Asyl-Kompromiss - feiern oder beweinen?

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Delara Burkhardt
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Frage von Johann L. •

Asyl-Kompromiss - feiern oder beweinen?

Sehr geehrte Frau Burkhardt! Die Asylpolitik droht die EU zu spalten! Der europäische Asyl-Kompromiss wird von verschiedenen Parteien unterschiedlich bewertet. Anstelle der Bewertungen wünsche ich mir eine sachliche Analyse des Ergebnisses. Wesentliche Probleme sind doch (1) Asylverfahren dauern zu lange bzw finden überhaupt nicht statt, (2) Rückführung abgelehnter Asylbewerber und illegaler Migranten ist sehr schwierig, (3) Das schmutzige Geschäft der Schlepper, (4) Bei der Überfahrt über das Meer sterben Menschen und die Helfer, die sich für deren Rettung engagieren, werden kriminalisiert, (5) Ungleichmäßige Verteilung über die EU-Mitgliedsstaaten bzw. Verweigerung der Aufnahme von Flüchtlingen, (6) Erstarken der Rechtspopulisten in vielen EU Staaten, verbunden mit der Gefahr des Auseinanderdriftens und der langfristigen Gefahr des Untergangs der EU.
Meine Frage: welche der genannnten Probleme werden mit dem Asylkompromiss gelöst oder gemildert? Begründung?

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Moin Johann L.,

Der Asyl-Kompromiss, der vom Rat der EU-Innenminister getroffen wurde, zielt darauf ab, die Asylverfahren zu beschleunigen, die Zusammenarbeit bei der Rückführung zu verbessern, Kriminalität zu bekämpfen und die gerechte Verteilung von Flüchtlingen zu fördern. Jedoch lässt er eine konkrete Ausgestaltung offen. Daher ist es von höchster Bedeutung, dass dieser Kompromiss niemals zu Menschenrechtsverletzungen oder Verelendungen von Schutzsuchenden führt. Ich teile die Sorge, dass sich Europa in eine bedenkliche Richtung entwickelt, in der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit aufs Spiel gesetzt werden.

Was wir brauchen, ist keine Verschärfung des Asylrechts, sondern eine Reform, die auf den gleichen Bedingungen und Standards basiert, um das Recht auf Asyl für Geflüchtete zu gewährleisten. Es ist besorgniserregend, dass Menschen an der Grenze festgehalten werden und unter einer statistischen Note (Rückführungsquote ihres Staates) ein verkürztes Asylverfahren durchlaufen müssen. Dadurch besteht die Gefahr, dass sie nicht den gleichen Rechtsschutz erhalten und in einer Art "Asylgefängnis" festgehalten werden, bis ihre Prüfung abgeschlossen ist (was bis zu 3 Monate dauern kann).

Darüber hinaus benötigen wir eine echte Solidarität unter den EU-Mitgliedsstaaten. Dies bedeutet, dass Flüchtlinge gerecht auf alle europäischen Länder verteilt werden müssen, sodass einzelne Staaten ihre Verpflichtungen erfüllen und sich nicht einfach freikaufen können. Die Rechte von Flüchtlingen müssen europaweit geachtet und geschützt werden.

Darüber hinaus ist es von großer Bedeutung, die Seenotrettung zu entkriminalisieren. Bei der Überfahrt über das Meer sterben weiterhin Menschen, und die Helfer, die sich für deren Rettung engagieren, werden oft kriminalisiert. Es ist unerlässlich, dass wir diejenigen, die ihr Leben riskieren, um anderen in Not zu helfen, unterstützen und schützen. Die Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und den zivilen Rettungsorganisationen muss gestärkt werden, um die Rettung von Menschenleben zu erleichtern und gleichzeitig klare rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Es ist unsere Verantwortung, eine humanitäre und mitfühlende Herangehensweise sicherzustellen und diejenigen zu unterstützen, die Menschenleben auf See retten.

Das Europäische Parlament setzt sich nun in den Trilog-Verhandlungen dafür ein, sicherzustellen, dass die Grundprinzipien des Rechtsstaats und der Menschenrechte uneingeschränkt respektiert werden, insbesondere bei den Grenzverfahren. Nur so kann eine verantwortungsvolle und menschenwürdige Asylpolitik gewährleistet werden. Ich werde mich weiterhin im Europäischen Parlament für diese Ziele einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Delara Burkhardt

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