Frage an Erkan Dinar bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Erkan Dinar
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Frage an Erkan Dinar von Uwe v. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dinar,

wie stehen Sie persönlich zu dem Thema Volksabstimmung und würden Sie auch für solch eine Abstimmung Ihre Unterschrift leisten? Ich verbleibe in Erwartung Ihrer Antwort,

mit freundlichem Gruß

U. v. E.

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr v. E.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Soziale Ungleichheit nährt die Zweifel an der Demokratie. Viele bezweifeln, dass sich durch Wahlen etwas ändert. Wenn Kürzungspolitik und Schuldenbremse als alternativlos dargestellt werden, sinkt das Vertrauen in Demokratie: Was gibt es noch zu entscheiden? Wenn sich soziale Ungleichheit in politische Ungleichheit übersetzt, wird der Riss in der Demokratie tiefer. Ohnmacht, Verdruss, Unzufriedenheit und Ängste vor sozialem Abstieg. Die Gefahren, die daraus erwachsen, sehen wir in den Erfolgen rechter Parteien in Europa und den USA. Der Zulauf der Rechtspopulisten hängt eng mit der Krise der Demokratie zusammen – in Europa und in Deutschland. »Wir werden Wege finden, die parlamentarische Mitbestimmung so zu gestalten, dass sie trotzdem auch marktkonform ist, also dass sich auf den Märkten die entsprechenden Signale ergeben.« (Angela Merkel) Das ist das Demokratieverständnis der Bundeskanzlerin. Sie will eine marktkonforme Demokratie. Das Primat der Politik, den Willen, auch Wirtschaft mittels Politik zu gestalten, gibt die Bundesregierung auf. Das Vertrauen der Märkte, nicht das der Bürgerinnen und Bürger, ist ihr Maßstab. Politik soll sich selbst disziplinieren:
überall, in Europa, auf Bundesebene, in Ländern und Kommunen.

Demokratie bedeutet mehr, als alle vier Jahre Wahlen abzuhalten oder im Parlament abzustimmen. Wir wollen die Demokratie ausweiten: indem wir mehr direkten Einfluss von Bürgerinnen und Bürgern auf politische Entscheidungen schaffen. Wir brauchen mehr direkte Demokratie und Volksentscheide auch auf Bundesebene. Wir wollen Bürgerrechte verteidigen und ausweiten. Wir wollen, dass Demokratie wieder Vorrang vor wirtschaftlicher Macht hat. Und wir wollen Demokratie im Alltag stärken: durch Bürgerhaushalte, durch Demokratisierung der Wirtschaft, durch eine demokratische, solidarische Öffentlichkeit. Alle müssen gleichermaßen wirksam an den Entscheidungen beteiligt werden. Dies setzt voraus, dass alle Menschen frei von Angst vor dem Verlust von sozialer, ökonomischer und politischer Sicherheit leben können.

Wir wollen eine Demokratisierung der Demokratie, von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft befördern. Politische, soziale und kulturelle Rechte müssen universell gesichert werden. Soziale und demokratische Rechte sind unteilbar. Grundrechte müssen für alle Bürgerinnen und Bürger in gleicher Weise gelten und nicht nur privilegierten Schichten nützen. Sie dürfen nicht eingeschränkt werden: nicht für Erwerbslose, Hartz-IV-Betroffene, Migrantinnen und Migranten oder für außerparlamentarische Initiativen und Bewegungen.

Eine Demokratisierung der Demokratie bedeutet auch, den Einfluss der Menschen zu stärken, die bei Bildung, Einkommen, Zugang zur Öffentlichkeit oder wegen zu viel Arbeit oder zu wenig Zeit ohnehin weniger Möglichkeiten zum politischen Engagement haben. Unser Ziel ist, das Öffentliche auszubauen und die Bürgerinnen und Bürger stärker zu beteiligen: eine neue Solidarität und Demokratie von unten.

Zur Einführung von Volksabstimmungen würde ich also natürlich auch meine
Unterschrift leisten.

Mit freundlichen Grüßen

Erkan Dinar