Frage an Gerda Hasselfeldt von Markus M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Hasselfeldt,
in Bezug auf den Lissabonvertrag kommen jetzt Details ans Tageslich, die
grundgesetzwidrig sind. Laut Grundgesetz Art. 102 GG ist die Todesstarfe abgeschafft. Zitat Art 102 GG: "Die Todesstrafe ist abgeschafft."
Diesbezüglich habe ich drei Fragen:
1. Haben Sie dem Lissabonvertrag zugestimmt?
2. Kennen Sie den Inhalt des Vertrages?
3. Ist Ihnen bekannt, dass über den Lissabonvertrag die Todesstrafe in Deutschland eingeführt wurde?
Laut "CHARTA DER GRUNDRECHTE DER EUROPÄISCHEN UNION, 2000/C 364/01" ist die Todesstrafe abgeschafft. Zitat Art. 2 Abs. 2, "Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden."
In den Erlätuerungen "ERLÄUTERUNGEN ZUR CHARTA DER GRUNDRECHTE, (2007/C 303/02)" heißt es zu Art. 2 Abs. 2 unter 3., Zitat:
"Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um
a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen".
Damit wird die Todesstrafe in der BRD entgegen dem Grundgesetz eingeführt. Als Abgeordnete der BRD haben Sie die Pflicht das Grundgesetz zu schützen, oder?
Mit freundlichen Grüßen
M. Malorny
Sehr geehrter Herr Malorny,
vielen Dank für ihre Frage zu den Auswirkungen des Vertrages von Lissabon.
Durch den Vertrag von Lissabon wird die Todesstrafe nicht wieder eingeführt. Die Todesstrafe bleibt abgeschafft. Der Vertrag von Lissabon bestätigt das im Grundgesetz verankerte absolute Verbot der Todesstrafe sogar. Ich konnte dem Vertrag von Lissabon also ohne Bedenken zustimmen.
Mit dem Vertrag von Lissabon binden sich die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten an die Charta der Grundrechte der EU. Wie Sie richtig festgestellt haben, heißt es in Art. 2 Abs. 2 der Grundrechtecharta: „Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.“
Am ausnahmslosen Verbot der Todesstrafe in Deutschland ändern auch die von Ihnen zitierten Erläuterungen zur Grundrechtecharta aus folgenden Gründen nichts.
1. Diese Erläuterungen interpretieren (vgl. zu Art. 2 unter 3.) das Verbot der Todesstrafe im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der dazugehörigen Zusatzprotokolle. Art. 2 Abs. 2 EMRK regelt zwar mögliche Ausnahmen von der Todesstrafe. Darauf bezieht sich auch der von Ihnen angeführte Absatz aus den Erläuterungen. Allerdings sieht mittlerweile das 13. Zusatzprotokoll zur EMRK die vollständige, ausnahmslose Abschaffung der Todesstrafe vor. Dort heißt es ganz eindeutig „Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe verurteilt oder hingerichtet werden.“ In den meisten EU-Mitgliedstaaten ist das 13. Zusatzprotokoll bereits in Kraft; so auch in Deutschland seit dem 01.02.2005.
2. Zudem regelt die Grundrechtecharta selbst, dass die Rechte der Charta die gleiche Bedeutung haben, wie dies die EMRK mit ihren Zusatzprotokollen vorsieht (Art. 52 Abs. 3). Der Schutz der Grundrechtecharta darf dabei keinesfalls geringer sein, als der Schutz, den die EMRK gewährt. Wie oben bereits erläutert, ist die Todesstrafe in der EMRK mit dem 13. Zusatzprotokoll vollständig abgeschafft worden. Die Grundrechtecharta kann also dahinter gar nicht zurück bleiben.
3. Darüber hinaus stellt die Grundrechtecharta (Art. 53) auch sicher, dass die Rechte, die die Verfassungen der EU-Mitgliedstaaten ihren Bürgern garantieren, nicht eingeschränkt werden. Das absolute Verbot der Todesstrafe des Grundgesetzes wird also auch dadurch geschützt.
Mit freundlichen Grüßen,
Gerda Hasselfeldt