Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker bezüglich Familie

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Elisabeth Winkelmeier-Becker
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Frage von Susanne von P. •

Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Susanne von P. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Winkelmeier-Becker,

im Zusammenhang mit der Unterhaltsrechtsreform interessiert mich, ob die vorgeschlagene Neuregelung des § 1570 (Betreuungsunterhalt abhängig von den bestehenden Betreuungmöglichkeiten vor Ort) nicht der richterlichen Willkür Tür und Tor öffnet. Je nach Wertesystem des Familienrichters und nach Krippendichte in der Region könnten Frauen künftig sehr unterschiedlich früh auf eine Erwerbstätigkeit verpflichtet werden. Ist dies noch mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar? Wird so nicht eine echte Wahlfreiheit in der Frage der Betreuung von Kleinkindern durch wirtschaftlichen Druck unmöglich gemacht?
Sollte es nicht zu denken geben, wenn eine der Sachverständigen dieser Reform ausführt: "Damit setzt das Unterhaltsrecht die familienpolitische Trendwende fort, die das Tagesbetreuungsausbaugesetz, die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten und die Einführung des Elterngelds eingeleitet haben." (Jutta Puls).
Sollte das Unterhaltsrecht wirklich derart instrumentalisiert werden? Ist den Abgeordneten dieser (weitere) Zweck der Reform bewußt?

Danke und mit freundlichem Gruß,
Susanne v. Puttkamer

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Sehr geehrte Frau von Puttkamer,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Unterhaltsrecht.

Im Zuge der Nachverhandlungen zum Unterhaltsrecht, insbesondere zur Rangfolge, wurde auch eine Einigung für eine gesetzliche Klarstellung im § 1570 BGB erzielt. Dieser wird nunmehr lauten:

„§ 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes. Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes kann eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden.“

Damit wird der in der Einzelbegründung des ursprünglichen Gesetzentwurfes ausgeführte Gedanke, dass in den ersten drei Lebensjahren des Kindes der geschiedene Ehegatte / der nicht verheiratete Elternteil stets einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt hat, ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut aufgenommen.

Der geschiedene Ehegatte / nicht verheiratete Elternteil kann sich somit auch dann dazu entscheiden, sein Kind selbst zu betreuen, wenn eine Betreuung durch Dritte möglich wäre.

Bis zum dritten Lebensjahr ist damit auf jeden Fall sichergestellt, dass niemand aufgrund einer Trennung oder Scheidung dazu gezwungen wird, sein Kind fremd betreuen zu lassen. Auch für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes ist aus dem neu eingefügten Satz 3 der Vorschrift keinesfalls der Umkehrschluss zu ziehen, dass der geschiedene Ehegatte zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet ist. Dem steht die nach § 1570 Satz 1 stets umfassend zu prüfende Frage entgegen, ob und inwieweit von dem geschiedenen Ehegatten eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Neben den kindbezogenen Gründen der Kindesbelange und der bestehenden Betreuungsmöglichkeiten sind hier auch elternbezogene Belange zu berücksichtigen. So kann etwa einem Ehegatten, der im Interesse der Kindererziehung längerfristig seine Erwerbstätigkeit aufgegeben oder zurückgestellt hat, länger ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt eingeräumt werden als einem Ehegatten, der von vornherein alsbald wieder in den Beruf zurückkehren wollte.

Ein Zusammenhang zwischen der Reform des Unterhaltsrecht und dem geplanten Ausbau der Krippenplätze für unter Dreijährige besteht somit nicht. Letzterer dient vielmehr dem Zweck, ein der Nachfrage nach Kleinkinderbetreuung entsprechendes Angebot an Betreuungsplätzen zu schaffen, damit jede Mutter künftig eine echte Wahl hat, ob sie Fremdbetreuung für ihr Kind in Anspruch nehmen möchte oder sich dafür entscheidet, ihr Kind selbst zu Hause zu betreuen. Diese Nachfrage besteht übrigens unabhängig von einer Trennungs- oder Scheidungssituation auch bei vielen Eltern, die in intakten Ehen bzw. Lebenspartnerschaften leben. Im Übrigen verweise ich auf meine Antwort an Herrn Sparwasser vom 12. April.

Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker

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