Frage an Gregor Gysi bezüglich Finanzen

Portrait von Gregor Gysi
Gregor Gysi
DIE LINKE
94 %
332 / 354 Fragen beantwortet
Frage von Christoph H. •

Frage an Gregor Gysi von Christoph H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Gysi,

da ich Honorarberater für Finanzen, Versicherungen und Steuern bin und was von der Thematik verstehe, bin ich auf der Suche nach einer Antwort für diese in meinen Augen völlig sinnfreie Sparpolitik der jetzigen Regierung. Es schließt sich der Kreis.

Reichskanzler Brüning 1930, Gerhard Schröder 2004 und Angela Merkel 2009: Wir wissen aus der deutschen Geschichte ganz genau, wie man es richtig macht, und was passiert, wenn man es flasch macht. Brünings unbeirrbares Ansparen gegen die Wirtschaftskrise führte zum Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft und Demokratie mit katstrophalen Folgen für Deutschland und die Welt.

Schröders rechtzeitiges Umschenken vom gleichen verhängnissvollen Sparkurs auf Reformen mit konjunkturunterstützenden Maßnahmen brachte für Deutschland die wirtschaftliche Trendwende.

Merkels radikales Investieren gegen die Krise führte Deutschland in sensationeller Weise durch diese Turbulenzen und zu einer Spitzenposition unmittelbar nach selbiger.

Können Sie mir jetzt bitte irgendwie erklären, warum wir wider besseres Wissen von unseren südlichen Nachbarn das genaue Gegenteil verlangen, von dem wir selbst überzeugt sind? Warum wir von diesen Staaten verlangen, das Gegenteil von dem zu tun, was wir gemacht haben?

Das kann man eigentlich nur noch mit maßloser Borniertheit oder Boshaftigkeit erklären. Beides würde mir gleichermaßen Sorge bereiten.

Haben Sie darauf eine Antwort?

Um noch etwas anzuhängen...

Das gesamte östliche Mittelmeer „schwimmt“ auf riesigen Öl- und vor allem Erdgasvorkommen. Diese Erdgasvorkommen würden nach aktuellen Schätzungen ausreichen, um Europa für Jahrzehnte mit Erdgas zu versorgen. Warum wird in den Medien nichts darüber berichtet? Momentan sind Amerikanische Firmen am Werk und fördern. Warum sind nicht wir Deutsche dort und machen Wirtschafsaufschwung?
Die Krise wäre beendet!

Vielen Dank im Vorraus für Ihre Antwort.

Liebe Grüße aus dem Allgäu.

Christoph M. Hennevogel

Portrait von Gregor Gysi
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Hennevogel,

mit Interesse habe ich Ihre Nachricht vom 11. September zur Kenntnis genommen.

Letztlich ist auch mir unverständlich, weshalb die Regierung einen solchen Weg geht. Wahrscheinlich haben sie falsche und einseitige Berater. Sie sind davon überzeugt, dass nur so Südeuropa wettbewerbsfähig wird, was großer Unsinn ist. Wir schaden nicht nur Südeuropa, sondern beschädigen auch unsere Exporte. Sie haben auch mit Ihrem Beispiel hinsichtlich Reichskanzler Brüning Recht. Es kommt noch etwas hinzu. Die Siegermächte des 1. Weltkrieges konnten nicht aufhören zu siegen, was in gewisser Hinsicht auch eine Hilfe für den Rechtsextremismus in Deutschland war. Die Siegermächte nach dem 2. Weltkrieg konnten aufhören und organisierten einen Marshallplan zum Wiederaufbau Europas und Deutschlands. Warum wenden wir in Südeuropa die Methode von Versailles an und legen keinen Marshallplan auf?

Letztlich kann ich Ihnen auch nicht beantworten, weshalb diese Fehler begangen werden. Allerdings bin ich froh, dass meine Fraktion als einzige dem widerspricht.

Wenn ich in der Regierung wäre, hätte ich übrigens drei unterschiedliche Beratergruppen herangezogen und nicht eine. Das ist viel zu einseitig. So kann man keine vernünftigen politischen Entscheidungen treffen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Gregor Gysi
Gregor Gysi
DIE LINKE