Frage an Ernst-Reinhard Beck bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Portrait von Ernst-Reinhard Beck
Ernst-Reinhard Beck
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ernst-Reinhard Beck zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Sascha O. •

Frage an Ernst-Reinhard Beck von Sascha O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Beck,

ist die Anerkennung von Südossetien und Abchasien durch Russland nicht in gewisser weise das Gleiche wie die Anerkennung des Kosovos, das ja auch eine Provinz von Serbien war? Und kann es sein das die Anerkennung von Südossetien und Abchasien durch Russland auch eine eine Antwort von Russland auf die Anerkennung des Kosovos ist. So nach dem Motto, " was ihr könnt können wir auch".
Mit freundlichen Grüßen

S.Oßwald

Portrait von Ernst-Reinhard Beck
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Oßwald,

ich danke Ihnen für Ihre Frage zum Georgien-Konflikt.

Die Anerkennung von Südossetien und Abchasien durch Russland unterscheidet sich trotz einiger Parallelen von der des Kosovo durch den Westen. Lassen Sie mich hierzu einige Punkte genauer ausführen.

Russland weist Georgiens Anspruch auf die Souveränität über die beiden abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien mit denselben Argumenten zurück, die auch westliche Politiker im Falle Kosovos angeführt hatten. Im Hinblick auf das Kosovo waren diese der Auffassung, Serbien habe mit seiner Politik der Vertreibung und Unterdrückung das Recht auf die politische Führung verspielt. Russland ist nun der Meinung, dass auch Georgien mit seinem Vorgehen gegen die Osseten in Südossetien das Recht auf die Souveränität über dieses Territorium verloren habe.

Russland hatte die Unabhängigkeit des Kosovo abgelehnt, da diese gegen das völkerrechtliche Prinzip der staatlichen Souveränität und der territorialen Integrität verstoße. Nun hat Russland dasselbe getan wie der Westen im Kosovo. Moskau begründete die offizielle Anerkennung der beiden abtrünnigen Provinzen mit dem Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker, welches in der Uno-Charta verankert ist. Was Moskau im Falle Kosovos noch als völkerrechtswidrig verurteilte, tut es nun selbst. Wäre Moskau konsequent, müsste es nun die Unabhängigkeit Kosovos anerkennen. Völkerrechtliche Anerkennungen folgen jedoch dem Opportunitätsprinzip.

Die Anerkennung der Regionen und die Argumentationen stellen also eine Parallele dar. Ich darf Sie jedoch auf einige gravierende Unterschiede aufmerksam machen:

Nach den bewaffneten Auseinandersetzungen um das Kosovo und der Errichtung der Uno-Mission vergingen auf dem Balkan beinahe neun Jahre, bis es zur Anerkennung der Eigenstaatlichkeit kam. Russland hat im Gegensatz dazu die Loslösung der abtrünnigen Provinzen aus Georgien von Beginn an unterstützt. Der diplomatische Schritt der Anerkennung der Unabhängigkeit folgte lediglich wenige Tage nach dem militärischen Vorstoß nach Südossetien, zudem im Alleingang.

Im Falle Kosovos gab es den Plan des Uno-Vermittlers Ahtisaari. Dieser sah eine von der EU überwachte Eigenstaatlichkeit und eine weitgehende Autonomie für die serbische Minderheit vor. Serbien und Russland lehnten dies ab, wodurch der UN-Sicherheitsrat handlungsunfähig war. Die USA und die EU sahen nach den vielen gescheiterten Verhandlungen und angesichts der serbischen und russischen Vorgehensweise letzten Endes keinen anderen Ausweg, als die einseitige Proklamation der Unabhängigkeit Kosovos zuzulassen. Zuvor wurde jedoch lange versucht, dies zu verhindern.

Im Falle der georgischen Provinzen wurde zwar auch unter Vermittlung der Uno verhandelt, doch von international gestützten Verhandlungen über eine mögliche einvernehmliche politische Lösung wie im Falle des Kosovo kann keine Rede sein.

Sehr geehrter Herr Oßwald, Sie sehen, dass sich die Situation komplexer darstellt, als sie zunächst zu sein scheint. Gewiss sind Parallelen festzustellen, jedoch ebenso wichtige Unterschiede.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Ernst-Reinhard Beck