Frage an Ingo Wellenreuther bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Ingo Wellenreuther
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Frage von Frank T. •

Frage an Ingo Wellenreuther von Frank T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wellenreuther,

in Ihrer Antwort vom 13.5. auf die Frage von Herrn Siebold vom findet sih folgende Aussage:

"Mit derselben Sorgfalt wird das BKA auch die Sperrliste erheben. Das BKA wird die Sperrliste tagesaktuell zur Verfügung stellen, es haftet für etwaige Fehlinformationen, die Provider müssen also keine Entschädigungsansprüche fürchten. In diesem Zusammenhang ist aber zu betonen, dass es nach den tatsächlichen Erfahrungen aus den anderen Ländern keine nennenswerten Beschwerden gibt, dass unbedenkliche Angebote im Internet betroffen wären."

Das ist falsch, aus anderen Ländern gibt es sehr wohl nennenswerte Beschwerden. Ein Skandal war war beispielsweise die Sperrung der w3c.org Seite über die finnische Liste. Das W3C wurde 1995 von Sir Tim Berners-Lee, dem Erfinder des WWW, gegründet und soll technische Webstandards entwickeln. Eine weitere Überprüfung der Liste ergab, daß _weniger als ein Prozent_ der gelisteten Seiten tatsächlich kinderpornografische Inhalte aufwiesen. ( http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/16/0,3672,7558608,00.html )

Die Haftung der Provider ist im übrigen sicher zu bedenken, der weit schwerer wiegende Punkt betrifft jedoch die Nutzer. Die Gefahr, die hier gesehen wird, ergibt sich unter anderem aus der rechtlich völlig haltlosen Auslegung, mehrfaches Anklicken einer Stopp-Seite allein stelle bereits einen strafbaren Versuch im Sinne des §184b StGB dar. Ich habe ausreichendes Vertrauen in die Justiz, daß ein solches Verhalten kaum als alleiniges Indiz zum Nachweis einer Straftat führt, im Vorfeld kann so jedoch bequem ein Anfangsverdacht herbeikonstruiert werden, der z.B. eine Hausdurchsuchung zur Folge haben kann. Sicherlich stehen auch dann rechtliche Mittel zur Verfügung, der Schaden - für den Betroffenen wie für die freiheitliche demokratische Grundordnung - ist jedoch schon entstanden.

Sollte es hier nicht einen richterlichen Vorbehalt oder einen parlamentarischen Kontrollausschuß zur weiteren Prüfung der Sperrlisten geben?

mfG

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Theiß,

vielen Dank für Ihre Frage.

Meine Aussage war nicht falsch, weil sie meine Einschätzung zu den Erfahrungen in den anderen Ländern, in denen es Zugangssperren bereits gibt, wiedergibt. Bei weltweit hunderttausenden verhinderten Zugriffen auf kinderpornographische Webseiten sind Einzelfälle von möglicherweise fehlerhaft auf Sperrlisten stehende Webseiten zwar bedauerlich, fallen aber nicht ins Gewicht.

Die behauptete Sperrung von Seiten, auf denen angeblich keine kinderpornographischen Inhalte abrufbar waren, kann im Übrigen auch daran liegen, dass die Inhalte von Webseiten zum Teil sehr schnell verändert werden, so dass im Zeitpunkt der angeordneten Zugangssperre Kinderpornographie abrufbar war und zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr, so dass die Seite später einen "sauberen" Eindruck hinterließ.

Zur Frage eines strafrechtlichen Anfangsverdachts bei bloßem Aufruf der Stopp-Seite kann ich Ihnen mitteilen, dass diese Frage Gegenstand der öffentlichen Anhörung im Deutschen Bundestag am 27.05.2009 war. Der gesamte Bereich der Strafverfolgung, der auf Begehren des Bundesjustizministeriums in den Gesetzentwurf eingefügt worden war, ist auf große Bedenken gestoßen. Auch ich persönlich sehe diesen Bereich kritisch. Er muss daher in den weiteren Beratungen einer genauen Prüfung unterzogen werden.

Die nahezu einhellige Meinung der Sachverständigen in dieser Anhörung war im Übrigen, dass die Sperrlisten zusätzlich zu den bestehenden harten und bereits geltenden strafrechtlichen Maßnahmen einen wichtigen Beitrag zur Prävention leisten und zum Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Kinderpornographie beitragen. Die Experten stützen also dieses von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und von mir persönlich geforderte Vorhaben.

Ein Richtervorbehalt oder ein parlamentarischer Kontrollausschuss erscheint mir bei dieser Regelung nicht praktikabel. Um effektiv gegen Umgehungsmöglichkeiten vorzugehen, wird die Sperrliste tagesaktuell aktualisiert werden. Die tagtägliche Prüfung der Inhalte der Liste durch einen Richter oder einen parlamentarischen Kontrollausschuss wäre kaum möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Wellenreuther MdB