Frage an Hansjörg Durz

Hansjörg Durz
Hansjörg Durz
CSU
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Frage von Thomas K. •

Frage an Hansjörg Durz von Thomas K.

Sehr geehrter Herr Durz,

ich möchte Sie gerne fragen, ob Sie sich mit dem Freihandelsabkommen TTIP beschäftigt haben und ob Ihnen bekannt ist, dass damit durch die Hintertür die Legislative durch die Industrie und Konzerne ermöglicht wird und somit die Demokratie komplett ausgehebelt werden kann?

Hier meine Fragen:
- Wie stehen Sie zu TTIP?
- Finden Sie es gut, dass TTIP ohne Einbeziehung der Öffentlichkeit "geheim" verhandelt wird? Wenn ja, warum?
- Würden Sie sich für eine komplette Ablehnung des gesamten Pakets bei der EU stark machen?
- Wie werden Sie bei Fragen zu TTIP abstimmen?

Vielen Dank für Ihre Antworten und viele Grüße

Hansjörg Durz
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Steiner,

vielen Dank für Ihre Frage bezüglich meiner Meinung zum Cannabiskontrollgesetzentwurf der Grünen. Gerne will ich Ihnen meine Position dazu schildern.

Ich habe bei diesem Thema vor allem die Gesundheit der Menschen in unserem Land im Blick und lehne den Entwurf daher ab. Der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bedeutet faktisch eine Legalisierung von Cannabis und steht damit in direktem Widerspruch zu den Zielen des Verbraucherschutzes und sie beeinträchtigt die Glaubwürdigkeit unserer Präventionspolitik. Bei der rechtlichen Einstufung müssen wir die gesundheitlichen Risiken und Langzeitfolgen des Konsums aller Gruppen beobachten. Das heißt, wir müssen abhängige Konsumenten und Jugendliche und die für sie bestehenden Risiken besonders im Blick haben. Junge Menschen wollen Grenzen ausloten, sie brauchen aber auch Grenzen. Je jünger ein Cannabiskonsument ist, desto größer sind die Risiken für ihn.

Unsere Drogenpolitik in Deutschland fußt deshalb auf vier Säulen: Prävention, Beratung und Hilfe, Schadensminimierung bzw. -reduzierung und Strafverfolgung. Unser eigenes Suchthilfesystem kann sich sehen lassen und ist effizient.

Der Gesetzentwurf wäre ein Widerspruch zum Suchthilfesystem und meiner Ansicht nach ein Experiment mit ungewissem Ausgang und nicht einschätzbarem Risiko. Durch die Legalisierung der zu Recht illegalen Droge Cannabis würde ein zusätzliches gesundheitliches Risiko für die Menschen in Deutschland geschaffen. Tabus würden gebrochen und die mit dem Konsum verbundenen Risiken verharmlost werden. Auch die Menge, die das Gesetz vorsieht, birgt ein nicht einschätzbares Risiko: 30 Gramm Cannabis pro Einkauf, das ist genug für bis zu 120 Joints. Im Gesetzentwurf ist auch kein Limit für einen Tag, einen Monat oder ein Jahr festgelegt.

Es gibt außerdem drängende Gesundheitsfragen, die durch Ihren Gesetzentwurf trotz detaillierter Regelungen nicht beantwortet werden. Wir brauchen weitere Daten über die sozialen Folgen eines frühen Cannabiskonsums, zum Beispiel über Schul- und Ausbildungsabbrüche, über Jugendliche, die Jahre auf ihrem Lebensweg verlieren und in ihrer Entwicklung schwer und dauerhaft beeinträchtigt sind. Zu möglichen negativen Auswirkungen regelmäßigen Cannabis-Konsums zählen Entwicklungsverzögerungen sowie psychische und körperliche Abhängigkeit. Die Denk- und Merkfähigkeit leiden. Dauerhafte Schäden des Gehirns sind nicht auszuschließen, auch nicht nach einer Abstinenz. Zudem besteht das Risiko, dass psychische Erkrankungen ausgelöst oder verschlimmert werden.

Eine Zustimmung zum Gesetzesentwurf würde auch negative Konsequenzen auf internationaler Ebene bedeuten. Hier hat Deutschland den UN-Drogenkonventionen zugestimmt. Gemeinsam mit 183 anderen Nationen wurden diese Konventionen 1961, 1971 und 1988 unterschrieben. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt nun, dass wir aus diesen Einheitsabkommen austreten. Wir werden unseren internationalen Ruf, unsere Verlässlichkeit und unsere Glaubwürdigkeit hier nicht aufs Spiel setzen. Für eine Oppositionspartei ist es einfach, eine solche Forderung aufzustellen, als Regierung muss man aber Verantwortung übernehmen.

In der Konvention von 1961 steht: Cannabis für den Freizeitkonsum ist illegal. Das heißt, dass es für medizinische und wissenschaftliche Zwecke Spielraum gibt. Diesen Spielraum nutzen wir. Die Union wird demnächst den Entwurf eines Gesetzes vorlegen, das mehr Patienten, die chronisch schwer erkrankt sind, den Zugang zu Cannabisarzneimitteln erleichtern soll.

Mit freundlichen Grüßen,
Hansjörg Durz

Hansjörg Durz
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Krauß,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse am Thema TTIP.

Die Förderung eines weltweiten Freihandels mit fairen Standards liegt im deutschen Interesse. Der Außenhandel ist für die deutsche Volkswirtschaft von großer Bedeutung: Ohne den Zugang zu internationalen Märkten fiele das Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland laut ifo-Institut um 52,9% niedriger aus. Der internationale Handel ist Grundlage unseres Wohlstandes und bietet uns die Möglichkeit, unsere sozialen und umweltpolitischen Standards weltweit zu verbreiten. Die CSU-Landesgruppe hat sich daher auf ihrer Klausurtagung im Januar erneut grundsätzlich für die Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) und zum „Trade in Services Agreement“ (TiSA – dem Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen) ausgesprochen.

Mit TTIP sprechen Sie ein Thema an, das bei vielen Menschen die Befürchtung hervorruft, dass unsere Gesetze und Schutzregelungen, insbesondere beim Verbraucherschutz, bei Gesundheit und bei Lebensmitteln verwässert oder sogar unwirksam würden. Sie befürchten auch eine Aufgabe von Souveränitätsrechten des Staates im Bereich der Judikative. All diese Themen, auch die viel diskutierten Regelungen zu Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) beschäftigen den Bundestag. In einer Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie wurde von Seiten der Sachverständigen darauf hingewiesen, dass bei richtiger Ausgestaltung des Vertragstextes hier ein Erfolg erreicht werden kann.
Ich bitte Sie dabei zu beachten, dass wir bei den TTIP Verhandlungen auf die Erfahrungen aus über 130 völkerrechtlichen Vereinbarungen dieser Art zurückgreifen können. Es handelt sich hier um keine Neuheit, denn Investitionsschutzverträge und Schiedsgerichte haben eine lange Tradition. Aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion muss sichergestellt werden, dass die Politik nicht in ihrer Handlungs- und Gestaltungsfreiheit eingeschränkt wird. Deshalb können auch nur jene Investitionen durch Investitionsschutzverträge geschützt werden, die im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen des Gaststaates stehen. Es darf hier keine Willkür oder Unverhältnismäßigkeit geben. Gleichzeitig dürfen etwa Gesetze zur Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards von den Schiedsstellen nicht als Diskriminierung oder indirekte Enteignung gewertet werden. Von einer Legislative durch Industrie oder Konzerne sowie einer Aushebelung der Demokratie kann daher keine Rede sein.

In Ihrer Anfrage äußern Sie Kritik an den „Geheimverhandlungen“ zu TTIP und zu Beginn der Verhandlungen war das Verfahren sicherlich viel zu wenig transparent. Daran hat sich in den vergangenen Monaten aber viel geändert. Die EU-Kommission hat z.B. die zunehmenden Bedenken in der europäischen Öffentlichkeit gegen ein Investitionsschutzkapitel mit Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) in TTIP aufgegriffen und eine dreimonatige öffentliche Konsultation vom 27. März bis zum 13. Juli 2014 durchgeführt. Die Verhandlungen zum Investitionsschutz wurden zunächst ausgesetzt. Am 13. Januar 2015 hat die EU-Kommission eine Auswertung der Befragung vorgelegt. 97 Prozent von den 150 000 eingereichten Beiträgen waren kritisch. Ende Februar hat die EU-Kommission Beratungen mit den Mitgliedstaaten, dem EU-Parlament und anderen Interessengruppen wie Verbraucherschutz- und Umweltverbänden, Unternehmen und Gewerkschaften aufgenommen. Erst nach diesen weiteren Konsultationsprozessen sollen konkrete Vorschläge für den Investitionsschutz in TTIP entwickelt werden. Ziel ist eine gemeinsame Verhandlungsposition gegenüber den USA.

Insgesamt wurde mittlerweile ein bei Freihandelsverhandlungen bislang unbekanntes Maß an Transparenz erreicht: Die EU-Kommission hat grundlegende Verhandlungspapiere zu verschiedenen Verhandlungskapiteln veröffentlicht ( http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1230 ). Außerdem haben die EU-Kommission und das federführende Bundeswirtschaftsministerium weiterführende Informationen bereitgestellt. Bei jeder Verhandlungsrunde wird die Zivilgesellschaft in sogenannten „Stakeholder Foren“ präzedenzlos offen über den Verhandlungsfortschritt unterrichtet und kann direkt mit den Verhandlungsführern der USA und der EU diskutieren.

Auch der Bundestag wird fortlaufend über den Stand der Verhandlungen unterrichtet. Zuletzt fand am 16. März eine Expertenanhörung statt. Jedoch ist es zum jetzigen Zeitpunkt schwierig darüber zu urteilen, ob man bestimmten Inhalten zustimmen kann oder nicht, ohne dass die konkreten Formulierungen vorliegen. Erst wenn der Verhandlungstext vorliegt, kann die Rechtsförmlichkeitsprüfung des TTIP-Verhandlungstextes („legal scrubbing“) stattfinden. Wenn der Vertragstext endgültig vorliegen wird, kann ich Ihnen noch nicht sagen. Nimmt man das CETA-Abkommen als Maßstab, wird die Rechtsförmlichkeitsprüfung etwa sieben bis acht Monate in Anspruch nehmen. Nach deren Abschluss muss das Abkommen in die 24 Amtssprachen der EU übersetzt werden, was in der Regel sechs Monate dauert. Danach muss der Rat der Europäischen Union – das Organ der nationalen Regierungen auf europäischer Ebene – mit der Unterzeichnung des Abkommens (durch Ratsbeschluss) befasst werden. Im Anschluss folgt das Zustimmungsverfahren im Europäischen Parlament.

Offen ist auch die Frage, ob TTIP als gemischtes Abkommen geschlossen wird. Die Bundesregierung geht bisher davon aus. In diesem Falle wären Ratifizierungen in den Mitgliedstaaten erforderlich. In Deutschland müssten Bundesrat und Bundestag zustimmen. Schließlich würde das Abkommen durch einen Beschluss des Rates formal für die EU ratifiziert.

Sehr geehrter Herr Krauß, sie können versichert sein, dass ich mich genauso wie die gesamte CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag kritisch mit dem Thema auseinandersetze und die Bedenken der Bevölkerung ernst nehme. Ich bitte Sie, meine Ausführungen bei Ihren Überlegungen aber auch einzubeziehen und die positiven Effekte eines solchen Abkommens in Betracht zu ziehen.

Mit freundlichen Grüßen,

Hansjörg Durz, MdB

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