Wollen Sie wirklich das Bürgergeld ohne Korrekturen einführen? Was ist mit fordern und fördern? Und ich muss ein Beispiel anführen um das mal klarzumachen und hoffe die Moderation lässt es zu.

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Hubertus Heil
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Frage von Franz W. •

Wollen Sie wirklich das Bürgergeld ohne Korrekturen einführen? Was ist mit fordern und fördern? Und ich muss ein Beispiel anführen um das mal klarzumachen und hoffe die Moderation lässt es zu.

Sehr geehrter Herr Heil. Wer soll nach der Einführung des Bürgergeldes von den Niedrigverdienern noch arbeiten? Aus einem Zeitungsbericht: "Ich, Maler, verheiratet 2 Kinder. Verdienst StKl.3 netto 2145€. 438€ Kindergeld, gesamt 2583€. Bei Bürgergeld: Ich 502€, Frau 451€, Kind 6 Jahre 318€, Kind 14 Jahre 420€, Miete 80qm 800€, Heizkosten 250€. Das ergibt gesamt 2741€ Bürgergeld. Arbeitszeit als Maler ca. 160 Stunden, mit Bürgergeld ca. 158 Euro weniger. Zudem Vergünstigungen, Nahverkehr, neue Möbel, kein Ärger mit Steuererklärung usw." Nochmals meine Frage, wurde dieses Bürgergeld auch durchdacht oder fischt man hier mit den Wählerstimmen bei der größten Bevölkerungsgruppe, den Migranten, den Niedrigverdienern? Hartz 4 musste korrigiert werden, aber was soll das? Warum führen Sie nicht wieder Arbeitslosen und Sozialversicherung ein? Diejenigen die schon in das Sozialsystem eingezahlt haben dürften nicht auf eine Stufe mit den hauptberuflich "Untätigen" und "Fachkräften" gestellt werden.

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Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende – und damit das Bürgergeld – ist eine Leistung des Sozialstaats zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums für diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können. Sei es, weil jemand seine Arbeit verliert oder sein Geschäft schließen muss. Oder sei es, weil aus anderen Umständen eine regelmäßige Beschäftigung nicht möglich ist, z. B. durch lange oder chronische Krankheit. Wie schnell Menschen unverschuldet in Not geraten können, haben wir in der Corona-Zeit erlebt.

Für uns alle – als Bürger*innen unseres Landes – gilt also: Wenn es hart auf hart kommt, ist der Sozialstaat an unserer Seite. Niemand braucht Sorge zu haben, alleine gelassen zu werden. Dies ist gerade in den aktuellen Krisenzeiten wichtig.

Das Bürgergeld sichert das wirtschaftliche Existenzminimum und ermöglicht eine Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben unserer Gesellschaft. Dieser Grundsatz ist nicht verhandelbar, sondern entspringt – vom Bundesverfassungsgericht bestätigt – direkt dem ersten Artikel unseres Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Das Bürgergeld ist kein bedingungsloses Grundeinkommen, sondern eine Leistung für diejenigen, die eine Arbeit suchen. Es stellt sicher, dass sie ihren Lebensbedarf decken können. Ebenso wichtig ist es aber, Menschen dabei zu helfen, wieder eine Arbeit zu finden. Das ist auch immer das Ziel, besonders beim Bürgergeld: Menschen aus der Hilfebedürftigkeit herauszuführen in gute, sozialversicherungspflichtige Arbeit. Deshalb gilt beim Bürgergeld: Ausbildung vor Aushilfsjob. Dies ist gerade in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig. Wir brauchen mehr und besser ausgebildete Menschen.

Das soll mit dem Bürgergeld noch besser gelingen. Es geht um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Jobcenter-Mitarbeiter*innen und Leistungsempfänger*innen. Um mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch bessere Weiterbildungsangebote. Darum, dass Menschen in Not sich um ihre Arbeitssuche kümmern können – und nicht um Wohnungssuche. Und auch darum, dass Menschen nicht ihr hart erarbeitetes Vermögen aufbrauchen müssen, bloß, weil sie vorübergehend staatliche Unterstützung brauchen.

Wer ohne Grund Termine verpasst oder die Mitwirkung verweigert, muss mit Leistungsminderungen rechnen.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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