Frage an Hermann Otto Solms bezüglich Verbraucherschutz

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Hermann Otto Solms
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Frage von Torsten H. •

Frage an Hermann Otto Solms von Torsten H. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Dr. Solms,

unsere Regierung propagiert den Klimaschutz als erklärtes Ziel, der CO2 Ausstoß soll gesenkt werden. Wenn ich mir allerdings die verbraucherrechtliche Situation im ÖPV anschaue, sehe ich ein einziges Desaster. Wie soll den Bürgerinnen und Bürgern die Bahn als umweltfreundliche Alternative nahe gebracht werden, wenn der Verbraucher den Monopolen von DB und regionalen Verkehrsverbünden mit ihrer antiquierten Eisenbahn-Verkehrsordnung von 1938 (teilweise gar 1908!) auf Gedeih und Verderb ausgeliefert wird?
In regionalen Zügen werden keine Tickets mehr ausgestellt, stattdessen wird der Verbraucher per se zum Schwarzfahrer erklärt und soll 40EUR Strafe zahlen, unabhängig davon, ob er dies auch selbst durch eigenes Verschulden zu vertreten hat. Das Automatennetz ist vollkommen unzureichend, die Automaten z.B. des RMV nehmen gängige Zahlungsmittel (ec/Kreditkarte) gar nicht an, gesetzliche Zahlungsmittel(!) nur in bestimmten Ticketpreis/Geldscheinhöhe-Konstellationen, bestimmte Fahrkarten (Monatskarte Preisstufe7) können am Automaten gar nicht gelöst werden (209+EUR liegen über dem Limit jeder Geldkarte), IC-Aufschlag für Anschlusszüge können gar nicht gelöst werden. Und nun soll der Kunde auch noch kriminalisiert werden, wenn er z.B. bei defekten Automaten, nicht genügend Kleingeld (falsche Zahlungsmittel), Zeitverzug durch verspätete Züge etc. im Zug selber ein Ticket nachlösen muss, in dem man ihm dies rigoros verweigert?! (selbst erlebt!)
Laut Aussage der Zugbegleiterin haben DB und RMV eine vertragliche Vereinbarung(!), die den DB-Zugbegleitern bei Androhung saftiger Unterlassungsansprüche verbietet, für regionale Strecken Tickets auszustellen. Nach meiner Rechtsauffassung ist diese Regelung sittenwidrig und stellt eine unzumutbare Belastung und sogar den Tatbestand der Nötigung der Verbraucher dar. Wie sehen Sie dies als Jurist und was ist ihre Intention, den Verbraucherschutz in dieser Richtung zu stärken?

Freundliche Grüße
Torsten Herwig

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Sehr geehrter Herr Herwig,

vielen Dank für Ihre E-Mail, die mir von www.abgeordnetenwatch.de übermittelt wurde und die ich gerne beantwortet habe.

Die Antwort finden Sie auf meiner Hompage www.hermann-otto-solms.de im Menüpunkt "Hintergrund" und dort unter "Bürger fragen ...".

Sollten Sie weitere Fragen haben, zögern Sie nicht, mir an meine E-Mail-Adresse hermann.solms@bundestag.de zu schreiben.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Dr. Hermann Otto Solms, MdB

Anmerkung der Redaktion
Dieser Text ist ein Standard-Textbaustein, der die Frage nicht beantwortet. Wir zählen sie daher nicht in der Statistik.
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Sehr geehrter Herr Herwig,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Ich kann Ihnen versichern, dass ich Ihre Verärgerung gut verstehen kann. Erst kürzlich ist es mir ähnlich ergangen. Der Automat wollte mein Geld nicht annehmen. Auch ich halte es nicht für kundenfreundlich und serviceorientiert, wenn man Fahrkarten nur sehr eingeschränkt erwerben kann und keine Alternativen zur Verfügung stehen, sobald Schwierigkeiten auftreten. Auch scheint es mir keine kluge Geschäftspolitik zu sein, wenn Kunden, die in bester Absicht vergeblich versuchen, eine Fahrkarte zu kaufen, genauso behandelt werden wie Schwarzfahrer. Wenn offenkundig ist oder sich im nachhinein herausstellt, dass kein Verschulden vorliegt, würde ich doch zumindest eine gewisse Kulanz erwarten. Das Problem wäre durch Fahrkartenautomaten im Zug leichter zu lösen.

Allerdings bin ich weder Jurist noch kundig, was die von Ihnen geschilderten Details angeht. Ich habe daher über meine Mitarbeiterin den RMV gebeten, sich zu Ihren Vorwürfen zu äußern. Das Antwortschreiben des RMV füge ich diesem Schreiben an. Es wird Sie sicher interessieren. Auf einer sehr formalen Ebene wird dort versucht, die Position des RMV zu argumentativ zu rechtfertigen. Es ist nicht erkennbar, dass sich der RMV in die Probleme seiner Kunden hineindenkt und versucht, die Schwierigkeiten im Interesse der Kunden zu lösen. Das halte ich für einen Fehler und ich denke, dass fehlende Kundenorientierung langfristig keine tragfähige Geschäftspolitik ist. Allerdings sehe ich es grundsätzlich nicht als eine Aufgabe der Politik an, in unternehmerische Entscheidungen einzugreifen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Hermann Otto Solms

Antwortschreiben der RMV-Pressestelle:

"[...] selbstverständlich sind wir Ihnen gerne bei der Bearbeitung der von Herrn Herwig aufgeworfenen Fragestellung behilflich.
Soweit Herr Herwig feststellt, dass in regionalen Zügen keine Tickets mehr ausgestellt werden, ist dies grundsätzlich zutreffend.
Bei Verbundstart im Jahr 1995 haben sich die Aufgabenträger, die sich im RMV zusammengeschlossen haben, unter Berücksichtigung der wesentlichen Interessen der Fahrgäste, der in den Verbund integrierten Verkehrsunternehmen und der die Defizite im ÖPNV tragenden Aufgabenträger gegen den personal- und kostenintensiven Vertrieb von Fahrkarten in allen Zügen ausgesprochen. Der verantwortungsvolle Umgang mit Steuergeldern gebietet (auch) hier ein der Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechendes Vorgehen. In dem Zusammenhang war unter dem Gesichtspunkt der Einnahmesicherung zudem zu bedenken, dass die Fahrtzeiten zwischen einzelnen Stationen im Regionalverkehr zum Teil so gering sind, dass vielfach gar keine Möglichkeit gegeben wäre dem Fahrgast vor Beendigung seiner Fahrt noch eine Fahrkarte verkaufen zu können. Angesichts eines flächendeckenden Netzes von Verkaufsautomaten und personenbesetzten Vertriebsstellen an allen wichtigen Stationen, halten wir dies unverändert für zumutbar und keinesfalls für sittenwidrig.
Dies zeigt sich insbesondere auch am konkreten Anlass für die an Herrn Dr. Solms gerichtete Fragestellung. Dieser Anlass ergibt sich aus einem offenen Brief, den Herr Herwig unter anderem an die Redaktion des Giessener Anzeigers geschrieben hat.
Danach ging es vorliegend um eine Fahrt von Frankfurt am Main nach Langgöns. Für diese Relation hätte Herr Herwig ohne weiteres in Frankfurt zum Preis von 12,50 € eine durchgehende Fahrkarte bis zu seinem Ziel erwerben können. Neben zahlreichen Direktverbindungen mit dem Regionalexpress gibt es auch mehrere Verbindungen mit einem Umstieg in Friedberg bzw. Bad Nauheim auf die Regionalbahn. Allen diesen Verbindungen ist gemeinsam, dass der Kunde - auch bei einem Umstieg - keine weitere Fahrkarte benötigt. Bei den Regionalbahnen und dem Regionalexpress handelt es sich um in den RMV einbezogene Nahverkehrsprodukte, so dass insoweit die gesamte Reisekette von Frankfurt nach Friedberg abgedeckt werden kann.
Da wir auf dieser Relation allerdings gerade kein Monopol haben, müssen wir uns diese auch mit dem Fernverkehrsangebot der DB AG teilen. Insofern hat der Kunde im vorliegenden Fall die Möglichkeit gehabt, für die Teilstrecke von Frankfurt nach Friedberg auch auf den Intercity als Teil des Fernverkehrsangebotes der DB zurückgreifen. Der hierfür erworbene Fahrschein gilt dann aber auch nur für dieses nicht in den RMV einbezogene (Fernverkehrs-)Produkt der DB AG. Verspätet sich dann die Ankunft des Intercity in Friedberg, so dass der Fahrgast seinen Anschluss verpasst, oder keine Zeit hat, sich noch eine Fahrkarte zu erwerben, ist dies sicher ärgerlich, aber nicht vom RMV zu verantworten. Insofern liegt es im Verantwortungs- und Risikobereich des Kunden, dass er so rechtzeitig am Bahnhof ankommt, dass er sich noch eine Fahrkarte kaufen kann. Scheitert dies, kann es letztlich auch keinen Unterschied machen, ob der Grund hierfür die Verspätung eines Fernverkehrszuges der DB, die Verspätung eines Taxifahrers, oder etwa des eigenen Verschlafens war. Den Fahrkartenverkauf in Zügen vom Verschuldensgrad im Einzelfall abhängig zu machen, scheidet offenkundig aus. Jedenfalls ist nicht zu erkennen, dass der vorherige Erwerb eines Fahrscheins einem Kunden nicht zumutbar oder dies gar sittenwidrig sein könnte.

In dem Zusammenhang ist auch der Schlussfolgerung von Herrn Herwig, der Verbraucher werde durch den Ausschluss des Fahrkartenverkaufs in Zügen - per se zum Schwarzfahrer" erklärt, zu widersprechen. Neben zahlreichen personalbesetzten Vertriebsstellen - v.a. an den größeren Umstiegsbahnhöfen - gibt es im RMV ein flächendeckendes Automatennetz. Aktuell sind rund 1.600 Automaten im Einsatz. Angesichts der gewöhnlichen Nutzungsdauer und des Preises solcher Automaten können natürlich nicht alle diese Automaten von der neusten Generation sein. Auch wenn nicht alle Automaten bargeldlose Zahlungsmittel akzeptieren, so führen sie dennoch das gängige RMV-Fahrkartensortiment bis hin zur Monatskarte der Preisstufe 7.
Für die Nutzung von IC-Zügen mit RMV-Monats- oder Jahreskarten bietet die DB eigene Zuschlagkarten an, die nicht zum Fahrkartensortiment des RMV zählen. Sie sind ausschließlich an den Verkaufsstellen der DB erhältlich.

Vor diesem Hintergrund kann von einer angeblichen „Kriminalisierung der Kunden" keine Rede sein. Dies gilt insbesondere im angesprochenen Falle eines defekten Automaten. Wird ein Fahrgast ohne gültigen Fahrschein angetroffen, der wegen eines defekten Automaten am Erwerb der Fahrkarte gehindert war, wird - soweit sich die Angaben des Kunden bestätigen - selbstverständlich von der Geltendmachung eines erhöhten Beförderungsentgelts abgesehen."