Frage an Delara Burkhardt bezüglich Umwelt

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Delara Burkhardt
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Frage von Peter S. •

Frage an Delara Burkhardt von Peter S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Burkhardt,

kürzlich hat das Europäische Parlament den „Klima- und Umweltnotstand“ ausgerufen.

https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2019-0078_DE.html

In Ziffer 3 der Entschließung erkennt das Parlament „seine institutionelle Verantwortung an, seinen CO2-Fußabdruck zu verringern; schlägt vor, eigene Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen zu ergreifen, einschließlich der Ersetzung seiner Fahrzeugflotte durch emissionsfreie Fahrzeuge.“

Laut EMAS-Umweltbericht des Parlaments entstehen 64,3 %, also fast zwei Drittel seines CO2-Fußabdrucks durch den Transport von Personen (siehe Seite 50):

https://www.europarl.europa.eu/about-parliament/files/organisation-and-rules/environmental-management/en-ep-environmental-statement-2018.pdf

Die meisten Emissionen verursacht aber nicht – wie man vielleicht vermuten würde – das Hin- und Herreisen zwischen dem offiziellen Sitz des Parlaments in Straßburg und Brüssel und Luxemburg.

Die mit Abstand größten Posten sind vielmehr an erster Stelle die Emissionen, die mit An- und Abreisen von Parlaments-Besuchern in Brüssel verbunden sind, und an zweiter Stelle die Emissionen, die mit dem Hin- und Herreisen der Abgeordneten zwischen ihren Heimatländern und Brüssel und Straßburg verbunden sind.

Wenn ich den Sitzungskalender 2020 des Parlaments richtig deute, sind in 39 von 53 Wochen des Jahres Sitzungen in Brüssel und Straßburg anberaumt.

https://www.europarl.europa.eu/sed/doc/news/lookingaheadagenda/22261/Cal2020_en.pdf

Ist ein solcher Sitzungsrhythmus wirklich nötig? Wäre es nicht für den Klimaschutz besser, weniger oft nach Brüssel und Straßburg zu reisen, aber dafür jeweils länger zu bleiben, also auch die Montage und Freitage dort zu vollen Arbeitstagen zu machen? Das würde womöglich auch noch Kosten einsparen.

Und könnte das Parlament nicht für von ihm subventionierte Besuche Anreize schaffen, mit Bus und Bahn statt mit dem Flugzeug anzureisen?

Mit freundlichen Grüßen

P. S.

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Sehr geehrter Herr S.,

zunächst vielen Dank für Ihre differenzierte Nachricht. Die Europäische Union nimmt sich nicht heraus, den Klimanotstand auszurufen und dann selber nicht dazu beizutragen. Auch ich selber versuche möglichst klimafreundlich zu leben, indem ich meine Anreisen nach Brüssel und Straßburg in den meisten Fällen mit Bus und Bahn unternehme. Auch meine Besuchsgruppe, die mich hier im November besucht hat, ist mit dem Bus angereist. Dabei ist die Pauschale für alle Reisegruppen gleich. Es wird also nicht nach Reisemittel, sondern rein nach Entfernung der Reise finanziell unterstützt.

Die Idee, dass es aber mehr Förderung für Busanreisende und weniger für Flugzeuganreise gibt finde ich gut. Wobei man darauf achten muss, wie weit die Gruppe entfernt ist, sonst ist es nicht für alle Menschen in Europa möglich einen kurzen Besuch in Brüssel oder Straßburg zu unternehmen und politische Bildung zu genießen.

Ihr zweiter Punkt ist auf den ersten Blick nachvollziehbar und würde vermutlich einen Gewinn für den Umweltschutz sein. Er ignoriert aber, dass Abgeordnete für die Menschen innerhalb des jeweiligen Wahlkreises als Vertretung gewählt worden sind. Wir sind 96 deutsche Abordnete im Europäischen Parlament und vertreten damit ca. 860.000 Menschen in Deutschland. Bereits unter den gegeben Rahmenbedingungen habe ich nur 3 von 7 Wochentagen Zeit, um mich mit Menschen in Schleswig-Holstein zu treffen, ihre Meinungen und Ansichten auf europapolitische zu hören und zu diskutieren. Das ist aus meiner Sicht Aufgabe aller gewählten Vertreter*innen. Ich selber kritisiere, wenn man sich nur in Straßburg oder in Brüssel aufhält und dann in einer Art Politikblase lebt. Und das will ich nicht.

Auch die Anzahl der vielen Sitzungswochen des Europäischen Parlaments ist nicht willkürlich. Wir beschließen Gesetze, die europaweite Wirkung haben. Also 28 Mitgliedstaaten mit insgesamt ca. 512 Millionen Menschen. Dafür tauschen wir uns mit vielen Vereinen, NGOs, Interessenverbänden und Abgeordneten aus der gesamten EU aus. Dafür brauchen wir viele Sitzungen in den Fraktionen und Gruppen und ergeben so eine hohe Anzahl an Sitzungswochen.

Und am Ende sind Abgeordnete natürlich auch nur Menschen, brauchen mal einen Tag, um durchzuatmen und wollen im Kreise ihrer Familie und Freund*innen sein, die aufgrund des ungeregelten, herausfordernden und arbeitsintensiven Alltags bereits schon kürzer kommen.

Mit freundlichen Grüßen
Delara Burkhardt

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