Frage an Günter Garbrecht von Friedhelm W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
An die Mitglieder des Ausschusses für Arbeit und Soziales
Sehr geehrter Herr Garbrecht
Wirtschaft und Politik beklagen ständig den Fachkräftemangel, übersehen aber die große Anzahl der Langzeitarbeitslosen, die gut ausgebildet, lernbereit und motiviert sind, aber keine Chance auf dem Arbeitsmarkt bekommen, weil meist eine 2 bis 5 jährige Berufserfahrung erwartet wird. Doch wie soll jemand Berufserfahrung sammeln ( meist nach einem Studium ), wenn ihm nie eine Chance gegeben wird, diese zu erlangen. Erklären Sie das den Betroffenen !!! Zwar bieten die Arbeitsagenturen gelegentlich Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen an, die aber meist nicht zielführend sind. ( Siehe geringe Vermittlungsquote der AA. )
Mich würde von Ihnen interessieren,
1) wie hoch sind die Einstellungsquoten nach erfolgreich bestandenen Weiterbildungsmaßnahmen ?
2) gibt es Studien der AA / Weiterbildungsagenturen, die die Ursachen der Erfolglosigkeit nach diesen Maßnahmen erforscht haben ? Nachfrage bei den Absolventen nach 1 Jahr ?
3) gibt es abgestimmte Weiterbildungsmaßnahmen mit der Wirtschaft, Verwaltung usw. die wirklich zielgerichtete Maßnahmen mit einer befristeten Übernahme ( zur Erlangung von Berufserfahrung / evtl über eine Quotenregelung ) anstreben oder anbieten ?
4) Interessiert sich die Politik überhaupt noch für die oben gestellte Fragen, oder gibt es keine Bestrebungen mehr für diese Gruppe, die von keiner Lobby vertreten wird, eine reelle Chance zu geben ? ( konzertierte Aktion ) Oder sind die Betroffenen uninteressant, weil die nicht aus bildungsfernen Milieu stammen und nicht zur Radikalität neigen ?
An diesen Fragen erkennen Sie die Politikverdrossenheit, Frust und Resignation der jungen ( 25-40 Jahre ) Langzeitarbeitslosen, die keine Chancen mehr auf dem Arbeitsmarkt haben. Von allen etablierten Parteien hat man nur Allgemeinsätze vernommen, aber keine konkrete Vorschläge. Wozu dann noch wählen gehen ?
Sehr geehrter Herr Wieteczka,
lassen sie mich folgende Vorbemerkung machen:
Ich würde Sie gerne über diese Antwort hinaus zusätzlich auf meine Facebook-Seite (www.facebook.com/guenter.garbrecht) sowie auf meine Homepage (www.guenter-garbrecht.de) verweisen. Hier beziehe ich durch eigene Stellungnahmen oder durch Kommentierung von Veröffentlichungen zur Arbeitsmarktpolitik Stellung.
Die erfolgreiche Überwindung der Arbeitslosigkeit, die Problemlage der Langzeitarbeitslosen ist sozusagen einer der Kernpunkte meiner politische Arbeit - nicht erst als Landtagsabgeordneter, sondern auch schon als Mitglied des Rates der Stadt Bielefeld.
Ihrem Eindruck, dass Langzeitarbeitslose keine Lobby haben, sondern im Gegenteil, sich als „selbst schuld an ihrer Situation“, dem „anstrengungslosen Wohlstand frönend“ (Westerwelle), oder in der Bildzeitung in regelmäßigen Abständen als „Arbeitsfaule“ verhöhnen lassen müssen, kann ich nicht ernsthaft widersprechen.
Der Grundsatz des “Fördern und Forderns“, den ich im Grundsatz für positiv halte, ist mittlerweile begrenzt auf ein Fordern. Viele empfinden es auch als reine Schikane.
Zu ihren Fragen im Einzelnen:
Zu 1.+2:
Es gibt eine ausgeprägte Wirkungsforschung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.
Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung verfolgt und untersucht schon viele Jahre den Erfolg und auch Nichterfolg arbeitsmarktpolitischer Förderprogramme
(http://www.iab.de/).
Generell lässt sich folgende Aussage treffen: Je kürzer arbeitslos, je qualifizierter, umso erfolgreicher sind Qualifizierungsmaßnahmen.
Im Umkehrschluss: Je länger arbeitslos, bei geringer Qualifikation, desto schwieriger sind die Erfolgsaussichten.
Die Maßnahmen sind überwiegend auf die erste Gruppe ausgerichtet.
Das ist Leitlinie der Agentur für Arbeit, vorgegebenen durch die Bundesregierung.
Die Gruppe der Langzeitarbeitslosen braucht längere Qualifizierungsmaßnahmen.
Diese sowie auch alle anderen Förderprogramme für Langzeitarbeitslose hat die schwarz-gelbe Bundesregierung zurückgefahren.
Die Agentur kann über einen längeren Zeitraum nachverfolgen, ob eine Qualifizierungsmaßnahme auch zu einer erfolgreichen Beschäftigung führt, oder eine erneute Arbeitslosmeldung erfolgt. Derzeit werden nur Zahlen nach 6 Monaten veröffentlicht.
Zu 3:
Die stärkste Ankoppelung an Unternehmen ist die Zahlung von Eingliederungszuschüssen an Arbeitgeber, die einen Arbeitslosen einstellen. Für einen gewissen Zeitraum zahlt die Agentur einen Zuschuss zum Lohn. Höhe und Dauer wird jeweils individuell vereinbart. Ein weiteres auf Qualifizierung geringqualifizierter in Unternehmen ist das Programm WEGEBAU.
Unternehmensnähe allein löst aber nicht automatisch die Probleme der Langzeitarbeitslosen.
Zu 4:
Die Frage 4 habe ich schon in der Vorbemerkung angesprochen. Im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel sind wir gezwungen auf keinen zu verzichten. Ebenso wie wir in NRW sagen „kein Kind zurücklassen“, wollen wir auch keinen Jugendlichen zurücklassen. Wir sehen es als Verpflichtung an, jedem Jugendlichen nach der Schule auch eine Ausbildung zu ermöglichen.
Ein Recht auf Arbeit ist schon in der Landesverfassung normiert. Dies ist mir und der SPD Verpflichtung.
i.A.
Jörg Rodermund
Bürgerbüro Günter Garbrecht