Frage an Heike Baehrens bezüglich Gesundheit

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Heike Baehrens
SPD
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Frage von Dagmar O. •

Frage an Heike Baehrens von Dagmar O. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Baehrens,

Als Mitglied des Ausschusses für Gesundheit, möchte ich Sie fragen, ob Sie sich vor der Abstimmung zum Masernschutzgesetz mit dem Beipackzettel mindestens einer für die Umsetzung des Gesetzes vorgesehenen Impfung auseinandergesetzt haben. (Das heißt eine in Deutschland zugelassene und erhältliche MMR oder MMRV -Impfung, z.B MMR-Priorix oder Priorix Tetra beide von Glaxo Smith Kline). Leider hatte ich bei fast allen Antworten (die Abgeordnete bis jetzt zum Thema Masernschutzgesetz auf abgeordnetenwatch beantwortet haben) nicht den Eindruck, dass die Fachinformationen der Impfstoffhersteller zu den betreffenden Impfstoffen, bei den Parlamentariern bekannt sind.
Ich finde, dass Sie als Volksvertreter, die über unsere und unserer Kinder Gesundheit Gesetze verabschieden und eine Impfpflicht einführen wollen, moralisch dazu verpflichtet sind, sich umfassend zum Thema zu informieren. Dazu gehört, ohne Zweifel, auch Kenntnis des Inhaltes mindestens eines Beipackzettels der betreffenden Impfstoffe.
Ist Ihnen z. B. bekannt, dass von keinem Impfstoffhersteller verlangt wird, die pharmakokinetischen Eigenschaften eines Impfstoffes zu untersuchen? (steht in jedem Beipackzettel). https://de.wikipedia.org/wiki/Pharmakokinetik
Mit freundlichen Grüßen
D. O.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau O.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zum geplanten Masernschutzgesetz. Als Mitglied des Gesundheitsausschusses ist es mir insbesondere bei so weit reichenden Entscheidungen wie der Einführung einer Impfpflicht ein großes Bedürfnis, mich umfassend zu informieren. Ich denke, hierbei kann ich für alle meine FraktionskollegInnen sprechen. Gern antworte ich auch im Namen von Sabine Dittmar, MdB, die Sie ebenfalls angeschrieben haben.

Das Paul-Ehrlich-Institut prüft und bewertet fortlaufend anhand aktueller wissenschaftlicher Daten den Nutzen und das Risiko von Impfstoffen und dokumentiert jährlich die Meldungen des Verdachts einer Impfkomplikation oder einer Nebenwirkung nach Impfung. Neben den bestehenden gesetzlichen Meldepflichten können seit 2012 auch betroffene Personen und deren Angehörige den Verdachtsfall einer unerwünschten Impfreaktion oder Nebenwirkung melden. Das Meldeverfahren ist in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert worden. Defizite sehe ich hier nicht.

In der Tat gibt es in Deutschland derzeit keinen zugelassenen Einfach-Impfstoff gegen Masern. Wir werden uns im parlamentarischen Verfahren damit auseinandersetzen, was das für die beabsichtigte Masern-Impfpflicht bedeutet. Impfstoffe werden wie alle anderen Arzneimittel in Deutschland durch den jeweiligen Hersteller und nicht etwa vom Bundesgesundheitsminister in den Verkehr gebracht. Es kommt also darauf an, ob und wann ein Hersteller die Zulassung für einen Einfach-Impfstoff gegen Masern bei der zuständigen Arzneimittelbehörde beantragt und erhält.

Die verfügbaren Kombinationsimpfstoffe sind wirksam und gut verträglich. Von 10.000 Geimpften entwickeln etwa 500 bis 1.500 allgemeine Beschwerden wie leichtes bis mäßiges Fieber, Kopfschmerzen, Mattigkeit oder Magen-Darm-Beschwerden. Bei etwa 500 Geimpften entwickelt sich an der Einstichstelle in den ersten drei Tagen nach der Impfung eine Rötung oder Schwellung. Etwa zehn Tage nach einer MMR-Impfung bekommen 200 bis 500 von 10.000 Geimpften für wenige Tage einen masernähnlichen Hautausschlag, der auch „Impfmasern“ genannt wird. Dieser kann mit mäßigem Fieber einhergehen. Impfmasern sind nicht ansteckend. Nach einer MMR-Impfung tritt extrem selten, in weniger als einem von 10.000 Fällen, eine allergische Reaktion auf.

Niemand bestreitet, dass eine Masernimpfung eine unerwünschte Reaktion oder Nebenwirkung zur Folge haben kann. Das Risiko einer schwerwiegenden Komplikation im Zusammenhang mit einer Masernimpfung ist aber sehr gering, im Gegensatz zum Risiko, ungeimpft schwer an Masern zu erkranken.

Unser Ziel ist es, einen besseren individuellen Schutz insbesondere von Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht geimpft werden können, sowie einen ausreichenden Gemeinschaftsschutz vor Maserninfektionen zu erreichen. Nach Angaben des Robert Koch-Institutes verhindert die zweifache MMR-Impfung bei 93-99% der Geimpften den Ausbruch einer Erkrankung und führt bei diesen erfolgreich Geimpften in der Regel zu lebenslanger Immunität.

Ich habe Ihren Hinweis zur fehlenden pharmakokinetischen Prüfung von Impfstoffen zum Anlass genommen, beim Bundesgesundheitsministerium / Paul-Ehrlich Institut (PEI) nachzufragen und dabei folgende Informationen erhalten:
Für Impfstoffe werden pharmakodynamische Daten zum Wirkprinzip und zur Immunogenität erhoben und die lokale und systemische Verträglichkeit nach ein- und mehrmaliger Gabe überprüft. Der Umfang der für einen Impfstoff erforderlichen präklinischen Testung ist in einem Leitfaden der Weltgesundheitsorganisation (WHO) genau vorgegeben. Pharmakokinetische Untersuchungen sind dabei auf Grund der spezifischen Wirkweise von Impfstoffen in der Regel nicht vorgesehen. Dies beruht auf der Tatsache, dass Impfstoffe – im Gegensatz zu klassischen Arzneimitteln mit kontinuierlicher Anwendung über einen längeren Zeitraum hinweg – nur in sehr wenigen Dosen über einen sehr kurzen Zeitraum hinweg verabreicht werden (meist 1-3, bei Masernimpfungen nur zwei Dosen im Mindestabstand von einem Monat). Auf Grund der geringen Anzahl verabreichter Dosen und der gleichermaßen geringen verabreichten Substanzmengen ergeben sich daraus für die meisten Impfstoffe keine relevanten pharmakokinetischen Fragestellungen. Pharmakokinetische präklinische Untersuchungen sind für Impfstoffe nur in speziellen Fällen erforderlich wie z.B. bei der Verabreichung völlig neuartiger Adjuvanzien (= Hilfsstoffe, die die Wirkung verstärken) oder bei völlig neuen Verabreichungswegen.

Die Erhebung des Nebenwirkungsprofils von Impfstoffen fußt grundsätzlich auf drei sich gegenseitig ergänzenden Datenquellen. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens wird die Sicherheit des Impfstoffes zunächst in der Präklinik und während der klinischen Erprobung am Menschen untersucht. Nach der Zulassung gibt es während der breiten Anwendung des Impfstoffs in der Bevölkerung eine Überwachung der aufgetretenen unerwünschten Arzneimittelwirkungen, die vom PEI kontinuierlich registriert und auf ihren kausalen Zusammenhang mit der Impfung hin ausgewertet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre
Heike Baehrens

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