Wie sozial ist unsere Soziale Marktwirtschaft?

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Delara Burkhardt
SPD
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Frage von Robin M. •

Wie sozial ist unsere Soziale Marktwirtschaft?

Sehr geehrte Frau Burkhardt,

im Zuge eines Projektes im Seminarfach Wirtschaft über die Soziale Marktwirtschaft befragen wir einige Politiker:innen bezüglich Ihrer Meinung zu den Problemen und Herausforderungen unseres Wirtschaftssystems. Des Weiteren können sie uns gerne Ihre Vorstellung von einer besseren/gerechteren Wirtschaft mitteilen. (bedingungsloses Grundeinkommen; mehr Chancengleichheit)

Wir möchten Ihnen mitteilen, dass wir Ihre Antwort verwenden und mit den Antworten der anderen Politiker:innen vergleichen werden.

Mit freundlichen Grüßen
R. M.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr M.

 

vielen Dank für Ihre Frage! Cool, dass politische Teilhabe in Ihrem Unterricht einen so großen Stellenwert hat!

 

Die soziale Marktwirtschaft in Deutschland ist ein System, das versucht, das Beste aus kapitalistischer Marktordnung und größtmöglichem Wohlstand zu vereinen. Weil die beiden aber an den Enden ihrer Spektren Gegensätze sind, gibt es Konfliktpunkte. Deswegen darf die Wirtschaft sich nicht selbst regulieren, sondern bekommt vom Staat Rahmen abgesteckt.

 

Es ist gut und wichtig, dass es in Deutschland so viele aktive Gewerkschaften gibt, die sich für bessere Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer*innen einsetzen. Ihnen verdanken wir die Fünf-Tage-Woche und Tariflöhne, die Menschen vor Ausbeutung schützen. Gleichzeitig gibt es viele Stellen, an denen Löhne weiterhin zu gering sind. Wir merken einen immer stärker werdenden Fachkräftemangel, weil Ausbildungsberufe weniger wertgeschätzt und weniger bezahlt werden. Gleichzeitig sehen wir, dass junge Menschen Sicherheiten fehlen, die sie benötigen, um etwa Immobilien zu kaufen oder Familien zu gründen.

 

Letztes Jahr hat die EU mit dem Programm „Next Generation EU“ große Anleihen an ihre Mitgliedsstaaten vergeben, um die Wirtschaft nach der Corona-Pandemie anzukurbeln. Diese Mittel waren daran gebunden, dass sie für nachhaltige Projekte investiert werden. Damit macht sich die EU auf mehreren Ebenen zukunftsfähig: Sie wird nachhaltiger, ist der Zukunft gewappnet, und die Wirtschaft erholt sich.

 

Auch in Deutschland tut sich was: Die neue Regierung hat den Mindestlohn ab Herbst diesen Jahres auf 12€ angehoben. Damit erhalten 10 Millionen Menschen in Deutschland mehr Lohn, den sie wiederrum investieren oder sparen können. Generell liegt mir und meiner Partei am Herzen, dass Arbeit wertgeschätzt wird. Jobs, die den Laden am Laufen halten, verdienen Respekt. Sowohl in Bezahlung als auch in Anerkennung. Das Ziel ist es, in Deutschland Vollbeschäftigung mit gerechten Löhnen zu schaffen. Das ist utopisch – dennoch müssen wir alles tun, um uns dieser Utopie anzunähern. Dazu gehört etwa, dass Arbeitsverträge nicht weiterhin ohne Grund befristet werden, und dass Leiharbeiter*innen das gleiche Gehalt wie Festangstellte erhalten. Aber auch die Erhöhung der Einkommensgrenze für Mini-Jobs auf 520€ ist dafür wichtig. Besonders Berufe im Sozialen Bereich, das haben wir im Zuge der Pandemie deutlich gesehen, müssen mehr wertgeschätzt werden. So müssen Tarifverträge leichter durchgesetzt werden können.

 

Die soziale Marktwirtschaft in Deutschland muss auch bedeuten, dass wir die hiesige Wirtschaft zukunftsfähig machen. Der Staat dient als öffentlicher Investor, der die Nachhaltigkeit vorantreibt. Es ist seine Aufgabe, mit nachhaltigen Geldern für nachhaltige, bezahlbare Energie zu sorgen. Gleichzeitig muss sich in der Wirtschaft etwas tun: Wachstum ist gut und sinnvoll, aber nicht endlos möglich. Und mittlerweile geht es zulasten der Nachfolge-Generation. Mit einem Übergang der Wirtschaft einer Wegwerfgesellschaft zu einer Kreislaufwirtschaft, in der Rohstoffe erhalten und genutzt werden, was wiederrum Ressourcen schont und dennoch Wachstum ermöglicht, wird das Problem an beiden Seiten angegangen. Dafür brauchen wir innerhalb der EU eine Kennzeichnung zur Nachhaltigkeit von Produkten, etwa die Messung des ökologischen Fußabdrucks. Mit dem Verbot von Einwegplastik hat die EU da schon etwas in Gang gesetzt. Deutschland hat die Möglichkeit, hier noch strenger zu sein und somit noch schneller zu einer Kreislaufwirtschaft zu gelangen. Dinge wie die geplante Obszolenz, also dass Produkte einfach nach einer gewissen Zeit kaputt gehen und nicht mehr zu reparieren sind, sollten verboten werden. Ich fordere ein Recht auf Reparatur. Das Lieferkettengesetz, was die EU-Kommission vorbereitet, muss nun Entwaldung als Faktor für nachhaltige Lieferketten enthalten. Das zeigt, dass unsere Lebensmittel direkt damit zusammenhängen, wie in anderen Ländern der Erde das Ökosystem und dessen Biodiversität funktionieren. Als EU, aber auch Deutschland, haben wir eine Verantwortung gegenüber derer, die unsere Lebensmittel und Konsumprodukte produzieren. Der müssen wir uns stellen.

 

Ich wünsche viel Spaß beim Diskutieren der Ergebnisse und beim Vergleichen. Und natürlich viel Erfolg in der weiteren Schullaufbahn!

Mit freundlichen Grüßen

Delara Burkhardt

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