Frage an Felix Thier bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Felix Thier
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Frage von Jürgen N. •

Frage an Felix Thier von Jürgen N. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

CO 2 Steuer: Warum soll der „normale“ Arbeitnehmer z.B. in Form erhöhter Dieselpreise ( ich bin Pendler ) wieder die Kosten übernehmen ? Hier trifft es offensichtlich wieder die Pendler und die Verbraucher durch steigende Preise ?
Regionaler Bahnverkehr:
Es ist ja allgemein bekannt, dass der Regionalverkehr sich in einem desolaten Zustand befindet
( volle Züge, defekte Klimaanlagen, Unpunktlichkeit, defekte Weichen und Gleise).
Wie wollen Sie die Attraktivität des Regionalverkehrs erhöhen, auch unter dem Aspekt der Finanzierung ?
Stichwort kürzere Taktungszeiten, erhöhte Bereitstellung von Regionalzügen
Teures Bauen:
Die Grunderwerbssteuer soll in Brandenburg von derzeit 6,5 % auf 7 % erhöht werden ? Damit wird die Schaffung von Wohneigentum nicht gefördert.
Wie können Sie verhindern das Baugesetze und Vorschriften schneller erarbeitet werden als diese in vollen Umfang gelesen und verstanden werden ?
Welche Meinung vertreten Sie zur Finanzierung von Erschließungskosten welche von Anliegern zwangsweise bezahlt werden müssen, im Besonderen Gehweg und Straßenbau ? Genutzt wird es von der Allgemeinheit !
Welche Meinung vertreten Sie, dass Bußgelder welche im Straßenverkehr anfallen bereits im Landeshaushalt ( ca. 40 Millionen ), eingeplant werden ? Wird hier überzogen abgezockt ? Ist denn Sicherheit planbar ?
Welchen Einfluß wollen Sie nehmen um die Anzahl der Krankenkasse ( z.Zt. 180 ) zu reduzieren ?
Jeder Vorstand erhält ca. 300.000 € an Gehalt von den Mitgliedern ? Sollte diese nicht für die medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt werden ? Ein Blick ins benachbarte Ausland kann da hilfreich sein.
Wie können Sie dazu beitragen die technische Ausrüstung der Feuerwehr zur Bekämpfung der immer häufiger vorkommenden Waldbrände zu verbessern ? ( Stichwort: Löschflugzeuge und Hubschrauber).
Es muß ein grundsätzliches Umdenken der Politiker erfolgen um die Interessen der Bürger und der gesamten Bevölkerung Brandenburgs nachzukommen. Die AfD wird es Ihnen sonst danke

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr N.,

vielen Dank für Ihre Fragen zu den Themen CO2-Steuer, Regionalverkehr, Bauen, Krankenkassenorganisation, Ausstattung unserer Feuerwehren und wer die Kosten aus dem Dieselskandal oder beim Thema Klimawandel tragen soll.

Ich pendle selbst jeden Tag zwischen Luckenwalde und Berlin, wenn auch nicht mit dem Auto. Dennoch vertrete ich die Auffassung, dass die Kosten aus dem Dieselskandal von denen zu tragen sind, die sie zu verantworten haben. Und das sind nicht die Autofahrer*innen, sondern die großen Konzerne, die getrickst, getäuscht, betrogen und damit Milliardengewinne für sich und ihre Aktionär*innen gemacht haben. Auch der Klimawandel und die derzeit in der Diskussion stehende CO2-Steuer kann nicht nur aus dem Portemonnaie der Bürgerinnen und Bürger bezahlt werden. Die Hauptlast für den CO2-Ausstoß tragen Industrie und Landwirtschaft. Deren Verantwortung und Belangung werden aber schnell von ihren Lobbyisten in Berlin runtergeredet und jegliche Veränderungen zu mehr Verantwortung verhindert. Das muss sich ändern.

Die LINKE ist keine Verbotspartei und will niemandem vorschreiben, welches Verkehrsmittel auf dem Weg zur Arbeit zu nutzen ist. Wir wollen auch nicht den Preis für Benzin oder Diesel auf 5 Euro erhöhen. Wir setzen uns aber dafür ein, dass wir alle künftig häufiger auf das eigene Auto verzichten können. Das kann aber nur dann funktionieren, wenn das ÖPNV-Angebot wirklich überzeugt. Das heißt ein flächendeckendes Angebot und eine Stundentaktung als Mindestbedienstandard in ganz Brandenburg. Der ÖPNV muss verlässlicher für uns alle werden. Damit wir pünktlich zur Arbeit und wieder nach Hause kommen. In Zukunft wollen wir einen solidarisch finanzierten “fahrscheinlosen Nahverkehr”. Jeder soll, ohne ein Ticket lösen zu müssen, mit Bus und Bahn in ganz Brandenburg fahren können. Als Pendler*in weiß man, dass damit nicht an der Landesgrenze Schluss sein darf. Daher wollen wir zusammen mit dem Land Berlin Lösungen suchen, um auch dieses Problem in den Griff zu bekommen.

Wie Sie mache ich auch meine täglichen Pendlererfahrungen: Zu den Stoßzeiten ist der Regionalzug durchaus voll. Allerdings gibt es nach wie vor unter vielen Pendler*innen die Unsitte, den Sitzplatz neben sich bzw. gegenüber durch die eigene Tasche/ Rucksack zu blockieren. Auch stört mich persönlich, dass es in den Regionalzügen 1. Klasse-Abteile gibt, die selten voll bzw. überhaupt besetzt sind. Ich trete hier für eine Abschaffung ein. Das bringt zusätzliche Plätze in den Zügen. Defekte Klimaanlagen erlebe ich in Regionalzügen zum Glück immer seltener, Züge der Deutschen Bahn im Fernverkehr haben damit öfter zu kämpfen. Das ist aber ein anderes Kapitel und kein landespolitisches Thema.

Zur Unpünktlichkeit: Hier muss ich wiederum eine Lanze für den Regionalverkehr brechen. Oftmals kommen die Verspätungen durch unpünktliche Züge des Bahn-Fernverkehrs zustande. Diese Züge haben im bundesweiten Schienennetz immer Vorrang und so muss, da die Gleise nur einmal zeitgleich benutzt werden können, der Regionalzug warten. Und das ist auch ein Grund, warum aktuell öfter fahrende Züge auf den Hauptachsen kaum möglich sind – die Gleise sind voll ausgelastet. Mit dem Regional-, Fern- und zusätzlich auch noch dem Güterverkehr ist auf unseren Schienen viel los.

Hier müsste die Deutschen Bahn - müsste der Bund - viel stärker in den Ausbau der Infrastruktur investieren. Verkehrsminister Scheuer (CSU) und Finanzminister Scholz (SPD) bzw. alle ihre Amtsvorgänger sehen es aber lieber, wenn die Gewinne der Bahn in den Bundeshaushalt fließen und zur „schwarzen Haushaltsnull“ beitragen, statt in die Bahninfrastruktur, und damit für uns alle als deren Nutzer*innen, zu investieren. Der Staatskonzern Bahn wird auf Verschleiß gefahren. DIE LINKE sieht die Bahn als Punkt der öffentlichen Daseinsvorsorge. Damit macht man keinen Gewinn!

Bei der Grunderwerbssteuer finde ich die Erhöhung vertretbar. Die Bundesländer haben allgemein wenig Spielraum, um durch eigene Steuern eigene Einnahmen zu erreichen. Auf der anderen Seite werden von den Bürger*innen aber zurecht Erwartungen an die Ausgabenpolitik des Landes gestellt: Kostenlose Kita, Abschaffung Straßenausbaubeiträge aber gleichzeitig überall und gute Straßen, guter und regelmäßiger ÖPNV, mehr Lehrer*innen, mehr Polizei, … - das alles kostet Geld und muss durch Einnahmen gedeckt werden. Da werden Sie mir sicher zustimmen. Obendrauf soll das Land idealerweise auch noch die Schuldenbremse einhalten, keine neuen Schulden machen und Schulden zurückzahlen, damit unsere Kinder und Kindeskinder nicht belastet werden.
Zu den von Ihnen angesprochenen Straßenbaubeiträgen. Worum geht es genau? Handelt es sich um Straßenbau, also Neuschaffung von Straßen oder handelt es sich um die Unterhaltung/Instandsetzung bzw. Ausbau/ Verbesserung? Um welche Straße handelt es sich: Durchgangsverkehr, Hauptverbindungsstraße, reine Anliegerstraße? Hier finde ich, kann es nur mit einer differenzierten Beteiligung gehen. Natürlich muss sich die öffentliche Hand an der Finanzierung beteiligen. Wenn aber der Hauptnutzen der Straße nur bei den Anliegern liegt, muss deren Belastung anders gewichtet sein. Worüber man an dieser Stelle aber reden muss, ist die Qualität des Straßenbaus. Wenn also die Anliegerstraße in einer Baumaßnahme ansteht und klar ist, dass die Hauptkosten durch die Anliegenden getragen werden müssen, ist über den Umfang der neuen Straße zu entscheiden – in voller Beteiligung der Anlieger*innen. Braucht es zum Beispiel auf beiden Seiten der Straße einen Fußweg, muss die Straße so und so breit sein, muss es Asphalt sein oder funktionieren Pflastersteine?

Fazit: Für mich geht es beim Thema Straßen nicht ohne Beteiligung. Aber auch hier ließen sich viele Konflikte vermeiden, wenn man von Anfang an mit allen Betroffenen schon in der Planung spräche und nicht erst hinterher die Rechnung präsentiert. Schulden machen oder gar Hausverkauf darf es aufgrund von Straßenbaumaßnahmen für DIE LINKE nicht geben!

Zu den Bußgeldern: Deren Einplanung im Haushalt mag merkwürdig erscheinen, basiert aber auf Erfahrungswerten aus den Vorjahren. Natürlich ist ein Haushaltsplan immer etwas spekulativ, es können unerwartete Ausgaben auftreten oder Einnahmen geringer ausfallen.
Insofern empfinde ich die Ausweisung von Bußgeldern auf der Habenseite in bestimmter Höhe seriöser, als zu sagen: wir gehen mal von gar nichts aus.

Zu den Krankenkassen: Zwar originär kein landespolitisches Thema, allerdings teile ich ihre persönliche Meinung, dass es zu viele gesetzliche, wie auch private Krankenkassen gibt. Zig Krankenkassen mit hoch dotierten Vorständen und großen Verwaltungsapparaten braucht es
meiner Ansicht nach nicht. Insofern bin ich durchaus an Ihrer Seite, wenn es darum gehen sollte, die Anzahl der Kassen zu reduzieren.

Unsere Feuerwehren: Die technische und auch personelle Ausstattung ist ein kritischer Punkt, das stimmt. Hier muss energischer in die Erneuerung der Technik investiert werden. Altes Material steigert auch nicht gerade die Attraktivität als Arbeitgeber oder das Engagement der
Ehrenamtler*innen bei den Wehren. Wer findet heute noch Zeit für die FFW? Wer wird von seinem Arbeitgeber dafür (in den Hitzemonaten) freigestellt, wenn der Alarm ruft? Kleinen und mittelständigen Unternehmen fällt das deutlich schwerer. Hier wollen wir das Ehrenamt stärken, Ausgleiche zahlen und Anreize schaffen. Aber auch das kostet Geld, das erwirtschaftet werden muss.

Die zahlreichen Waldbrände der letzten Jahren haben uns gezeigt, dass Löschhubschrauber immer wichtiger für die Brandbekämpfung werden. Aber sicher braucht nicht jede Feuerwehr einen. Hier muss besser kooperiert werden. Das Hinzuziehen von Hubschraubern von Polizei und Bundeswehr bei Großschadenslagen ist sinnvoll und auch effizienter. Ich finde, bei
Schadereignissen, die die ganze Bevölkerung bedrohen, dürfen die betroffenen Kommunen mit ihren oft klammen Kassen nicht allein gelassen werden. Hier müssen Bund und Land von vornherein einspringen und einstehen. Wie ich überhaupt finde, dass die Kommune nicht Träger der Brandbekämpfung sein sollte. Da muss dann nämlich jede Kommune sehen,
wie sie ihre Feuerwehren mit ihren oftmals geringen Haushaltsmitteln ausstatten kann, im Zweifel wird dann kaputtgespart. Das kann es doch nicht sein!

Abschließend noch ein Wort dazu, wem Politik dienen sollte. Ja, es wird zunehmend schwerer, allen gerecht zu werden. Einzelinteressen nehmen zu und die Erwartungshaltungen der Bürger*innen sind oft als Maximalforderungen formuliert. Da fällt es schwer, dem komplett gerecht zu werden. Wir haben schon immer Kompromisse geschlossen. Kompromisse
begegnen uns in allen Lebenslagen. Ob im Privaten oder im Beruf. Aber erst recht in der Politik. Kompromisse sind etwas Gutes, weil sie verschiedene Positionen zusammenbringen. Wer nie Kompromisse schließen will und keinerlei Abstriche bei sich selbst macht, wird auch sein Gegenüber nicht zum Nachgeben bewegen können. Kompromisse schließen bedeutet für mich zwei Dinge: erstmal zuhören und verstehen, was der andere will und dann gemeinsam - also solidarisch - eine Lösung finden. Wir sollten Kompromisse wieder schätzen lernen, weil sie etwas Gutes sind, ein gemeinsamer, demokratischer Weg der Konfliktlösung. Enttäuschung, Kritik oder Protest muss geäußert werden dürfen, das muss auch gehört werden. Aber Hetze und Spaltungen, „Wir gegen die“ - das bringt uns keinen Schritt vorwärts und entfernt uns. Protest sollte uns eher zu einem konstruktiven und gemeinsamen Herangehen bewegen, um unsere Probleme zu lösen. Wir alle wollen in unserer Gesellschaft glücklich und zufrieden leben. Tuen wir also auch alle etwas durch eigenen Anteil dafür.

Ich grüße Sie und bitte Sie, zur Wahl zu gehen.
Felix Thier