Frage an Gerda Hasselfeldt von Frederik F. bezüglich Jugend
Sehr geehrte Frau Hasselfeldt,
im Artikel „Lammert kritisiert Regierung“ vom 16.06.2012 auf Spiegel Online geht es um den Abbruch der Bundestagsdebatte zum Betreuungsgeld am Vortag. Im Artikel werden sie mit Verweis auf ein Interview in der Neuen Passauer Presse mit den Worten "Wer das Wesen der Demokratie so mit Füßen tritt, disqualifiziert sich für die Aufgabe als Abgeordneter" zitiert. Nun konnte ich leider, den Wortlaut nicht in jener Zeitung nachprüfen, da diese Äußerung jedoch auch in anderen Onlinemedien kolportiert wird, gehe ich davon aus, dass sie stimmt.
Nun stellen sich mir im Bezug auf ihre Aussage folgende Fragen:
1. Ist es für das Wesen der Demokratie förderlich, wenn zu einer Debatte um ein zukunftsweisendes und enorm wichtiges Thema über 120 Abgeordnete der Koalition nicht kommen? Zeugt das nicht von einem gewissen Desinteresse ihrer eigenen Fraktionskollegen?
2. Laut dem ZDF-Politbarometer vom 15.06.2012 sind nur 25% der Deutschen für die Einführung des Betreuungsgeldes, 71% der Befragten sind dagegen. Finden Sie, dass es dem Wesen der Demokratie wirklich förderlich ist, wenn mit dem Durchboxen eines umstrittenen Gesetzes derart gegen den Volkswillen verstoßen wird? Und tun sie den Menschen, denen Sie die Eignung als Abgeordnete absprechen nicht Unrecht, weil diese als wahre Vertreter der offensichtlichen Mehrheit agieren?
Ich bin 20 Jahre alt und erlebe in meinem persönlichen Umfeld oft, dass sich Menschen von der Politik nicht mehr ernstgenommen und verstanden fühlen. Was sollen diese Menschen von einer Demokratie halten, die ein Gesetz verabschiedet, dass von der Mehrheit der Bevölkerung (und auch einem Großteil der Koalitionsabgeordneten) nicht gewollt ist, nur weil eine (zugegebenermaßen einflussreiche) Regionalpartei ihre Klientelinteressen durchsetzen möchte? Widerstand dagegen wird dann auch noch als antidemokratisch diffamiert.
Mit der Bitte um eine Antwort verbleibe ich mit besten Grüßen aus Karlsruhe
Frederik Franz
Sehr geehrter Herr Franz,
vielen Dank für Ihre Anfrage, gerne erläutere ich Ihnen meine Haltung zum Verhalten der Oppositionsparteien am Freitag der letzten Sitzungswoche.
Meine Kritik richtet sich an die Opposition, die die Geschäftsordnung grob zweckentfremdet hat. Mehr als zwei Drittel der CDU/CSU fanden sich ein, um über den aufgerufenen Antrag von SPD und Grünen abzustimmen. Absichtlich ist jedoch die Opposition vor der Türe geblieben und hat sich einer ordentlichen Fortführung der Tagesordnung verweigert. Diese Verweigerungshaltung zeugt nicht bloß von schlechtem politischen Stil, sondern ist ein bisher nicht gekanntes parlamentarisches Foulspiel. Schließlich obliegt es nicht allein der Regierungskoalition, die Beschluss- und damit die Arbeitsfähigkeit des Bundestages sicherzustellen. Abgeordnete haben selbstverständlich auch Termine und Aufgaben außerhalb des Plenums; sehr oft für die Menschen in ihrem jeweiligen Wahlkreis. Wer aber ganz bewusst einer Abstimmung zu einem eigenen Tagesordnungspunkt fern bleibt, um die Beschlussfähigkeit zu sabotieren, der handelt aus meiner Sicht parlamentarisch unverantwortlich. Die Beschlussfähigkeit ist deshalb auch nicht mit der Mehrheitsfähigkeit zu verwechseln. Letztere war mit der Anwesenheit der Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion gegebenen.
Die parlamentarische Demokratie zeichnet sich gerade dadurch aus, dass die inhaltliche und sachpolitische Kontroverse im Parlament und den zuständigen Ausschüssen geführt wird. Hier kann auch jeder Abgeordnete seine Meinung zum Gegenstand vorbringen. Am Ende der Beratungen entscheidet dann die Mehrheit.
Dabei ist nicht allein die CSU von der Richtigkeit des Betreuungsgeldes überzeugt, auch die CDU hat das Betreuungsgeld in ihrem Grundsatzprogramm verankert. Als Teil einer modernen Familienpolitik, die die Wahlfreiheit der jungen Familien in den Mittelpunkt stellt, haben wir das Betreuungsgeld gemeinsam mit der FDP auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Zum Schluss möchte ich festhalten, dass besonders die 20- bis 38jährigen dem Betreuungsgeld positiv gegenüber stehen. Es befürworten damit genau diejenigen die neue Familienleistung, für die sie gedacht ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Gerda Hasselfeldt, MdB