Frage an Ingo Gädechens bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Ingo Gädechens
CDU
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Frage von Jürgen B. •

Frage an Ingo Gädechens von Jürgen B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Gädechens,

ich möchte gerne wissen, warum sich die CDU nicht für mehr Bürgerdemokratie einsetzt. Einerseits beklagt die Politik, dass die Wahlbeteiligungen zu gering sind und andererseits lässt man viele Stimmen der Bürger einfach unter den Tisch fallen. Sollten z.B. zwei kleine Parteien and der 5%-Hürde knapp scheitern, dann sind fast 10% der Stimmen nicht berücksichtigt worden. Warum wird die Hürde bei Wahlen nicht auf 2 oder 3% gesenkt? Das könnte bei knappen Wahlentscheidungen die Koalitionsmöglichkeiten wesentlich interessanter machen.

Weiterhin verstehe ich nicht, dass die Bürger bei extrem wichigen Fragen nicht direkt mitbestimmen dürfen. Wir haben zwar die parlamentarische Demokratie in Deutschland, aber Politik ist veränderbar und viele Bürger haben den Eindruck, dass nach den Wahlen alle Entscheidungen einfach durchgewunken werden ohne eine bürgerliche Kontrollinstanz.

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CDU

Sehr geehrter Herr Brunnlieb,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 28. Mai 2015 zum Thema Demokratie und Bürgerrechte.

Als Mitglied der CDU darf ich einer Partei angehören, die seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland für unser demokratisches System eingetreten ist. Wir sind der festen Überzeugung, dass Demokratie die beste aller möglichen Staatsformen ist. Aber bei der Diskussion über unsere Demokratie und ihre Regeln dürfen wir nie vergessen, dass schon vor 1949 eine demokratische Republik auf deutschem Boden existiert hat. Leider ist die Weimarer Republik jedoch aus verschiedenen Gründen gescheitert und mündete in die schreckliche Zeit des Nationalsozialismus. Den Urhebern des Grundgesetzes war es eine wichtige Lehre, dass eine zu starke Zersplitterung des Parlaments in viele kleine Fraktionen das Land unregierbar und das demokratische System anfällig für seine Gegner machen.

Um nun also im Bundestag klare Mehrheiten herbeizuführen, wurde die 5%-Hürde eingeführt. Diese Begründung halte ich für stichhaltig, sodass ich keine Notwendigkeit
zu einer Änderung der Regelung sehe. Natürlich haben Sie Recht, dass gerade bei der letzten Bundestagswahl sowohl die FDP mit 4,8% und die AfD mit 4,7% relativ knapp an der Hürde gescheitert sind und somit viele Wählerstimmen keine Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundestages gehabt haben. Allerdings gehe ich davon aus, dass ein solches Ergebnis singulär ist und die grundsätzliche Berechtigung der 5%-Hürde nicht in Frage stellt.

Die CDU begrüßt jedes politische Engagement von Bürgerinnen und Bürgern. Dazu zählt auch die Möglichkeit, auf Landes- und kommunaler Ebene durch Volksentscheide an Entscheidungen mitzuwirken. Auf Bundesebene jedoch können Volksentscheide oder ähnliche Verfahren den oft komplexen Fragen unserer Gesellschaft kaum gerecht werden. Naturgemäß können Volksentscheide in der Regel nur mit ´Ja´ oder ´Nein´ beantwortet werden. Allerdings ist die Gesetzgebung oftmals sehr vielschichtig und muss eine kaum überschaubare Vernetzung mit anderen Regelungsbereichen berücksichtigen.

Um hier zu zufriedenstellenden Antworten zu gelangen, wird im Deutschen Bundestag auf dem Wege der Gesetzgebung ein Verfahren angewandt, dass ein hohes Maß thematischer Tiefe und Flexibilitä erlaubt. Auf dem Wege dieses ´lernenden Verfahrens´ sind Spielraum, Änderungen und Anpassungen zu berücksichtigen. Volksentscheide erlauben eine solche detailreiche Abstimmung nicht. Die unangemessene Verkürzung vieler Sachthemen kann leicht zu populistisch beeinflussten Ergebnissen führen, bei denen die notwendigen Kompromisse der parlamentarischen Diskussion auf der Strecke blieben. Dieses würde insbesondere zu Lasten von Minderheiten und gesellschaftlich benachteiligten Gruppen gehen. Daher sehe ich keine Möglichkeit der Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Ingo Gädechens, MdB

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