Frage an Florian Toncar bezüglich Recht

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Florian Toncar
FDP
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Frage von Sonntag E. •

Frage an Florian Toncar von Sonntag E. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Toncar,

um es vorweg zu nehmen:
Es werden Wahlen kommen und ich beginne dieses Mal, mich als unkundiger Debaner längerfristig zu orientieren. Das auch, um bei Diskussionen manchen Nichtwähler zu aktivieren. Ich empfinde oft Symphatie für liberale Themen und bedaure z.B., dass sich kluge Leute entweder altershalber oder aus Unbeugsamkeit aus dem Bundestag verabschieden. Was jedoch Hoffnung gibt, sind junge Menschen, die sich mit ausserordentlich fundiertem, juristischem Sachverstand, der oft weit über Details hinaus reicht, in die Diskussion einbringen. Ich freue mich daher um so mehr, dass Sie sich, bevor Sie hier zum Thema FRG Stellung genommen haben, ausserordentlich tief in die Thematik eingearbeitet haben. Maßstab und Orientierung können uns dabei stets hochangesehene Demokraten wie z.B. der Hallenser Hans Dietrich Genscher oder einer der Väter des GG, Carlo Schmidt, geben. Liberal ausgerichtete junge Menschen sind meist nicht nur ungeduldig, sie sind oft auch keine Freunde von Verboten!

Ich möchte Sie als Laie deshalb fragen, ob Sie unterstützen würden, wenn das Rückwirkungsverbot abgeschafft würde?

Haben Sie schon einmal eine der TV Sendungen "Kennzeichen D" oder "Hilferufe von Drüben" gesehen?

Wenn Ja, hat Sie das berührt oder empfanden Sie das als Propaganda?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Sonntag,

als liberaler Abgeordneter ist mir das Vertrauensschutzprinzip wichtig, weshalb ich auch gegen eine Abschaffung des Rückwirkungsverbots bin.

Das Rückwirkungsverbot gilt allerdings nicht absolut, sondern legt dem Gesetzgeber besondere Rechtfertigungspflichten auf, gestaffelt je nachdem, ob es sich um sog. echte Rückwirkung (strenges Rechtfertigungserfordernis) oder sog. unechte Rückwirkung (weniger strenges Rechtfertigungserfordernis) handelt.

Diesen in ständiger Rechtsprechung vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen schließe ich mich an.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2006 zum Fremdrentengesetz entschieden (Leitsätze):

1. Die durch das Fremdrentengesetz begründeten Rentenanwartschaften unterliegen nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden.
2. Die durch § 22 Abs. 4 des Fremdrentengesetzes in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1461) erfolgte Absenkung der auf dem Fremdrentengesetz beruhenden Entgeltpunkte um 40 vom Hundert ist auch dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Rentenanwartschaft der Berechtigten, die auf rentenrechtlichen Zeiten sowohl in den Herkunftsgebieten als auch in der Bundesrepublik Deutschland beruht, als Gesamtrechtsposition insgesamt dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterstellt würde.
[3. hat das Gericht eine Übergangsregelung für die 1996 rentennahen Jahrgänge verlangt; insoweit war der Vertrauensschutz verletzt.]

Genaueres entnehmen Sie bitte der Pressemitteilung des Gerichts und der Entscheidung selbst:

Pressemitteilung
http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg06-058.html

Entscheidung (Vertrauensschutz ab Rn 100)
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20060613_1bvl000900.html?Suchbegriff=frg

Damit hat das höchste deutsche Gericht die 1996 beschlossene Kürzung der Anwartschaften auch für die vor 1991 zugezogenen Jahrgänge, die nicht auf einer eigenen Beitragsleistung in die deutsche Rentenversicherung beruhen, abgesehen vom Erfordernis einer Übergangsvorschrift gebilligt.

Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Toncar

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