Frage an Dirk Niebel bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Dirk Niebel
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Frage an Dirk Niebel von Tobias R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Niebel,

In Ihrer Antwort an Herrn Dr. Mayer lehnen Sie die Bedingungslosigkeit eines Grundeinkommens oder Bürgergeldes ab, und vertreten gleichzeitig die Ansicht, ein "Hilfeempfänger" müsse jede legale Arbeit annehmen, unabhängig vom Lohn.

Könnte ich als Privatmann also zum Arbeitsamt gehen, eine Stelle für eine Haushalts- oder Gartenhilfe anbieten - besondere Qualifikationen nicht nötig - und dafür einen Stundenlohn von sagen wir 5 Cent offerieren? Wäre das ihrer Meinung nach eine "legale Arbeit", zu deren Annahme ein Arbeitsloser (von denen es ja genügend gibt, es sollten sich also welche finden) unter Androhung von Sanktionen gezwungen werden sollte?

Sie mögen das für überspitzt halten, aber es ist eigentlich nur die logische Konsequenz aus dem Fehlen jeder Lohnuntergrenzen auf der einen Seite und dem Arbeitszwang beim Bürgergeld auf der anderen Seite. Kann es Sinn der Sache sein, daß die Allgemeinheit auf diese Weise Dumpinglöhne für einfache Tätigkeiten finanzieren soll? Denn schließlich wäre der 5-Cent-Jobber ja immer noch zu fast 100% Transferleistungsempfänger, während er bei mir Unkraut jätet, Staub saugt oder den Sperrmüll rausträgt.

Halten Sie derlei nicht für ein Problem? War Ihnen das Dilemma - das wie gesagt eine unerbittliche, logische Konsequenz aus den von Ihnen skizzierten Rahmenbedingungen ist - nicht bewußt? Oder sehen Sie doch irgend eine Art von Lohnuntergrenze vor (es gibt ja heute den schwammigen Begriff der "sittenwidrigen" Löhne) und wie sieht die aus?

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Riepe

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Sehr geehrter Herr Riepe,

sowohl im deutschen Zivilrecht als auch im Strafrecht sind Löhne verboten, die unter zwei Dritteln des ortsüblichen Tariflohns liegen. In einem solchen Fall macht sich der Arbeitgeber strafbar, und der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, Geld nachgezahlt zu bekommen. Das wird von den Mindestlohn-Befürwortern häufig ignoriert.

Das Landesarbeitsgericht Bremen hat z.B. bei einer Auspackhilfe im Supermarkt den vereinbarten Stundenlohn von 5 Euro als sittenwidrig eingestuft, weil er mehr als ein Drittel unter dem Tarifvertrag für den Einzelhandel Bremen und Bremerhaven mit einer Mindestvergütung von 9,70 Euro vorsieht. Nach einer Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung vom 23.03.2007 beginnt bei einer Grenze von 30 Prozent Abweichung nach unten die Sittenwidrigkeit beispielsweise im Berliner Bewachungsgewerbe unter 3,60 Euro und in der Floristik in Westdeutschland bei 4,16 Euro Stundenlohn.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Niebel