Frage an Hans-Michael Goldmann bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

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Hans-Michael Goldmann
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Frage von Christoph R. •

Frage an Hans-Michael Goldmann von Christoph R. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Goldmann,

mit Abscheu und Ekel habe ich den Bericht der Sendung Kontraste vom 30. Juli 2009 ( http://www.rbb-online.de/kontraste/index.html ) über die betäubungslose Kastration von Ferkeln gesehen.

Eingedenk der Staatszielbestimmung des Artikel 20a Grundgesetz, wonach der Staat die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Recht und Gesetz durch die Exekutive und die Judikative schützen soll, empört es mich, dass das Tierschutzgesetz die Praxis der betäubungslosen Kastration von jungen Ferkeln, Rindern, Schafen und Ziegen bis heute zulässt.

In § 5 Abs. 3 TierSchG heißt es wörtlich:

(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich
1. für das Kastrieren von unter vier Wochen alten männlichen Rindern, Schafen und Ziegen, sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt,
1a. für das Kastrieren von unter acht Tage alten männlichen Schweinen, sofern kein von
der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt.

In Ansehung Ihrer Mitgliedschaft im Ausschuss des Bundestages für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz möchte ich Sie daher fragen, inwieweit Sie die vorgenannte gesetzliche Norm für gemeinhin ethisch vertretbar halten, welcher vernünftige Grund die oben beschriebene Zufügung von Schmerzen zu rechtfertigen vermag (§ 1 Satz 2 TierSchG: Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen)

ob Sie Initiativen ergriffen haben, § 5 Abs. 3 Nr. 1 und 1a TierSchG ersatzlos zu streichen
und
inwieweit in der landwirtschaftlichen Praxis Möglichkeiten ausgeschöpft werden, Schmerzen und Leiden der Tiere trotz fehlender Betäubung zu vermindern (§ 5 Abs. 1 Satz 4 TierSchG: Ist nach den Absätzen [...] 3 [...] eine Betäubung nicht erforderlich, sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Schmerzen oder Leiden der Tiere zu vermindern).

Mit vorzüglichen Grüßen,

Christoph Rostig

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FDP

Sehr geehrter Herr Rostig,

die betäubungslose Kastration von Ferkeln ist aus tierschutzpolitischer Sicht eine sehr wichtige Thematik, mit der wir uns im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz schon seit Längerem befassen. Ich glaube, dass der Bericht in der Sendung Kontraste viele Verbraucher für die Tatsache der Kastration erst sensibilisiert hat, denn der Großteil der Bevölkerung ist sich nicht darüber bewusst, dass seit jeher die Schweine kastriert werden, damit der Ebergeruch ausbleibt und für uns Mitteleuropäer das Fleisch überhaupt schmackhaft ist. Um nun auf Ihre Fragen einzugehen, kann ich Sie in sofern beruhigen, dass seit April dieses Jahres schmerzlindernde Mittel bei der Kastration eingesetzt werden und somit die kleinen Ferkel keine Schmerzen mehr beim Eingriff spüren. Dies begrüße ich zum Schutz der Tiere sehr.

In der kommenden Zeit sind wesentlich größere Verbesserungen im Bereich Kastration zu erwarten. Doch muss dies EU-weit angestrebt werden, um ein Optimum an Tierschutz zu gewährleisten und Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der heimischen Wirtschaft zu vermeiden. Ziel ist es natürlich, gänzlich auf die Kastration zu verzichten, sobald ein praxistaugliches Verfahren zur Verfügung steht. Bis dahin sollte die Ferkelkastration nur noch in Verbindung mit einem schmerzstillenden Mittel durchgeführt werden, um den Tieren unnötige Qualen zu ersparen. Als zukunftsweisend wird die Impfung gegen den unerwünschten Ebergeruch beim Schweinefleisch, die der Pharma-Konzern Pfizer entwickelt hat, bezeichnet. Pfizer hat nach meinem Wissen vor etwa zwei Monaten die EU-weite Zulassung erhalten. Hierbei handelt es sich um zwei zeitversetzte Impfungen, die vom Bauern durchgeführt werden sollen. Die Impfungen führen dazu, dass den Schweinen gar keine Hoden mehr wachsen und somit der schmerzhafte Eingriff entfällt. Das Präparat befindet sich gerade in der Testphase auf einigen Bauernhöfen. Wenn man sich hundertprozentig sicher ist, dass das Präparat sich nicht auf den menschlichen Organismus auswirkt, ist es eine tolle Alternative, um den Tieren die Schmerzen zu ersparen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr

Hans-Michael Goldmann