Frage an Hans-Michael Goldmann von Jan-Philipp B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Goldmann,
vom 25. - 27.11. fand in Hamburg ein Schülerparlament zum Thema Gentechnik und Gendiagnostik statt. 100 Schülerinnen und Schüler debattierten in der Hamburgischen Bürgerschaft ( http://www.wissenschaft-im-dialog.de/de/projekte/wissenschaft-debattieren/schuelerparlamente/hamburg.html ).
Die Jugendlichen haben unter anderem ein Thesenpapier zur "grünen Gentechnik" verabschiedet. Im Namen der Schülerinnen und Schüler würde ich Sie gern um eine Stellungnahme zu den folgenden von der Mehrheit verabschiedeten Thesen bitten:
1. Die breite Bevölkerung muss über die Möglichkeiten der „grünen Gentechnik“ informiert werden. Hierzu sind eine größere Transparenz über die Ergebnisse der Forschung und der Herstellungsprozesse erforderlich. Außerdem soll durch gezielte Aufklärung das Verständnis der differenzierten Positionen zur Frage der Gentechnik geschärft werden.
2. Es soll eine unabhängige, internationale Organisation zur grenzübergreifende Koordination und Kontrolle der Nutzung der „grünen Gentechnik“ gegründet werden.
3. Die „grüne Gentechnik“ muss an die individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Einsatzortes, zum Beispiel Trockenheit, Schädlingsvorkommnisse oder infrastrukturelle Rückstände, angepasst werden. Zudem fordern wir, dass auch andere Methoden zur Verbesserung des Ertrages als nur die genetische Veränderung von Organismen erforscht werden.
4. Um den Verbrauchern mehr Transparenz zu bieten, müssen alle Produkte, zu deren Herstellung „grüne Gentechnik“ verwendet wurde, entsprechend gekennzeichnet werden. Dies soll ausdrücklich auch die bloß indirekte Verwendung von gentechnisch veränderten Erzeugnissen, zum Beispiel zur Fütterung von Schlachtvieh, einschließen.
5. Die „grüne Gentechnik“ soll so angewandt werden, dass Ökosysteme mit ihrer Artenvielfalt und Lebensräumen in keiner Weise geschädigt oder gefährdet werden.
Herzlichen Dank für Ihre Stellungsnahme!
Jan-Philipp Beck
Schwarzkopf Stiftung, Berlin
Sehr geehrter Herr Beck,
sie haben mich aufgefordert eine Stellungnahme nur Grünen Gentechnik abzugeben, das will ich gerne tun.
Es ist mir bewusst und ich beobachte auch mit großer Sorge, dass das Thema Grüne Gentechnik höchst emotional diskutiert wird. Die Position der FDP-Bundestagsfraktion ist sehr gut begründet. Wir nehmen dabei aber die Bedenken der Wählerinnen und Wähler sehr ernst. In Deutschland sind viele Millionen Euro für die Sicherheitsforschung ausgegeben worden. Auf den Internetseiten www.biosicherheit.de und www.transgen.de ist dies dokumentiert. Die bereits Anfang der 90iger Jahre durchgeführte Technikfolgenabschätzung hat ergeben, dass bei der Beurteilung der Sorten nicht die Züchtungsmethode sondern die Eigenschaften der gezüchteten Sorte von entscheidender Bedeutung sind. Vor diesem Hintergrund geben wir als eine vernunftorientierte Partei, nicht den Horrorvisionen nach.
Die Gentechnik Kennzeichnung der alten Bundesregierung hatten wir seinerzeit heftig kritisiert und setzen uns in der aktuellen Koalition dafür ein, dass dort wo Gentechnik drin ist, dies auch verzeichnet wird, da wir dem Grundsatz der Verbraucheraufklärung treu ergeben sind.
In der EU sind zurzeit nur gentechnisch veränderter Bt-Mais und eine Stärkekartoffel, deren Stärke insbesondere in der Papierherstellung Verwendung finden soll, zum Anbau zugelassen. Es gibt viele Landwirte, die wegen des hohen Befallsdrucks durch den Maiszünsler auf den Anbau von Bt-Mais setzen. Nach einer Information des Bayrischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz bevorzugen Futtermittelerzeuger in Spanien Bt-Mais, weil er den Vorteil aufweist, „frei von krebserzeugenden Aflatoxinen zu sein. Als Sekundärinfektion kommt es nach einem Maiszünslerbefall häufig zu Pilzbefall mit der Folge erhöhter Aflatoxingehalte im Mais“. Warum sollen wir den Anbau von Mais, der eine verminderte Aflatoxinbelastung hat, für die Tiere gesünder ist, verbieten? Die FDP will den Landwirten die Entscheidungsfreiheit bewahren, nach welchen Anbauverfahren sie ihr Land bewirtschaften, welche Sorten sie anbauen. Wir setzen auf die Eigenverantwortung der Landwirte. Deshalb ist es deren Sache, bei wem sie Saatgut einkaufen, welche Verträge sie unterschreiben. Landwirte sind eigenständige Unternehmer, die keine Bevormundung brauchen. In Bayern ist in einer Langzeitstudie die Wirkung des Anbaus von Bt-Mais auf die Artenvielfalt im Vergleich zur Bekämpfung des Maiszünslers mit chemischen Pflanzenschutzmitteln untersucht worden. (5 Standorte über 4 Jahre). Im Ergebnis wurde nachgewiesen, dass der Anbau von Bt-Mais naturverträglicher ist als die Bekämpfung des Maiszünslers mit chemischen Pflanzenschutzmitteln. Die Aussage, dass Grüne Gentechnik die Artenvielfalt zerstört, ist so nicht richtig. Da der Maiszünsler sich in Deutschland weiter ausbreitet (der Maiswurzelbohrer hat in einem Jahr in den USA Ertragsausfälle und Pflanzenschutzmittelaufwendungen in Höhe von 1 Milliarde Euro verursacht) ist es wichtig, verschiedene Optionen zur Bekämpfung der Schadinsekten zur Verfügung zu haben. Der Anbau von Bt-Mais ist eine Option. Es ist richtig, dass in einer klein strukturierten Landwirtschaft die vorgesehenen Abstände den Anbau von Bt-Mais unmöglich machen. Mit dieser Zielrichtung hatte die alte Bundesregierung diese Abstände beschlossen. Daher wird der Anbau von Bt-Mais sehr begrenzt bleiben. Die Bevölkerung hat ein Recht auf umfassende Informationen über die Züchtungsmethode Grüne Gentechnik. Als Liberale fühlen wir uns dem mündigen Bürger verpflichtet, der eigenverantwortlich entscheiden möchte und dafür wissenschaftlich fundierte Sachinformationen braucht. Deshalb ist es unsere Pflicht, als Liberale einen Beitrag zur Aufklärung zu leisten und nicht, die diffusen Ängste, die den Bürgerinnen und Bürgern von einzelnen Organisationen eingeredet werden, zu schüren.
Mir ist bewusst, dass viele Menschen das Gefühl haben, die Grüne Gentechnik bedeute ein Risiko. Sie stehen deshalb der Gentechnik skeptisch gegenüber. Diese gefühlten Risiken nehme ich sehr ernst. Aber gefühlte Risiken können kein Grund sein, die bisher als sehr sicher bewährte Züchtungsmethode Grüne Gentechnik zu verbieten oder zu behindern. In den Jahren des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen auf inzwischen weit über 110 Millionen Hektar, das ist drei Mal die Fläche von Deutschland, sind die hypothetisch als möglich erachteten Gefahren alle nicht eingetreten. Statt weiter über hypothetische Risiken zu debattieren, sollten wir die realen Chancen der Züchtungsmethode nutzen. Patrick Moore, Mitbegründer von Greenpeace und langjähriger Direktor von Greenpeace International stellt fest: „In der Abwägung ist klar: Die realen Vorteile von genetischer Modifikation überwiegen bei weitem die hypothetischen Risiken, die von den Gegnern vorgebracht werden.“ Ich finde, er hat Recht.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Michael Goldmann