen, dass höhere Investitionskosten von Geothermiekraftwerken, sich über Zeit dennoch amortisieren. Bei Kostenüberlegungen müssen wir außerdem immer bedenken, dass auch die Preise der bisherigen fossilen Energien gestiegen sind und weiter steigen werden. Die umwelt- und sicherheitspolitischen Folgen waren bisher kaum eingepreist.

Zweitens stehe ich ganz klar auf der Seite der Bürger*innen, sollte es durch (Probe-)Bohrungen zu Gebäudeschäden kommen. Entschädigungen müssen dann schnell, verlässlich und ohne überbordende Bürokratie geleistet werden. Dieser ganz konkrete Blick für die Belange von Bürgerinnen und Bürgern ist ein ganz wichtiger Beitrag dazu, das Vertrauen in unser politisches System und in unsere Demokratie zu erhalten und zu stärken. Darum war es auch richtig, dass die Opposition genau diese Sicherheiten noch einmal zum Thema im Umweltausschuss gemacht hat.

Meine Überzeugung ist, dass wir in einer Demokratie den Anspruch haben müssen, politische Herausforderungen wie die Energiewende anzugehen und zu lösen. Das bedeutet auch, Veränderung zu gestalten und sich zu einem gewissen Maß auch auf Risiken einzulassen. Eine so große politische Aufgabe, wie die Energiewende, braucht auch Mut. Dabei müssen wir alle Vor- und Nachteile, alle Notwendigkeiten und Zwänge offenlegen und sachlich abwägen und immer auch den Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern suchen, fördern und annehmen. In diesem Sinne sehe ich auch meinen Beitrag zu den aktuellen Debatten um die Geothermienutzung in unserer Region.  

Herzliche Grüße,

Ihr Daniel Born MdL

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