Frage an Erwin Rüddel

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Erwin Rüddel
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Frage von Thomas B. •

Frage an Erwin Rüddel von Thomas B.

Sehr geehrter Herr Rüddel,

ich bin der Ansicht, dass die Einrichtung von Schiedsgerichten im Rahmen der geplanten Freihandelsabkommen unsere Gewaltenteilung untergräbt und somit nicht mit unserer staatlichen Grundordnung vereinbar ist. Wie stehen Sie dazu und warum haben Sie gegen die Ablehnung von Schiedsgerichten gestimmt?

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Bredenbröker

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Sehr geehrter Herr Bredenbröker,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ich bin der Meinung, dass die Vereinbarung eines Investitionsschutzabkommens inkl. eines Investor-Staat-Schiedsverfahrens zwischen zwei hochentwickelten Rechtsräumen wie den USA oder Kanada und der EU nicht erforderlich ist: Ausländischen Investoren wird ausreichend Schutz vor nationalen Gerichten gewährt, so dass es anders als etwa bei Entwicklungsländern eines besonderen Investitionsschutzes nicht bedarf.

Viele kleinere EU-Mitgliedstaaten und auch Vertreter des deutschen Mittelstandes betonen aber die Vorzüge eines solchen Systems – das ja auch Deutschland in 130 Abkommen verankert hat. Gerade für mittelständische Unternehmen können Schiedsverfahren vorteilhaft sein, gegenüber Prozessen vor lokalen US-amerikanischen oder kanadischen Gerichten. Im Rahmen der TTIP-Gespräche waren die Verhandlungen zum Investitionsschutz ausgesetzt, weil die Kommission eine öffentliche Konsultation auswerten musste. Auf der Grundlage der jetzt vorgestellten Ergebnisse wird die Kommission Vorschläge erarbeiten, über die dann mit den EU-Mitgliedstaaten beraten wird. Ziel ist eine gemeinsame Verhandlungsposition der EU gegenüber den USA. Ob und in welcher Form Investitionsschutz in die TTIP einbezogen wird, kann erst nach Abschluss der Gesamtverhandlungen und Prüfung des Ergebnisses entschieden werden. Dabei muss sichergestellt sein, dass der Gesetzgeber durch die Regelungen nicht die Möglichkeit verliert, über den Status quo hinaus neue, auch weitergehende Umwelt-, Sicherheits- und Gesundheitsstandards zu schaffen und dass umfassende Transparenz besteht (Veröffentlichung von Urteilen, Richterauswahl).

Die Verhandlungen der EU-Kommission mit Kanada über CETA wurden im August 2014 beendet. Das ausgehandelte Abkommen liegt jetzt dem Rat der EU vor. Nach einer Rechtsförmlichkeitsprüfung wird der Text in alle 24 EU-Amtssprachen übersetzt. Voraussichtlich im Sommer 2015 kann der Rat dann über die Unterzeichnung des Abkommens beschließen und die Zustimmung des Europäischen Parlaments einholen. Schließlich muss CETA – wie auch TTIP – durch die 28 Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Das sichert in Deutschland die Befassung von Bundestag und Bundesrat. Da noch kein endgültiger Text in deutscher Sprache existiert, ist auch die Meinungsbildung zu CETA nicht abgeschlossen.

Nach Vorliegen des deutschen Textes wird entschieden, ob das Gesamtinteresse an dem Abkommen so überwiegend ist, dass das Investitionsschutzkapitel akzeptiert werden kann oder nicht. Soweit erkennbar, stellen die Regelungen in CETA allerdings eine klare, positive Weiterentwicklung des bisherigen Investitionsschutzes dar (z. B. bei der Transparenz). Darüber hinaus schafft das Investitionsschutzkapitel in CETA für Investoren aus Kanada im Vergleich zur heutigen Rechtslage in Deutschland und Europa keine wesentlichen zusätzlichen rechtlichen Ansprüche. Bei nichtdiskriminierenden staatlichen Maßnahmen im legitimen öffentlichen Interesse (z.B. Umwelt- oder Gesundheitsschutz) ist nur in ganz seltenen Ausnahmefällen eine entschädigungspflichtige indirekte Enteignung denkbar: wenn deren Auswirkungen nämlich manifest unverhältnismäßig sind. Auch das deutsche Recht schützt über Art. 14 GG in solchen Fällen ausländische Investoren vor unverhältnismäßigen Eingriffen. Mit anderen Worten: Das deutsche Verfassungsrecht bietet für ausländische Investoren bereits heute einen wesentlich stärkeren Schutz gegen staatliche Maßnahmen als CETA

Ein Rechtsgutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie bestätigt, dass der durch CETA gewährte Schutz kanadischer Investitionen teilweise sogar deutlich hinter dem deutschen Verfassungsrecht und dem Europäischen Recht zurückbleibt. Der gesetzgeberische Handlungsspielraum bleibt damit also erhalten. Das Gutachten finden Sie hier http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/C-D/ceta-gutachten-investitionsschutz,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf .

Die EU-Kommission und die Bundesregierung stellen darüber hinaus umfangreiche Informationen über die Verhandlungen zur Verfügung. Sie finden diese unter http://www.bmwi.de/DE/Themen/aussenwirtschaft.html und http://ec.europa.eu/trade/policy/ .

Mit freundlichen Grüßen

Erwin Rüddel

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