Frage an Dorothee Schlegel

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Dorothee Schlegel
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Frage von Michael Z. •

Frage an Dorothee Schlegel von Michael Z.

Maut

Weshalb bitte stimmen Sie dieser Europa-Integrationsfeindlichen und wirtschaftlich sinnlosen Maut zu?

Wollen Sie, dass wir demnächst statt Zollgrenzen Mautstationen in Dänemark, Belgien und Holland haben?

Bitte erklären Sie Ihre Motive für diese Abstimmung!

Beste Grüße,
Michael Zielke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Zielke,

vielen Dank für Ihre Frage zur Maut. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie in Ihrem Schreiben – trotz Ihres Unmutes über die Maut – nicht auf die Anrede verzichtet hätten. Denn politischer Streit und Höflichkeit sind gut miteinander vereinbar.

Meine Motive erkläre ich Ihnen gerne, eine persönliche Erklärung über mein Abstimmungsverhalten habe ich auch bereits im Zuge der Abstimmung abgegeben. Sie können diese etwas ausführlichere Begründung hier nachlesen:
http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/18/18098.pdf

Die CSU hat die PKW-Maut zu ihrem programmatischen Hauptanliegen in der Legislaturperiode 2013 bis 2017 gemacht: Ohne PKW-Maut keine Koalition, ohne Koalition keine Regierung, ohne Regierung Neuwahlen. Koste es, was es wolle.

Im Koalitionsvertrag wurden sehr viele einzelne Vorhaben vereinbart. Viele Punkte stammen aus dem SPD-Programm. Darauf bin ich als SPD-Abgeordnete stolz. Leider musste für jeden Punkt aus dem SPD-Programm, ein Programmpunkt von CDU und CSU akzeptiert werden. Um es exemplarisch anzudeuten: für die SPD war der Mindestlohn essenziell. Denn wir wollten es nicht länger akzeptieren, dass Menschen für eine Stunde ihrer Lebenszeit unanständige drei bis vier Euro erhalten.

Dafür mussten wir ärgerliche Kompromisse machen. Zum Beispiel die PKW-Maut von CSU und CDU in den Koalitionsverhandlungen akzeptieren. Deshalb wurde mit Angela Merkel die PKW-Maut in Deutschland eingeführt, anders als sie es im TV-Duell vor der Wahl angekündigt hatte.

Es sei daran erinnert, wie schwer es Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU gefallen sein mag, dem Mindestlohn und der Frauenquote zuzustimmen – und ihnen dies nur in Würdigung des Koalitionsvertrags möglich war. So schwer ist es mir gefallen, gegen meine Überzeugung einem CSU-Mautgesetz zuzustimmen.

Dennoch ist es manchmal schon die bestmögliche Politik, wenn es gelingt, noch Schlimmeres zu verhindern. Deshalb hat die SPD-Fraktion für die PKW-Maut wichtige Voraussetzungen definiert:

- Das Gesetz muss mit europäischen Gesetzen vereinbar sein.
- Deutsche Autofahrer und Autofahrerinnen dürfen durch die Maut nicht zusätzlich belastet werden.
- Es muss ein bedeutender finanzieller Beitrag eingenommen werden, der für die Verkehrsinfrastruktur Verwendung findet.

Da in die Verkehrsinfrastruktur jährlich mehrerer Milliarden Euro investiert werden, mit der Maut aber Einnahmeerwartungen von wenigen 100 Millionen verknüpft werden, haben wir schon heute eine Evaluierung in zwei Jahren - einen verbindlichen Bürokratie- und Einnahmencheck - gesetzlich festgeschrieben. Der erwartetet Beitrag aus der Maut zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur ist marginal, der Bürokratie bzw. Erhebungsaufwand enorm.

Auch hier bin ich froh, dass meine SPD-Kolleg*innen im Verkehrsausschuss erheblich zu Verbesserungen der Gesetzesvorlage beitragen konnten: Zunächst durch den Gedanken, Zeitvignetten für ausländische Kfz-Halterinnen und Kfz-Halter einzuführen, um eine bessere Gleichbehandlung zu erreichen. Aber auch durch die Verkürzung der Speicherfristen für persönliche Daten der Kfz-Halterinnen und Kfz Halter.

Dennoch bereiten einige Punkte weiterhin Sorge. Bei der Durchführung des Gesetzes muss besonders auf den Datenschutz geachtet werden. Der Bürokratieaufwand für Bürgerinnen und Bürger aller Staaten muss sich in Grenzen halten und der Verkehr in den Grenzregionen darf nicht zusätzlich belastet werden. Die SPD-Fraktion wird auf diese kritischen Punkte bei der Durchführung des Gesetzes besonders Acht geben. So sollen die Wirkungen kritischer Punkte später noch im Vollzug gemildert werden.

Sehr geehrter Herr Zielke, viele Bürgerinnen und Bürger schreiben mir und meinen Kolleg*innen, dass wir das Mautgesetz einfach ablehnen und unserem Gewissen hätten folgen sollen. Die Erwartung, dass ich meinem Gewissen folge, erfülle ich gern. Dies ist in der SPD-Fraktion einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Maßstab. Die PKW-Maut, also eine Straßenbenutzungsgebühr, gehört in unserem Wertekanon allerdings nicht zu den Gewissensentscheidungen. Deshalb habe ich der Maut widerwillig zugestimmt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dorothee Schlegel, MdB