Frage an Gustav Herzog bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Gustav Herzog
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Frage von Georg M. •

Frage an Gustav Herzog von Georg M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Seit nunmehr 1 Jahr beschaeftigt sich der eingesetzte Runde Tisch mit dem Thema heimerziehung der 50er 60ziger Jahre. Vor wenigen Tagen wurde ein von Seiten des Tisches und der Kirchen / Verbaende gelobter Zwischenbericht veroeffentlicht.
Ist eigentlich von Seiten des Bundestages eine Kontrolle des RT durchgefuehrt oder geplant?
Es sieht doch aus, als wuerde an den Belangen der Betroffenen, ich bin einer davon, gewaltig vorbei gearbeitet. Erschreckend ist die Entscheidung der geschlossenen Tueren, der Auferlegung, keine Verlautbarungen nach aussen. Wobei ich bezweifle, das die Kirchen und Verbandvertreter sich nicht mit Ihren Institutionen absprechen. Verblueffend ist, das anscheinend unbemerkt von allen, in der anschliessenden Diskussion dargelegt wurde, das alles nur die Meinung der Vertreter des RT wiedergibt, sich aber nicht zwangslaeufig eine Verbindlichkeit der beteiligten Organisationen ableiten laesst. Auch die seltsame Wortauslegung sowie Rechtsauffassung ( in meinen Augen fast Rechtsbeugung) der Wortfuehrerin bzgl. Menschenrechte und Zwangsarbeit zeugt meiner Meinung von einer Fehlbesetzung dieser Position. (Wir haben doch ein Grundgesetz) Wenn Sie die (un)paritaetische Besetzung und die Besetzung durch Frau Vollmer und deren Wortgerangel verfolgen, draengt sich der Verdacht auf, das am Ende ein bedauerliches NICHTS als Resultat erfolgt. Juristen wurden den Betroffenen Vertretern versagt, ueberdies sind leider nur 3 "Endstation Verteter" ,also aus extrem Fuersorgeheimen, anwesend.
Aus den ebenso furchtbaren, wenn eben "normalen Heimen" ist keine Vertretung an diesem RT
Das laesst denn auch weiterhin die Aussage von EINZELFAELLEN zu. Nachstehend gebe ich Ihnen noch die Kopie eines Leserbriefes wieder, der ich wuenschte, Ihnen Anlass zum Nachdenken und dann hoffentlich Anlass zum Nachfragen gibt.
Wuerde mich freuen, von Ihnen zu hoeren. Kappt leider nicht, Text zu lang.

Naehere Ausfuehrungen auf Wunsch
Mit freundlichem Gruss
Georg Marinelli

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Marinelli,

vielen Dank für Ihre Frage zum Runden Tisch zur Heimerziehung in den frühen Jahren der Bundesrepublik.

Der Runde Tisch wurde vom Deutschen Bundestag eingesetzt, um die vielfältigen und teilweise erheblichen Verfehlungen in vielen Kinderheimen in den 50ger und 60ger Jahren zu thematisieren, aufzuarbeiten und dem Deutschen Bundestag Empfehlungen zum Umgang mit den Folgen für die Opfer zu geben. Die Einsetzung dieses Gremiums erfolgte u. a. auf maßgeblichen Druck der SPD-Bundestagsfraktion gegen Widerstände innerhalb der Union, die dieser wichtigen Thematik kein vergleichbares Forum bieten wollten. Für die SPD jedoch ist die Aufarbeitung des Unrechtes an Kindern und Jugendlichen ein wichtiges Anliegen.

Der Runde Tisch arbeitet ausdrücklich unabhängig vom Parlament und ist dem Deutschen Bundestag vor dem Abschlussbericht, den wir Ende 2010 erwarten keine Empfehlung schuldig. Daher gibt es auch weder Grundlage, noch Veranlassung, dieses unabhängige Gremium jetzt oder vor dem Abschlussbericht zu kontrollieren. Liegt uns dann der Bericht vor, werden wir ihn im Bundestag diskutieren und mögliche gesetzgeberischen Konsequenzen in den Ausschüssen beraten und im Plenum abstimmen.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist es aus meiner Sicht schon ein wertvoller Erfolg, dass in Politik und Gesellschaft ein Bewusstsein für die Problematik der Opfer dieser „Erziehungsmethoden“ entstanden ist, dass das Schicksal Abertausender nicht alleine Teil privater Tragödien und Traumata bleibt, sondern sich die Gesellschaft diesem Teil ihrer Nachkriegsgeschichte stellt. Mit Gesellschaft meine ich die breite Öffentlichkeit, die Kirchen, unter deren Leitung viele der problematischen Heime standen und natürlich auch uns Volksvertreter.

Bezüglich Ihrer Kritik an der bisherigen Arbeit der Runden Tisches kann ich nicht persönlich Stellung nehmen, da ich dem Gremium nicht angehöre, daher auch nicht über die realen oder vermeintlichen Interna informiert bin und meine Aufgabe als Parlamentarier in der Sache wie oben erwähnt erst mit dem Abschlussbericht beginnen wird. Dafür bitte ich um Ihr Verständnis. Gerne leite ich aber Ihren kritischen Beitrag an meine Kollegin Marlene Rupprecht als Mitglied des Runden Tisches weiter, wenn Sie dies wünschen.

Mit freundlichen Grüßen
Gustav Herzog