Frage an Eva Högl bezüglich Verkehr

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Eva Högl
SPD
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Frage von Fred K. •

Frage an Eva Högl von Fred K. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Dr. Högl,

das "Klimakabinett" hat in seinem offiziellen Beschluss, welcher als Vorlage für die Bundestagsberatungen dient, eine Reduzierung der Umsatzsteuer auf Fernreisetickets der Bahn AG sowie die Bahncard 100 beschlossen ("Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030", Homepage der Bundesregierung).

Laut FAZ vom 7.10.18 ("Eine niedrigere Mehrwertsteuer auf Bahnreisen ist heikel") droht dieses Vorhaben aber zu scheitern, laut FAZ sind der Bundesregierung die rechtlichen Probleme seit Monaten bekannt.

Was können Sie und andere Abgeordnete tun, damit eine Umsetzung doch noch möglich wird?

MfG
Fred Katz, Berlin

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Herr K.,

vielen Dank für Ihr Schreiben und Ihre direkten Anmerkungen zum Klimaschutzpaket.

Für die SPD steht das Thema Klimaschutz oben auf der Agenda. Bereits jetzt sind die Auswirkungen des Klimawandels auf der Erde deutlich spürbar. Naturkatastrophen, Wasserknappheit und Hungersnöte treten auf der Welt immer häufiger auf. Wir brauchen daher wirkungsvolle Maßnahmen, um unsere nationalen und internationalen Klimaschutzziele zu erreichen und den verheerenden Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken.
Am 09.10.2019 hat die Bundesregierung das Klimaschutzprogramm 2030 beschlossen sowie das Bundesklimaschutzgesetz auf den Weg gebracht. Beide Beschlüsse sind bedeutende Schritte zur Erreichung der Klimaschutzziele bis 2030 und dem langfristigen Ziel der Klimaneutralität Deutschlands. Während das Klimaschutzprogramm 2030 Maßnahmen für alle Sektoren enthält, bildet das Klimaschutzgesetz den rechtlichen Rahmen für die künftige Klimaschutzpolitik in Deutschland. Als eine Art Generationenvertrag stellt es sicher, dass die Klimaschutzziele planbar und verlässlich erreicht werden.

Die wichtigsten Punkte des Klimaschutzprogramms 2030 beziehen sich vor allem auf die Sektoren Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft.

Im Sektor Gebäude und Verkehr werden Anreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien im Bereich der Wärmeversorgung und der Mobilität geschaffen. 2021 startet das nationale Emissionshandelssystem, bei dem CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel mit einem festgelegten Preis versehen werden. In den darauf folgenden Jahren wird der Preis pro Tonne in jetzt schon festgelegten Schritten steigen. Darauf können sich Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen schon heute einstellen und bei künftigen Kauf- und Investitionsentscheidungen berücksichtigen.

Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung werden vollständig in Klimaschutzmaßnahmen reinvestiert oder den Bürgerinnen und Bürgern zurückgegeben. Beispielsweise wird die EEG-Umlage ab 2021 Jahr für Jahr um etwa eine Milliarde Euro gesenkt, wodurch die Strompreise sinken. Außerdem wird der Kostenanstieg für fernpendelnde Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einer Entfernungspauschale begrenzt. Schließlich wird auch das Wohngeld erhöht und dafür Sorge getragen, dass der CO2-Preis nicht vollumfänglich auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden darf, da sie nur begrenzten Einfluss auf ihre Heizkosten haben.

Im Gebäudesektor gibt es zudem durch das Klimaschutzprogramm 2030 bereits bei kleineren Modernisierungen steuerliche Förderung von energetischen Gebäudesanierungen. Der Einbau neuer Ölheizungen wird außerdem ab 2026 verboten sowie der Austausch einer alten Ölheizung gegen eine neue, klimafreundliche Heizung zu 40% gefördert, was den Umstieg auf klimafreundliche und erneuerbare Wärme voranbringt. Ab 2023 werden neue und weiterentwickelte Reglungen zu den energetischen Standards von Gebäuden im Ordnungsrecht in Kraft treten, dass den Gebäudesektor insgesamt umweltfreundlich gestalten wird.

Im Verkehrssektor wird sich zudem besonders auf zwei weitere Bereiche konzentriert. Zum einen auf die Förderung von E-Autos. Wobei der Ausbau und die Verlängerung der Kaufprämie sowie die Absenkung der Dienstwagenbesteuerung für Elektroautos im Fokus stehen. In den nächsten 10 Jahren sollen durch diese Maßnahmen 7 bis 10 Millionen E-Autos zugelassen werden. Bis 2030 sollen außerdem 1 Millionen Ladepunkte entstehen, um die benötigte E-Ladeinfrastruktur zu gewährleisten. Ein weiterer Aspekt bei der Förderung von Elektroautos ist die CO2-bezogene Reform der Kfz-Steuer für Neuzulassungen ab 2021, bei der Fahrzeuge mit niedrigem bzw. ohne CO2-Ausstoß finanzielle Begünstigung erhalten.

Der zweite wichtige Bereich im Verkehrssektor sind die gemeinschaftlich genutzten Verkehrsmittel, wie die Bahn, der öffentliche Personennahverkehr, aber auch Flugzeuge.

Bahnfahren wird günstiger. Zukünftig wird die Mehrwertsteuer auf Bahnfahrkarten von 19% auf 7% gesenkt. Flugtickets werden im Gegenzug teurer. Die Mehrwertsteuer-Regelungen sind in einem bestimmten Rahmen durch das EU-Recht festgelegt. In einigen Bereichen, wie auch dem Bahnverkehr sind Steuersenken jedoch legitim. Der Senkung von 19% auf 7% Mehrwertsteuer ist bei den Bahnfahrkarten somit ohne Probleme möglich. Der einzige Aspekt der dabei beachtet werden muss, ist der Gleichbehandlungsgrundsatz. Momentan verlangen auch die Fernbusgesellschaften eine Mehrwertsteuersenkung ihrer Reisetickets und führen es auf diesen Grundsatz zurück. Allerdings herrscht schon seit langem kein Wettbewerb mehr zwischen der Bahn- und dem Fernbusverkehr, da sie mittlerweile verschiedene Kundenzielgruppen haben. Zudem muss die Bahn im Gegensatz zu den Fernbussen sehr viel höhere Abgaben zahlen, wie z.B. die Stromsteuer oder das Netzentgelt. Dies führt dazu, dass die Bahn generell weniger wettbewerbsfähig ist. Die Mehrwertsteuersenkung ist daher nicht nur rechtlich durchsetzbar, sondern auch dringend notwendig, um die Bahn langfristig als attraktives Verkehrsmittel zu sichern.

Busse und Bahnen im Personennahverkehr werden in allen Kommunen finanziell gefördert und die Einführung des 365 Euro-Jahrestickets wird in 10 Modellstädten getestet. Der Ausbau von Radwegen, insbesondere eines Radschnellwege-Netzes ist zudem ein Ziel des Klimaprogramms 2030.

Im Bereich der Energiewirtschaft wurde mit dem Klimaprogramm 2030 die schrittweise Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung bis spätestens 2038 festgelegt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird währenddessen parallel gefördert - mit dem Ziel, bis 2030 bereits 65 Prozent der Energie aus regenerativen Energiequellen beziehen zu können.

Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels sind zum Beispiel die Aufhebung des bisher noch bestehenden Ausbaudeckels für Photovoltaik-Anlagen, ein höheres Ausbauziel für Windenergie auf der See, finanzielle Beteiligung der Kommunen und eine Regionalisierungsquote zum Anreiz von Windausbau und die Stärkung des Mieterstroms, also direkt produziertem Strom, z. B. durch eigene Solarzellen auf dem Dach.

In dem Bereich Landwirtschaft wird durch die Umsetzung und dem konsequenten Vollzug der Düngeverordnung sowie dem Ausbau der Förderung des Ökolandbaus ein großer Schritt hin zur umweltverträglichen Landwirtschaft gemacht.

Das Klimaschutzgesetz ist das Herzstück des Klimaschutzprogramms 2030. Zum ersten Mal werden die nationalen Klimaziele verbindlich. Außerdem wird ein Kontrollmechanismus etabliert, damit sie auch verlässlich und planbar erreicht werden. Das Klimakabinett wird zu diesem Zweck dauerhaft eingerichtet. Es wird die Fortschritte in den einzelnen Bereichen (z.B. Gebäude oder Verkehr) jährlich ermitteln und durch einen externen Expert*innenrat begleiten lassen. Sollten Ziele verfehlt werden, müssen die dafür zuständigen Ministerinnen und Minister innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen, mit dem das Ziel trotz dessen noch erreicht werden kann.
Ein solches Sicherheitsnetz markiert einen echten Neuanfang in der deutschen Klimapolitik und ist eine hervorragende Ergänzung zu den bereits bestehenden Klimaschutzmaßnahmen.

Es ist ein großes Anliegen der SPD, dass die Klimaschutzziele 2030 eingehalten werden. Zudem streben wir an, dass der Klimaschutz zu mehr Beschäftigung, mehr sozialer Gerechtigkeit und mehr Lebensqualität in Deutschland führt. Die SPD sucht daher nach einem gesellschaftlichen Konsens für einen neuen Weg in der industriellen Wertschöpfung. Er soll dem Klimaschutz dienen, sich ferner aber auch für gute Arbeit, für Innovationen und technologischen Fortschritt einsetzen. Das Klimaschutzprogramm 2030 und das Klimaschutzgesetz sind meiner Meinung nach der richtige Weg hin zu diesem gesellschaftlichen Konsens.

Vielen Dank für Ihr Engagement im Bereich Klima- und Umweltpolitik. Es ist noch ein langer Weg, aber gemeinsam werden wir unsere Klimaschutzziele erreichen.

Mit freundlichen Grüßen
Eva Högl