Frage an Helin Evrim Sommer bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Helin Evrim Sommer
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Frage von Kia K. •

Frage an Helin Evrim Sommer von Kia K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Die Gefahr von rechts begegnet man mit Bürgerbeteiligung. Warum setzen sie sich nicht für Ausländer Wahlrecht wie in Dänemark, Niederlande, oder sonst wohin ein? Schliesslich sind die Ausländer die meisten Opfer von Nazis in Deutschland. Ihre Partei ist seit fast 10 Jahren an der macht beteiligt. Wollen sie als Opposition dieses Thema aufgreifen???

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Kiarostami,

vielen Dank für Ihre Frage! Erlauben Sie mir zunächst folgenden Kommentar: der Kampf gegen Rechts ist eine Querschnittsaufgabe. Man muss auf allen Ebenen zivilgesellschaftlich gegen alte und neue Nazis agieren. Das heißt, man muss zunächst die Strukturen der Nazis bekämpfen, etwa durch ein Verbot der NPD. Man muss rechtes Gedankengut überall dort bekämpfen, wo es in dieser Gesellschaft auftaucht, sei es am Rechten Rand oder in der Mitte der Gesellschaft. Meine Partei DIE LINKE tritt wie keine andere Partei in Deutschland Faschismus, Antisemitismus, Rassismus und Homophobie vehement entgegen.

DIE LINKE hat in Berlin ein zentrales politisches Ziel ihrer Arbeit zur Bekämpfung des Rechtsextremismus verwirklichen können, nämlich die finanzielle Sicherung der Strukturprojekte der mobilen Beratungsteams und der Opferberatung. Diese wurden in der Vergangenheit zum Teil über Bundesmittel und zum Teil durch Landesgelder finanziert. Die Finanzierung der Strukturprojekte als strategisches Rückgrat der zivilgesellschaftlichen Infrastruktur haben wir deshalb im Doppelhaushalt 2010/2011 so gesichert, dass sie auch komplett aus Landesmitteln erfolgen kann - auch wenn wir uns weiter dafür einsetzen, dass der Bund sich hier nicht seiner Verantwortung entzieht. Derzeit ist die Finanzierung vieler Projekte wegen Versuchen der Bundesregierung in Gefahr, zivilgesellschaftliche Projekte gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit durch eine »Extremismusklausel« zu disziplinieren und zu gängeln. Dagegen wehren wir uns und unterstützen die Projekte nach Kräften.

Hinsichtlich Ihrer Frage zum Wahlrecht für nichtdeutsche Staatsbürger, sieht die Situation wie folgt aus. Die Partei DIE LINKE vertritt die Position, dass das Wahlrecht nicht allein auf deutsche Staatsangehörige beschränkt bleiben soll. Menschen, die dauerhaft hier leben und von demokratischen Entscheidungen betroffen sind, sollten auch die Möglichkeit bekommen, am demokratischen Prozess teilzunehmen - egal, welche Herkunft oder Nationalität sie haben. Bislang haben lediglich EU-Bürger auf Bezirksebene die Möglichkeit, an Wahlen teilzunehmen. Auf diese Weise bleibt in vielen Stadtteilen Berlins, wo viele Migrantinnen und Migranten ohne deutschen oder EU-Pass leben, ein großer Teil der Bevölkerung vom Wahlrecht ausgeschlossen. Und das, obwohl diese Menschen hier ihren Lebensmittelpunkt haben. Dieser Zustand ist für die Partei DIE LINKE nicht tragbar.

Allerdings sind die Hürden für eine Veränderung hoch, denn es wäre eine Änderung des Grundgesetzes nötig. Bereits im Jahr 2000 hat die damalige PDS-Fraktion eine Initiative im Abgeordnetenhaus gestartet, woraufhin das Land Berlin im Bundesrat eine Grundgesetzänderung zur Einführung des kommunalen Wahlrechts für Nicht-EU-Bürger beantragt hat. Leider gab es damals und gibt es bis heute nicht die notwendigen Mehrheiten. DIE LINKE wird dennoch weiter dafür streiten. Langfristig wollen wir auch eine Ausweitung des Wahlrechts auf Landes- und auf Bundesebene erreichen.

Zu guter Letzt noch eine Anmerkung in Sachen Beteiligung von Bürgern nichtdeutscher Herkunft am öffentlichen Leben. Die LINKE hat in ihrer Zeit in der Berliner Regierung ein Partizipations-und Integrationsgesetz auf den Weg gebracht. Berlin ist das erste Bundesland, was über ein solches Gesetz verfügt! Kern des Gesetzes ist der Ansatz, dass Integration ein beidseitiger Prozess ist. Die Fraktion DIE LINKE hat immer wieder klar gemacht: eine erfolgreiche Integrationspolitik lebt von Respekt, Wertschätzung und einer klaren Antidiskriminierungspolitik. Wer Integration will, muss auch Partizipationsmöglichkeiten bieten. Das haben wir Berlin nun gesetzlich verankert.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.

Mit freundlichen Grüßen,

Evrim Baba-Sommer