Frage an Hildegard Wester bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Hildegard Wester
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Frage von Günter S. •

Frage an Hildegard Wester von Günter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Wester,

kurz vor der Kommunalwahl habe ich die OB-Kandidaten angeschrieben und vorgeschlagen, ab der nächsten Ratsperiode die Ratssitzungen als Livestream im Internet bzw. per Fernsehen zu übertragen. Als Möglichkeit habe ich den örtlichen Fernsehsender CityVision vorgeschlagen.

CityVision sowie die OB-Kandidaten von FDP und Grünen machten auf das Problem des Rechts auf das Eigene Bild und das Eigene Wort aufmerksam. - Der FWG-Kandidat meinte lapidar, wenn der OB das Thema in den Rat bringt,würde man sich damit beschäftigen. - Die Kandidaten von CDU, SPD und Zentrum haben erst garnicht geantwortet.

Nun ist es ja so, dass Sitzungen aus dem Bundestag übertragen werden. Sogar einzelne Redebeiträge sind später noch aufrufbar.

Gelten für den Bundestag andere rechtliche Regelungen als für den Stadtrat?
Welche rechtlichen Regelungen müssen für eine Übertragung von Ratssitzungen beachtet werden?

(Die technische Seite soll zunächst einmal außen vor bleiben.)

Ich würde mich freuen, wenn Sie mir die rechtliche Seite erläutern würden.

Mit freundlichen Grüßen

Günter Schnieders

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schnieders,

Sie fragen in Ihrer Mail vom 1. 9. an, ob es für den Bundestag bezüglich der Öffentlichkeit von Plenarsitzungen andere rechtliche Reglungen als für den Stadtrat gebe. Diese Frage ist mit "ja" zu beantworten.
Bezüglich der Öffentlichkeit von Bundestagssitzungen heißt es in § 19 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages: "Die Sitzungen des Bundestages sind öffentlich. Die Öffentlichkeit kann nach Artikel 42 Absatz 1 des Grundgesetzes ausgeschlossen werden."* Im Grundgesetz Artikel 42, Absatz 1 heißt es "Der Bundestag verhandelt öffentlich". wir haben es hier also mit einem im Grundgesetz verankerten Sachverhalt zu tun, der besagt, dass der Gesetzgeber von Ausnahmen abgesehen, durch die Öffentlichkeit kontrollierbar sein muss. Das steht jedenfalls für mich hinter der.lapidaren Formulierung.
Der Stadtrat ist nun kein Gesetzgebungsorgan, er findet im Grundgesetz keine Erwähnung.
Das einschlägige Gesetz für den Rat wäre das Kommunalverfassungsrecht. In der Gemeindeordnung (GO) NRW ist bezüglich der Öffentlichkeit von Ratssitzungen nichts geregelt. Es gibt also weder ein Verbot noch ein Gebot. Der einzelne Stadtrat könnte also für sich die Öffentlichkeit ausschließen. Zu beachten wären dabei aber andere Rechtsbereiche wie das Persönlichkeitsrecht und das Datenschutzrecht, ebenso wie die Frage der Funktionsfähigkeit des beratenden Gremiums.
Zu den angesprochenen Rechtsbereichen gab es in der Vergangenheit zahlreiche Rechtssprechungen, die nicht immer den gleichen Tenor aufweisen. Das Innenministerium NRW schließt sich der Auffassung von Widtmann/Grasser an, ."das Bild- und Tonaufzeichnungen nicht eines Gemeindebeschlusses bedürfen, sondern jedes einzelne Gemeinderatsmitglied sich der Aufnahme während eines Redebeitrages widersetzen kann, mit der Folge, dass der Vorsitzende die Aufnahme dieses Redebeitrages zu untersagen hat.
Die Bezirksregierung Düsseldorf vertritt zudem die Auffassung, aus datenrechtlichen Gründen sei auch die Zustimmung der an der Sitzung teilnehmenden öffentlichen Bediensteten einzuholen. Sie können wahrscheinlich schon aus meiner Kurzfassung die rechtliche Situation erfassen, wie schwierig das Thema ist.

Dennoch bin ich persönlich der Auffassung, dass die Bürgerinnen und Bürger ein berechtigtes Interesse haben können, live mitzuerleben, wie ihre gewählten Vertreter im Rat agieren.

Es könnte für sie ein wenig mehr Transparenz bei Entscheidungsfindungen resultieren. Sicherlich wäre das durchaus nicht nur für den einzelnen Bürger, die einzelne Bürgerin ein Informationszugewinn, sondern könnte auch ein Beitrag gegen die viel zitierte und leider auch besonders für Mönchengladbach anzutreffende Wahlmüdigkeit sein.
Ich würde gerne das Thema weiter begleiten und befördern, was allerdings wie Sie sicher erkannt haben, keine Angelegenheit eines einfachen Ratsbeschlusses sein kann!
Ich hoffe, Ihnen Hinweise für Ihre Beschäftigung mit diesem Thema gegeben zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Hildegard Wester

* Die genauen Regeln für den Zutritt der Medienvertreter regelt die Hausordnung des Bundestages.