Frage an Dorothee Schlegel

Portrait von Dorothee Schlegel
Dorothee Schlegel
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Dorothee Schlegel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Werner H. •

Frage an Dorothee Schlegel von Werner H.

Sehr geehrte Frau Dr. Schlegel,

von Schiedsgerichten bei TTIP und CETA

mit den Stimmen von Union und SPD hat sich der Bundestag mehrheitlich gegen einen Grünen-Antrag zur Ablehnung sogenannter Schiedsgerichte in den Abkommen TTIP und CETA ausgesprochen - auch Sie haben gegen diesen Antrag gestimmt, d. h., Sie lassen zu, dass in den Freihandelsabkommen TTIP und CETA die Gelegenheit eingeräumt wird, dass Konzerne Staaten vor internationalen Schiedsgerichten (außerhalb der ordentlichen staatlichen Gerichtsbarkeit) verklagen können.
Soweit mir bekannt, haben Sie bei Amtsantritt geschworen, Schäden vom deutschen Volk abzuwenden.
Mit Ihrem Abstimmungsverhalten haben Sie eindeutig gegen diesen Eid verstoßen - denn jetzt kann Deutschland in dieser "Hinterzimmergerichtsbarkeit" verklagt werden, was sich einseitig zu Lasten der Bundesbürger auswirken wird.
Wie begründen Sie Ihren Eidbruch, den Sie durch Ihr Abstimmverhalten begangen haben?

Portrait von Dorothee Schlegel
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hübner,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf Abgeordnetenwatch. Gerne antworte ich Ihnen.

Sie haben Sorgen über das geplante Handelsabkommen TTIP geäußert. Ihre Sorgen nehme ich ernst. Die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen stehen noch am Anfang. Das gibt uns die Gelegenheit, Einfluss auf die Verhandlungen zu nehmen.

Grundsätzlich sind internationale Handelsabkommen für die exportorientierte deutsche Wirtschaft und die davon abhängenden Arbeitsplätze von großer Bedeutung. Bislang gibt es kein Handelsabkommen mit den USA. Aufgrund der großen Bedeutung des US-amerikanischen Markts für unsere europäischen und deutschen Hersteller von Industriegütern, landwirtschaftlichen Produkten und unsere Dienstleistungsunternehmen unterstützen wir als SPD-Fraktion die Europäische Kommission bei dem Anliegen, ein transatlantisches Freihandelsabkommen mit den USA auszuhandeln.

Als SPD-Bundestagsfraktion sprechen wir uns unter bestimmten Bedingungen für ein Handelsabkommen mit den USA aus. Die Weltwirtschaft braucht verlässliche Regeln. Wir wollen globale Standards für einen fairen und nachhaltigen Welthandel setzen und den Abbau von Handelshemmnissen im gegenseitigen Interesse voran bringen. Denn viele technische Standards in den USA und der EU unterscheiden sich, obwohl sie einem ähnlichen Zweck dienen. Es geht bei TTIP nicht um die Absenkung von Standards, sondern um eine Vereinfachung des Exports, wovon gerade kleine und mittelständische Unternehmen profitieren können.

Wir wollen eine Einigung – aber nicht um jeden Preis. Rote Linien dürfen nicht überschritten werden. Die Arbeitnehmerrechte und Arbeitsstandards, das Recht der Mitbestimmung, der Betriebsverfassung und der Tarifautonomie dürfen nicht in Frage gestellt werden. Dies heißt zum Beispiel: Nationale Gesetze oder Vorschriften eines EU-Mitgliedsstaates für Beschäftigung oder soziale Sicherungsmaßnahmen, die Vorschriften über Lohnverhandlungen, das Streikrecht, Mindestlöhne und Tarifverträge bleiben unberührt. Schmutzigen Wettbewerb durch Lohndumping wollen wir nicht. Auch die Daseinsvorsorge darf nicht gefährdet werden. Einen direkten oder indirekten Zwang zu Privatisierungen wird es nicht geben.

Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren erachten wir in diesem Abkommen nicht für notwendig. Sowohl Deutschland als auch die USA verfügen über ein funktionierendes Rechtssystem.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, SPD, hat im Frühjahr 2014 einen TTIP-Beirat mit 22 Vertretern von Gewerkschaften, Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden sowie des Kulturbereichs gegründet. Außerdem haben sich Mitte September der Deutsche Gewerkschaftsbund und das Bundeswirtschaftsministerium auf einen gemeinsamen Kriterienkatalog für TTIP geeinigt. Den Kriterienkatalog können Sie hier einsehen:
http://www.spd.de/linkableblob/123688/data/20140919_ttip_anforderungen_bmwi_dgb.pdf

Sehr geehrter Herr Hübner, es gibt viele Missverständnisse und Irritationen rund um die TTIP-Verhandlungen. Diese konnten entstehen, weil zu wenig Konkretes über den Verhandlungsverlauf an die Öffentlichkeit kam. Daher ist mehr Transparenz von Nöten. Konsolidierte Texte für einzelne Kapitel gibt es bislang noch nicht. Eine Fülle von sogenannten Konzeptpapieren finden Sie jedoch auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/ttip.html

und auf der Homepage der Europäischen Kommission
http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/index_de.htm

Die TTIP Verhandlungen werden von der Europäischen Kommission geführt, da der Bereich der Handelspolitik vergemeinschaftet ist. Wir wissen uns bei TTIP eng verbunden mit den SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament. Der Vorsitzende des EP-Handelsausschusses, der Sozialdemokrat Bernd Lange, ist gleichzeitig Hauptberichterstatter für TTIP und das EU-Kanada-Abkommen (CETA). Da die Entscheidungen zu TTIP und CETA in erster Linie in Brüssel fallen, sind wir in engem Austausch mit den SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament.

Ich versichere Ihnen, dass es mit der SPD nur ein Abkommen geben wird, das den Interessen der Menschen und der Wirtschaft unseres Landes und Europas nützt.

Sehr geehrter Herr Hübner, ich stelle mich Ihren Fragen und antworte Ihnen gerne und ausführlich. Dennoch ziehe ich den direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis dem Kontakt über eine Onlineplattform vor. Ich würde mich daher freuen, wenn Sie mich bei Ihrer nächsten Frage direkt anschreiben oder auch in meine Bürgersprechstunde kommen. Ich habe ein Wahlkreisbüro in Mosbach, also nicht weit weg von Adelsheim. Meine Mitarbeiter vor Ort übernehmen gerne die Terminabsprache.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dorothee Schlegel