Frage an Gabriele Molitor von Patrick F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Molitor,
ich sehe derzeit mit großen bedenken das was auf uns Steuerzahler zukommt. Das gespart werden muss ist keine Frage. Wieso muss allerdings der Steuerzahler immer wieder für das Versagen der Wirtschaftsverbände und das Versagen der politischen Führung in die Tasche greifen? Während der Wahlen hieß es mehr Netto vom Brutto. Dies war ein Hauptargument bei den Wahlen und wurde im Koalitionsvertrag festgehalten. Allerdings bei der derzeitigen Situation sehe ich weitere Kosten auf mich zukommen, die den Spitzensteuersatz für Geringverdiener und das mittlere Einkommen in die Höhe schnellen lassen.
Ich für meinen Teil würde auch gerne eine Familie gründen, aber bei den zukünftigen Sparmaßnahmen weiß ich schon gar nicht mehr ob dies überhaupt zu verantworten ist, da ich nicht weiß ob ich einem Kind eine vernünftige Basis bieten kann. Ich/wir wären auf jeden fall auf die Familiären Zuschüsse angewiesen. Wir haben zwar eine gute Ausbildung und noch ein gutes Einkommen, was sich allerdings immer weiter verschlechtert, da eine Ende des Abwärtstrend nicht in Sicht ist.
Ich hätte daher ein paar Fragen an Sie und Ihre Partei:
Werden die Steuerlichen Mehrbelastungen zeitlich begrenzt oder muß ich damit rechnen immer weniger zu bekommen?
Wie weit werden Staatsbedienstete bzw. Beamte und Politiker finanziell an den Sparmaßnahmen beteiligen oder richten sich die Sparmaßnahmen nur gegen den normalen Steuerzahler?
Wie garantiert der Staat für den Erfolg der Sparmaßnahmen?
Wie vereinbaren Sie bzw. Ihre Partei den demokratischen Grundgedanken wenn immer wieder Maßnahmen gegen das berechtigte Interesse der Bevölkerung durchgesetzt werden(z.B. Vorratsdatenspeicherung, Kopfpauschale, finanzielle Hilfe für EU Länder usw)?
Was tut der Staat zukünftig um Familien zu fördern, wenn die Gelder durch die Sparmaßnahmen eingefroren oder sogar gekürzt werden?
Wird die Politik die Verursacher der Krise in die Verantwortung nehmen?
Mit freundlichem Gruß
Patrick
Sehr geehrter Herr Franz,
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 28. Mai 2010, in der Sie sich kritisch zu Steuererhöhungen äußern und sich mit den aktuellen Konzepten der Familienförderung auseinandersetzen.
Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt die vielfach aus den Reihen der Opposition und verschiedener Interessengruppen geäußerte Forderung nach Steuererhöhungen ab. Für uns können die Haushalts- und Finanzprobleme unseres Landes nicht immer wieder über die Steuerschraube gelöst werden. Stattdessen sind für uns Liberale Einsparungen der richtige Weg, um mittel- und langfristig Schulden und Verpflichtungen zu senken.
Der Euro befindet sich aufgrund der Schuldenpolitik der Euroländer in einer tiefen Vertrauenskrise. Die pauschale Ablehnung von Kürzungen ist in dieser Lage ebenso falsch wie die Forderung nach höheren Steuern. Steuererhöhungen sind keine Alternative zu einem strikten Konsolidierungskurs. Das Vertrauen der Märkte wird nicht zurückkehren, wenn die Staaten der Eurogruppe auf Einsparungen verzichten und stattdessen ihr Wachstum abwürgen. Steuererhöhungen bremsen die wirtschaftliche Erholung und erschweren damit die Konsolidierung. Die Ursache der Schuldenkrise sind nicht zu geringe Einnahmen, sondern vor allem zu hohe Ausgaben.
Ich bin zuversichtlich, dass wir durch diese richtige Maßnahme gestärkt aus der Krise hervorgehen werden.
Was Ihre Frage nach einer möglichen Diskrepanz zwischen politischen Entscheidungen oder Notwendigkeiten und der über die Medien transportierten vermeintlichen öffentlichen Meinung angeht, so teile ich Ihre Einschätzung nicht, nach der die Menschen unsere Politik nicht mittragen. Ganz im Gegenteil haben wir im September des vergangenen Jahres vor allem mit dem Versprechen, die Lethargie der Großen Koalition zu beenden und mit neuen Konzepten dringend notwendige Reformen anzustoßen, ein Rekordergebnis für die FDP erreicht. Gemeinsam mit der CDU/CSU haben wir uns in unserem Koalitionsvertrag und in den vergangenen Monaten auf große Reformvorhaben verständig.
Abgesehen davon, dass wir Liberale die Vorratsdatenspeicherung seit jeher abgelehnt haben und uns auch weiterhin uneingeschränkt für die persönlichen Freiheits- und Persönlichkeitsrechte eines jeden Einzelnen einsetzen, so haben die Bürgerinnen und Bürger auch ein feines Gespür dafür entwickelt, welche Entwicklungen und Entscheidungen notwendig waren und weiterhin sind.
Den Menschen im Land ist sehr wohl bewusst, dass ein starkes Deutschland – sei es politisch oder wirtschaftlich – nur gemeinsam mit einer starken Europäischen Union möglich ist. Dies ist aber nur dann möglich, wenn wir die momentane Finanz- und Wirtschaftskrise gut überstehen. Daher sind die von Ihnen angesprochen Kredite und Kreditbürgschaften auch nicht von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt, sondern vielmehr sehr aufmerksam – und in der Sache kritisch – begleitet worden. Dieses falsche Bild zur Stimmungslage in der Bevölkerung ist zum großen Teil der vollkommen verzerrten Berichterstattung in den Medien zu verdanken.
Dabei habe ich großes Verständnis für die Ängste und Sorgen der Menschen. Auch für mich sind die auf uns zukommenden Bürgschaften über Milliardensummen mit einem flauen Gefühl verbunden. Niemand kann heute in die Zukunft blicken und absehen, wie erfolgreich diese Gelder genutzt werden. Fest steht aber, dass ein von vielen Seiten kolportierter Rückzug auf einen deutschen Nationalismus oder gar die Wiedereinführung der D-Mark nicht nur falsch, sondern verheerend für uns und unsere europäischen Nachbarn wäre.
In diesem Sinne begrüße ich die Bedingungen der Bundesregierung für Ihre Beteiligung an den Finanzhilfen für Griechenland und für das „Gesetz zur Über¬nahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus“. Mit diesen Vorgaben stärken wir die Reformwilligen und den Willen zur Haushaltskonsolidierung.
Damit werden lange notwendige Reformen endlich angepackt und die Europäische Union wird stärker aus der Krise herauskommen als sie hineingegangen ist. Nicht zuletzt durch die bereits heute stark verbesserte Finanz- und Bankenaufsicht sowie die geplante Bankenabgabe. Darüber hinaus befindet sich das Konzept einer Finanztransaktionssteuer – die allerdings nur durch internationale Gültigkeit tatsächliche Wirkung entfalten kann – in der Prüfung, um zusätzliche Maßnahmen diskutieren zu können.
Diese Entwicklung ist auch im Interesse der Familien und Kinderpolitik. Bundeskanzlerin Merkel hat sich klar zu der absoluten Priorität von Bildungsangeboten und den Konzepten der frühkindlichen Betreuung bekannt. Diese Auffassung wird von uns Liberalen geteilt und unterstützt. Notwendige Einsparungen der öffentlichen Hand werden demzufolge keine Einschnitte in die hierfür zur Verfügung stehenden Budgets mit sich bringen. Darüber hinaus sind auch die gut funktionierenden Konzepte des Mutterschutzes und des Mutterschaftsgeldes sowie der Elternzeit und des Elterngeldes von keinen Kürzungen betroffen. Unsere Kinder sind unsere persönliche Zukunft. Durch eine gute Bildung und die anschließende Ausbildung sind sie auch die Zukunft unseres ganzen Landes. Dieses Potenzial werden wir weiterhin nutzen und ausbauen werden. Mit der FDP-Bundestagsfraktion wird es keine Einsparungen an diesem Fundament unserer Gesellschaft und unseres Staates geben.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Molitor