Frage an Florian Toncar bezüglich Energie

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Florian Toncar
FDP
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Frage von Stephan B. •

Frage an Florian Toncar von Stephan B. bezüglich Energie

Sehr geehrter Herr Toncar

Ihre Partei ist für eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken und der Kohleverstromung. Gleichzeitig aber wollen Sie die regenerativen Energien ausbauen und Atomenergie mit unsicheren Atomkraftwerken als Brückentechnologie fortführen. Dabei gibt es folgendes großes Problem: Atomkraftwerke und regenerative Energien stehen in einem Systemkonflikt -weil AKWs Rund-um-die-Uhr Strom produzieren und Ökostrom nach Bedarf Strom erzeugt. Daher kann es passieren, daß man schon in wenigen Jahren Windparks drosseln muß, um die Stabilität der Netze nicht zu gefährden. Also, Atomkraft blockiert die Stromnetze für Ökostrom. Somit kann Atomkraft keine Brückentechnologie sein, sondern ein Bremsklotz für Ökoenergie und gleichzeitig ein Jobkiller im Bereich der Erneuerbaren Energien. Deshalb, muß es jetzt eine Grundsatzentscheidung zu Gunsten der Erneuerbaren Energien geben und damit auch eine senkung des CO² -Ausstoß.
Meine Frage nun: Wie stehen Sie dazu, auch im Zusammenhang mit der ungeklärten Endlagerfrage von Atommüll und der bisher nur auf dem Reisbrett vorhandenen CCS-Technologie für Kohlekraftwerke?

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Beckenbach

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FDP

Sehr geehrter Herr Beckenbach,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 23.09.2009.

Um die klimapolitischen Ziele erreichen zu können, wird die Kernenergie bis zur ausreichenden Verfügbarkeit erneuerbarer Energien als Brückentechnologie unverzichtbar bleiben. Dazu ist eine Verlängerung der Restlaufzeiten der modernen deutschen Kernkraftwerke unerlässlich. Die von den Energiekonzernen so zusätzlich eingenommenen Gewinne sollten nach meiner Ansicht zu mindestens 50% verbindlich in die Erforschung und Weiterentwicklung erneuerbarer Energiequellen investiert werden. Dies wäre ein enormer Beitrag zur Beschleunigung der breiten Marktreife erneuerbarer Energietechnologien.

Sie argumentieren, dass Atomkraft und erneuerbare Energien in einem Systemkonflikt stünden, da Ökostrom nach Bedarf produziert wird. Daneben kann Ökostrom auch nur nach Verfügbarkeit von Sonne bzw. Wind produziert werden. Das heißt, dass regenerative Energien derzeit nicht in der Lage sind, verlässlich die Versorgung mit Grundlast-Strom zu gewährleisten. Hier sind weitere Fortschritte bei der Speicherung von aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms notwendig. Die in Deutschland derzeit existierenden dezentralen erneuerbaren Energiequellen reichen noch auf Jahre nicht aus, um die Grundlast zu decken. Daneben müssen zentrale Anlagen wie beispielsweise die Erzeugung von Solarstrom in der Sahara treten. Die führende Wirtschaftsunternehmen wollen hier unter Führung der Münchner Rück das Projekt Desertec vorantreiben.

Andere erneuerbare Energiequellen wie beispielsweise Osmose-Kraftwerke, die aus der Zusammenführung von Süß- und Salzwasser Strom erzeugen, Geothermie-Kraftwerke, Wellenkraftwerke sowie Meeresströmungskraftwerke werden hier künftig wichtige Beiträge liefern, ohne von Wind und Sonne abhängig zu sein. Diese ist jedoch noch nicht marktreif und daher nicht in großem Stil verfügbar. Eine aus den Gewinnen der Kernkraft finanzierte Erforschung dieser Technologien wäre ein finanzieller Anschub, den diese Branchen aus eigener Kraft nicht leisten können. Daher werbe ich dafür, die für eine Übergangszeit notwendige Weiternutzung der Kernkraft gezielt auch für die Weiterentwicklung von regenerativen Energien zu nutzen.

Unabhängig davon wird die Suche nach einem sicheren Endlager für die über die Jahrzehnten angefallenen nuklearen Abfälle gewissenhaft und verantwortungsvoll auszuführen sein. Dabei müssen statt hochwallender Emotionen, Stimmungsmache und diffuser Ängste wissenschaftliche Sorgfalt und Transparenz bei der Entscheidungsfindung im Vordergrund stehen.

Die CCS-Technologie zur Abscheidung von Kohlendioxid bei der Kohleverstromung ist ein sinnvoller Schritt in Richtung Verringerung der deutschen Emissionen. Aus meiner Perspektive gilt auch hier, dass es sich hier um einen Zwischenschritt auf einem Weg handelt, der uns langfristig dahin führt, unseren gesamten Energiebedarf aus regenerativen Quellen decken zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Toncar

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