Frage an Ingo Wellenreuther bezüglich Recht

Portrait von Ingo Wellenreuther
Ingo Wellenreuther
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ingo Wellenreuther zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Donald B. •

Frage an Ingo Wellenreuther von Donald B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Wellenreuther,

Sie haben die Frage von Herrn M. zum neuen § 184c StGB (Jugendpornographie) sehr schnell beantwortet, vielen Dank dafür.
Sie machen zu Recht auf die Ausnahmeregelung zum Besitz für minderjährige Hersteller aufmerksam.

Bitte erlauben Sie mir zwei Nachfragen:

Inwiefern ändert sich Ihre Beurteilung von Recht und Gerechtigkeit, wenn sich die gleiche Frage nicht auf zwei 17-jährige Partner bezieht, sondern auf einen 17-jährigen und einen 18-jährigen? Der Volljährige kann die Ausnahmeregelung für sich ja nicht in Anspruch nehmen.

Inwiefern ändert sich ihre Beurteilung, wenn sogar beide Partner volljährig sind, und einer davon lediglich deutlich jünger aussieht? Wieder scheint die Ausnahmeregelung nicht zu greifen. Ich möchte anmerken, dass diese Situation nicht künstlich konstruiert ist, mir ist ein reales Paar bekannt, die sich jetzt große Sorgen machen.

Inwiefern ändert sich Ihre Beurteilung, wenn einer der Partner die Bilder "solo" als Geschenk für den anderen angefertigt hätte? Da der Empfänger der Bilder diese nicht hergestellt hat, scheint er sich durch den Besitz strafbar zu machen. Darüberhinaus scheint sich der andere Partner dadurch strafbar zu machen, dass er einem anderen den Besitz verschafft.

Mit freundlichen Grüßen
Donald Buczek

Portrait von Ingo Wellenreuther
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Buczek,

vielen Dank für Ihre konkretisierenden Nachfragen.

Ich halte es für wichtig, zunächst noch einmal zu betonen, dass § 184 c StGB nur greift, wenn es sich um „pornographische Schriften“ handelt. Sog. Aktfotografie oder „einfache“ Nacktaufnahmen fallen daher nicht unter diese Strafnorm.

Nun konkret zu Ihrer ersten Nachfrage. Hier möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass diese Fallkonstellation nach der Formulierung des § 184 c Abs. 4 Satz 2 StGB jedenfalls dann nicht strafbar ist, wenn der 18-Jährige die pornographischen Schriften noch im jugendlichen Alter hergestellt hat.

Entsprechend der Forderung des am 22. Dezember 2003 unter rot-grüner Regierungsverantwortung abgeschlossenen Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie wurde mit der Einführung des § 184 c StGB die Strafbarkeit der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes von pornographischen Schriften auf Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren ausgeweitet mit der Zielrichtung, Minderjährige vor Ausbeutung durch die Pornoindustrie zu schützen.

In dem von Ihnen beschriebenen Fall, wenn also die pornographischen Schriften in einer Partnerschaft zwischen einer 18-jährigen Person und einer 17-jährigen Person einvernehmlich hergestellt werden, ist die Tatbestandsmäßigkeit gegeben. Geht man davon aus, dass bei der Norm der Darstellerschutz sowie die Eindämmung der Nachfrage im Vordergrund steht, könnte die Strafbarkeit im Weg der rechtfertigenden Einwilligung oder der teleologischen Reduktion dennoch entfallen, wenn die Schrift einvernehmlich hergestellt wurde und ausschließlich im Besitz des Herstellers und/oder des Darstellers verbleibt. Dann nämlich greifen die beiden genannten Gesichtspunkte nicht. Zieht man noch den Aspekt des Jugendschutzes durch die Norm hinzu, fällt die Möglichkeit der rechtfertigenden Einwilligung weg. Dann würde es im genannten Fall der Staatsanwaltschaft obliegen, eine Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld (§ 153 StPO) zu prüfen.

Gleiches gilt für den zweiten von Ihnen beschriebenen Fall.

Die von Ihnen beschriebenen Fälle bewegen sich außerhalb der eigentlichen Zielrichtung der Norm, die z. B. auch den – wohl unstrittig strafwürdigen – Fall schützen soll, dass ein 35-Jähriger seinen altersbedingten Einfluss auf eine 15-Jährige geltend macht, um sie zur Aufnahme von pornographischen Schriften zu bewegen.

Ich habe großes Vertrauen in die Justiz, dass diese unterschiedlichen Fallkonstellationen insbesondere mittels der Möglichkeiten zur Einstellung eines Verfahrens jeweils einer angemessenen Lösung zugeführt werden und sich daher in der Praxis keine gravierenden Schwierigkeiten mit der Norm ergeben werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Wellenreuther MdB