Frage an Gerda Hasselfeldt bezüglich Jugend

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Gerda Hasselfeldt
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Frage von Andreas R. •

Frage an Gerda Hasselfeldt von Andreas R. bezüglich Jugend

Sehr geehrte Frau Hasselfeldt

am 26.04 ist Boys und Girls Day, zwei Veranstaltungen, die überhaupt nicht gleichwertig sind: Während beim Girls Day Mädchen Einblick in Universitäten, Forschungszentren und sonstige akademische Berufe erhalten (selbst dann, wenn sie bereits die Mehrheit der Studenten stellen, z.B. in der Biologie) (der Girls Day wird deshalb vom Bildungs- und Frauenministerium unterstützt, der Boys Day nur vom Frauenministerium), beschränkt es sich bei Buben auf Erzieher, Krankenpfleger, Altenpfleger, Hauswirtschaftler und auch noch ein bisschen Grundschullehrer; fast die gesamte Palette an akademischen Berufen wird den Buben vorenthalten, wodurch dieser Tag sicherlich nicht dazu geeignet ist, ihre Lernmotivation zu fördern und so die himmelschreiende Ungerechtigkeit des niedrigeren Abituranteils von Buben zu verringern. Er kann sogar kontraproduktiv sein: Z.B. hat das Otto-Pankow-Gymnasium in Mühlheim/Ruhr am letztjärigen Boys´ Day die Gymnasiasten der 8. Klasse dazu verdonnert, sich einen der genannten Berufe (Erzieher, Pflege) anzusehen. Auf die Idee, dass es auch Frauenberufe auf gymnasialem Niveau gibt, sind sie nicht gekommen. Dabei gibt es sehr viele Fächer mit Frauenüberschuss: Psychologie, Medizin, Veterinärmedizin, Zahnmedizin, Journalismus, Sprachen, Biologie, Life Sciences, Teile von Jura und Justiz (dazu habe ich ihrer Kollegin Merk eine Frage gestellt). Was gedenken Sie zu unternehmen, um die Universitäten dazu zu bringen, tatsächlich in gleicher Anzahl und nicht nur ideologisch auf Lehramt und Soziales verengt Jungenförerprogramme durchzuführen? Halten Sie es für sachgemäß, aus dem Boys´ Day das Bildungsthema auszuklammern (und Buben die Berufe anzupreisen, die man Mädchen nicht mehr zumuten will) und wie wollen Sie allgemein die Bildungschancen von Jungen und Mädchen angleichen? Worin sehen Sie die schlechteren Schulergebnisse begründet? Und was halten Sie von der ideologischen Verengung des bisherigen Boys Day?

MfG
Andreas Rheinhardt

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Rheinhardt,

vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 20.03.2012, in der Sie Ihre Sicht auf den im letzten Jahr erstmals bundesweit durchgeführten Boy´s Day darlegen.

Prinzipiell erachte ich es für sinnvoll, dass der Boy´s Day dazu genutzt wird, Jungen Einblick in Berufe zu geben, die von ihnen nicht selbstverständlich als Option für die eigene Berufswahl wahrgenommen werden oder mit klassischen männlichen Rollenbildern korrespondieren. Beispielsweise im Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe fehlen schon heute männliche Fachkräfte, die als realistische Rollenvorbilder für die betreuten Buben fungieren könnten. Jungen durch ein Eintagespraktikum mit diesen Tätigkeitsfeldern in Kontakt zu bringen, kann dazu beitragen, dass Jungs auch solche Bereiche für ihre Berufswahl mit bedenken. Welche Projekte an den einzelnen Orten angeboten werden, hängt von den örtlichen Aktionspartnern ab. Sicherlich wird sich das Angebot über die Jahre diversifizieren. Auch der Girl´s Day hat vor elf Jahren klein begonnen.

Zudem verfolgt der Boy´s Day meines Wissens nicht die völlig gleiche Zielsetzung wie der Girl´s Day. Diese kommt auch im Zusatz, „Neue Wege in der Berufsorientierung und im Lebensverlauf von Jungen“ zum Ausdruck. So geht es beim Boy´s Day neben der Erweiterung des Berufswahlspektrums wesentlich stärker auch darum sowohl die soziale Kompetenz von Jungen (z.B. durch verschiedene Gruppenarbeiten) zu stärken als auch die Jungen anzuleiten, Männerleit- und Rollenbilder zu reflektieren.

Hier spielt auch der von Ihnen angesprochene geringere Schulerfolg von Jungen hinein. Soweit man heute weiß, nutzen Jungen die Schule wesentlich stärker als Bühne zur Inszenierung von Männlichkeit. Oftmals findet die Orientierung an Männlichkeitsnormen statt, die schulische Erfolge nicht unbedingt befördern. So wollen Jungen lieber nicht als Streber gelten. Insgesamt sollte man sich jedoch vor Pauschalierungen hüten. Zeigen Schulleistungsvergleichsstudien doch gleichzeitig, dass Jungen in der Gruppe der sehr erfolgreichen Schülerinnen und Schüler zahlenmäßig überwiegen. Jungen bilden eine wesentlich heterogene Leistungsgruppe als Mädchen. In derzeitigen Diskussion über Bildungschancen werden deshalb auch Aspekte der Geschlechtergerechtigkeit nicht übersehen. Die jeweilige Umsetzung und Schwerpunktsetzung obliegt den einzelnen Bundesländern, denn Schul- und Bildungspolitik liegt in der Hoheit der Länder.

Mit freundlichen Grüßen

Gerda Hasselfeldt, MdB