Frage an Hubertus Heil bezüglich Verbraucherschutz

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Hubertus Heil
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Frage von Dieter M. •

Frage an Hubertus Heil von Dieter M. bezüglich Verbraucherschutz

Hallo Herr Heil, ich schreibe Ihnen, weil Sie eine ganz ordentliche "Antwortquote" hier haben.

Ich bin selbststäniger IT-Fachfachmann und werde immer häufiger von Kunden angesprochen, die Abmahnschreiben irgendwelcher Anwaltskanzleien erhalten.

In der Regel wollen diese Anwälte zwischen 600 - 850 € Abmahngebühr und eine Unterlassungserklärung. Nun zu dem eigentlichen Problem: Etliche Kunden, da bin ich mir ganz sicher, haben nie und nimmer irgendwelche Filme runtergeladen bzw. angeboten, diese Menschen sind dazu techn. nicht in der Lage. Und auf der anderen Seite ist deren Internet nach dem Stand der heutigen Technik so sicher, das kein Fremdzugriff möglich ist. Aber, und das ist der Skandal, die Gerichte gehen einfach davon aus: Der Anschlußinhaber haftet !. Die Kanzleien legen IP-Adressen vor, ohne überhaupt "wasserdicht" nachweisen zu müssen, das diese Daten
wirklich stimmen. Die Gerichte sind da techn. völlig überfordert. Jeder der einen Internetanschluß hat, also auch Sie und ich, kann so in die Fänge dieser Leute gelangen. Warum hat der Gesetzgeber es dieser "Abmahnindustrie" so leicht gemacht ? Das Urheberrecht ist sicher ein hohes Gut, aber hier wird systematisch einfach nur Geld gemacht.

Wie steht die SPD zu dieser Frage ? CDU oder gar die FDP möchte ich nicht befragen, die unterstüzen das ja. Aber will, würde, die SPD nach dem Einzug in eine neue Bundesregierung da was machen ?

Nur ein Beispiel über die Dimensionen: Im Dezmeber 2011 hat die Kanzlei Uhrmann & Kollegen aus Regensburg offene Forderungen von 90 Millionen € über ihre Homepage VERSTEIGRT! Das sind Forderungen, die nur mit etwas mehr Aufwand hätten eingetrieben werden müssen. Die Mühe machen die sich aber wohl nicht.

MIt freundlichen Grüßen aus dem Taunus

Dieter Müller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat im Rahmen des "Projekts Zukunft - Deutschland 2020" zusammen mit Künstlern, Entrepreneuren und Kulturschaffenden ein ausführliches Konzept für einen Kreativpakt erarbeitet. Ein zentrales Thema dieses Konzept ist das Urheberrecht, das wir an die moderne Informationsgesellschaft anpassen wollen.

Dazu gehört, das Urhebervertragsrecht zu stärken, um die strukturell schwächere Position des Urhebers gegenüber den Verwerter auszugleichen. Gleichzeitig muss jedoch der Abmahnmissbrauch eingedämmt werden. Die Rechtsverfolgung der Rechteinhaber darf sich nicht einseitig auf Verbraucherinnen und Verbraucher konzentrieren. Inzwischen haben in Deutschland etwa 4,3 Mio. Menschen eine Abmahnung wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung erhalten. Massenabmahnungen sind für eine kleine Gruppe von spezialisierten Anwaltskanzleien ein lukratives Geschäftsmodell geworden. Dem muss entgegengewirkt werden. Familien dürfen nicht mit überzogenen Gebühren von durchschnittlich 700 bis 800 Euro, mitunter auch deutlich darüber, belastet werden, wenn ein Kind einen Song ins Internet gestellt hat oder ein Dritter über einen vermeintlich nicht ausreichend gesicherten Internetanschluss unbefugt Dateien hochgeladen hat.

Aus der Abmahnung gegenüber Privaten darf kein "Geschäft" werden. Deshalb müssen die Abmahnkosten bei Urheberrechtsverstößen im privaten Bereich wirksam begrenzt werden. Hierzu brauchen wir eine Streitwertobergrenze für Urheberrechtsverletzungen im privaten Bereich, Korrekturen bei der Beweislastverteilung und einen Gegenkostenanspruch des zu Unrecht Abgemahnten. Zu prüfen ist auch die Abschaffung des "fliegenden Gerichtsstands" bei Urheberrechtsverstößen im Internet.

Weiterhin müssen die Urheberrechtsverletzungen dort bekämpft werden, wo über 90 Prozent der Rechtsverletzungen tatsächlich stattfinden: auf illegalen Plattformen, die allein auf die Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte ausgerichtet sind. Die Rechtsdurchsetzung muss dort ansetzen und effektiver ausgestaltet werden, wo professionelle Anbieter ihre Geschäftsmodelle gezielt auf Urheberrechtsverletzungen aufbauen und damit Millionengewinne erwirtschaften.

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil

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