Wo wird die EU zeitnah (!) Ausgaben sparen?

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Gabriele Bischoff
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Frage von Heike R. •

Wo wird die EU zeitnah (!) Ausgaben sparen?

Sehr geehrte Frau Bischoff,

die Eu Beiträge der einzelnen Länder errechnen sich zum größten Teil aus den jeweiligen Bruttonationaleinkommen (BNE).
Durch Inflation, Eurokrise, vor allen den Folgen unseres Russlandembargos wird in den nächsten Jahren unser Wohlstand gewaltig sinken, damit natürlich auch unser BNE !
Deutschland, als Motor der EU, steht vor völliger Überforderung!
quelle: https://www.focus.de/finanzen/boerse/experten/gastbeitrag-wohlstand-top-oekonom-daniel-steltner-warnt-deutschland-steht-vor-voelliger-ueberforderung_id_12269196.html
Frau Kopf, ganz konkret gefragt, wie weit wird, prognostiziert, das deutsche BNE sinken? Wieviel weniger wird die EU, entsprechend ihrer eigenen (!!!) Beitragsregeln,von den Mitgliedern einnehmen? Wieviel weniger muss entsprechend Deutschland zahlen?
Ich bitte um eine konkrete ökonomische Antwort, bitte keine Erklärung zum Ukrainekrieg !

Mit freundlichem Gruß
Heike R.

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Sehr geehrte Frau R.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Die Europäische Kommission hat gerade ihre aktuellste Wirtschaftsprognose für die EU vorgelegt. Sie haben recht, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wirkt sich weiter negativ auf die EU-Wirtschaft aus, beeinträchtigt das Wachstum und führt zu höherer Inflation als in der Frühjahrsprognose erwartet. Es wird ausgegangen, dass die Wirtschaft in der EU 2022 um 2,7 % und 2023 um 1,5 % wachsen wird. Für das Euro-Währungsgebiet ist ein Wachstum von 2,6 % im Jahr 2022 zu erwarten, das im Jahr 2023 auf 1,4 % zurückgehen dürfte. Den Projektionen zufolge wird die jährliche durchschnittliche Inflationsrate im Jahr 2022 auf einen historischen Höchststand von 7,6 % im Euro-Währungsgebiet und 8,3 % in der EU klettern, bevor sie 2023 auf 4,0 % bzw. 4,6 % sinkt.

Die Wirtschaftsprognose für Deutschland finden Sie hier: https://economy-finance.ec.europa.eu/economic-surveillance-eu-economies/germany/economic-forecast-germany_de. Die Ökonom*innen gehen von folgender Entwicklung aus: Für das dritte Quartal wird ein BIP-Wachstum von 0,2 % erwartet. Das Gesamtwachstum wird jedoch voraussichtlich gedämpft bleiben. Auf Jahresbasis dürfte das reale BIP im Jahr 2022 um 1,4 % und im Jahr 2023 um 1,3 % steigen. Für 2023 bedeutet das eine deutliche Abwärtskorrektur gegenüber der Frühjahrsprognose, da sich die Aussichten für den Welthandel und der Kaufkraftverlust verschlechtern, was das Vertrauen der Unternehmen und Verbraucher belastet.

Sie wollten wissen, was das für Deutschlands Beitrag am EU-Haushalt bedeutet. Zunächst möchte ich klarstellen, dass die Ausgaben der EU durch Einnahmen aus verschiedenen Quellen finanziert werden:

  • Eigenmittel
  • Einnahmenüberschuss der EU – was nach den Zahlungen aus dem Vorjahr übrig bleibt
  • andere Quellen: hauptsächlich Geldbußen für Unternehmen, die gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen, sowie Rückerstattungen und Steuern auf Dienstbezüge

Die Eigenmittel der EU machen den größten Teil der Einnahmen der EU aus. Sie sind über die vergangenen Jahrzehnte gleich geblieben und bestehen aus

  • traditionellen Eigenmitteln – hauptsächlich Zölle und Zuckerabgaben,
  • auf der Mehrwertsteuer basierenden Beiträgen der Mitgliedstaaten und
  • auf dem Bruttonationaleinkommen (BNE) basierenden Beiträgen der Mitgliedstaaten, die angepasst werden, um Einnahmen und Ausgaben auszugleichen.

Wie Sie richtig schreiben, hängt der jeweilige Beitrag der Mitgliedstaaten von ihrer Wirtschaftskraft ab. Es ist also möglich, dass Deutschlands Beiträge sinken werden. Eine genaue Aussage hierzu lässt sich aktuell noch nicht treffen. Ich möchte allerdings der Aussage des Artikels widersprechen, dass Deutschland „Zahlmeister der EU“ sei und wir unseren europäischen Nachbarn „großzügig Geld schenken“. Anders als nationale Haushalte, deren Mittel vorwiegend in die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen und die Finanzierung der Sozialsysteme fließen, wird der EU-Haushalt in erster Linie für Investitionen genutzt.

Als Gegenleistung für ihren größeren Beitrag profitieren Länder wie Deutschland von den zahlreichen Vorteilen und dem Nutzen, den dieses Geld für alle EU-Länder schafft — Frieden und Stabilität sowohl innerhalb als auch innerhalb der EU, Sicherheit, bessere Infrastruktur und die Freiheit für ihre Bürger/innen, überall in der EU zu leben, zu arbeiten, zu studieren und zu reisen. Gerade angesichts des Fachkräftemangels und des russischen Angriffskriegs dürfen wir diese Vorteile auf keinen Fall unterschätzen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Gaby Bischoff

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