Frage an Gregor Gysi bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Gregor Gysi
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Frage von Roger O. •

Frage an Gregor Gysi von Roger O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

das Thema Diätenerhöhung ist momentan in aller Munde. Wie stehen Sie persönlich dazu? Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass Sie zu den Politikern zählen, die über ein durchaus als erheblich anzusehendes "Nebenverdienstvolumen" verfügen.

Wie erklären Sie dem "einfachen Menschen" auf der Straße diese Situation? Insbesondere als Abgeordneter der Linken?Gerade in Zeiten immer größer werdender Politikverdrossenheit kann doch die Diätenerhöhung in Verbindung mit erheblichen Nebeneinkünften nur zum Unmut in der Bevölkerung führen. Treiben nicht solche Dinge immer mehr Menschen, vor allem viele Jugendliche ohne Berufsperspektive, in die Arme der Gruppierung des rechten Lagers?

Über eine Antwort wäre ich sehr erfreut.

Mit freundlichen Grüßen
Roger Oppermann

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Sehr geehrter Herr Oppermann,

in Deutschland leben zur Zeit 2,6 Millionen Kinder in Armut. 7,4 Millionen Menschen beziehen ausschließlich oder zusätzlich ALG II. 1,33 Millionen Menschen sind Aufstocker, d. h. sie verdienen als Vollzeitbeschäftigte so wenig, dass sie zusätzlich Sozialleistungen bekommen, um überhaupt existieren zu können. 6,6 Millionen Menschen haben einen so genannten Minijob, d. h. sie verdienen ebenfalls extrem wenig. 800 000 Menschen sind in Leiharbeit tätig, davon 275 000 als Aufstocker. Sie verdienen zwischen 1/3 und 2/3 von dem, was andere in gleicher Tätigkeit verdienen. Sie werden immer mehr von Unternehmen genutzt, um Lohnsenkungen bei der eigenen Belegschaft durchzusetzen. In den letzten 10 Jahren gab es in Deutschland einen Reallohnverlust von 6 %. Rentnerinnen und Renter erleben nichts anderes als Minusrunden, d. h. dass unter Berücksichtigung steigender Beiträge und der Inflationsrate sie real von Jahr zu Jahr weniger finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. In eine solche Situation mag alles mögliche passen aber nicht eine Selbstbedienung durch Diätenerhöhung. Deshalb habe ich sie abgelehnt. Da sie dennoch beschlossen wurde, werde ich mein Spendenverhalten erweitern.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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