Frage an Ingrid Nestle bezüglich Soziale Sicherung

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Ingrid Nestle
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Frage von Ammar M. •

Frage an Ingrid Nestle von Ammar M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Ingrid Nestle

Über 20 Jahre nach dem Inkrafttreten des Rettungsassistentengesetzes ist
es mehr als an der Zeit, die Ausbildung des Rettungsfachpersonals den
gestiegenen Anforderungen und veränderten Rahmenbedingungen in der präklinischen Versorgung anzupassen.
Die Bundesfachkommission Rettungsdienst der Gewerkschaft ver.di fordert deshalb im Einklang mit vielen anderen Fachleuten für den Bereich Rettungsdienst eine grundlegende und zügige Novellierung des Berufszulassungsgesetzes.
Die Novellierung sollte durch folgende zentrale Merkmale der Ausbildung gekennzeichnet sein:

- Die Ausbildungsdauer beträgt drei statt bisher 2 Jahre. Die Ausbildung orientiert sich an einem eigenständigen Berufsprofil.

- Die praktische Ausbildung findet im Betrieb und in anderen Gesundheitseinrichtungen wie z.B. Krankenhäusern, statt, die theoretische Ausbildung an berufsbildenden Schulen oder Rettungsdienstschulen

- Der/die Auszubildende schließt einen Ausbildungsvertrag mit einem Rettungsdienstunternehmen ab.

- Die Ausbildung ist für Auszubildenden kostenfrei, es wird eine Ausbildungsvergütung gezahlt

- Die Ausbildung wird im Umfang ihrer Gleichwertigkeit auf andere Ausbildungen im Gesundheitswesen angerechnet um ein höhere Durchlässigkeit in andere Gesundheitsberufe zu schaffen.

Unterstützen auch Sie die Forderungen der Bundesfachkommission Rettungsdienst
der Gewerkschaft ver.di und werden Sie sich im Bundestag für eine zügige
Novellierung des Rettungsassistentengesetzes in diesem Sinne einsetzen?

Mit freundlichen Grüßen
Ammar Moubayed

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Moubayed,

herzlichen Dank für Ihren Brief zum Rettungsassistentengesetz.

Das Rettungsassistentengesetz besteht in seiner jetzigen Form seit 1989. Es sollte den Wildwuchs der Bezeichnungen eindämmen und einen einheitlichen Ausbildungsrahmen schaffen. Bereits 1996 wurde im sogenannten Reisensburger Memorandum auf die Defizite dieses Gesetzes hingewiesen. Im Frühjahr 2005 hat die Ständige Konferenz für den Rettungsdienst in einem Eckpunktepapier Vorschläge für die Novellierung des Rettungsassistentengesetzes unterbreitet. Zuletzt wurden 2007 anlässlich einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages von verschiedenen Seiten die Defizite des geltenden Gesetzes benannt.

Dies sind aus unserer Sicht:

- die derzeitige Ausbildung ist mit zwei Jahren zu kurz und vom Charakter eher ein Lehrgang als eine Berufsausbildung,

- Ausbildungszeiten und Ausbildungsinhalte bilden die gestiegenen Anforderungen an die Rettungsassistenten am Unfallort nicht ab

- trotz gegenteiliger Intention des Gesetzes gibt es immer noch keine bundeseinheitlichen Mindeststandards für die Ausbildung,

- die vorgeschriebene Regelausbildung wird vielfach umgangen, weil zum Beispiel die Ausbildung zum Rettungssanitäter auf den Lehrgang angerechnet werden kann,

- die Kosten der Ausbildung müssen von den künftigen RettungsassistentInnen selbst getragen werden,

- es gibt keine einheitlichen Qualitätsgrundsätze und -kontrollen für die Ausbildungseinrichtungen.

Die große Koalition hat noch 2008 eine Novellierung des Rettungsassistentengesetzes sowie der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungsassistenten in Aussicht gestellt. Passiert ist dann aber noch nichts.

Die grüne Bundestagsfraktion hat sich wiederholt für eine zügige Novellierung des Rettungsassistentengesetzes ausgesprochen. Wünschenswert sind hierbei insbesondere folgende Verbesserungen:

- die Ausbildungsziele sollten zur sogenannten Regelkompetenz am Unfallort befähigen (Basisuntersuchungen und Diagnostik der vitalen Funktionen, Durchführung der erforderlichen lebensrettenden Sofortmaßnahmen, Monitoring, betreuende Maßnahmen etc.),

- Anhebung der Ausbildungsdauer, des Ausbildungsumfangs und der Zugangsvoraussetzungen (4.600 Stunden),

- Definition von Ausbildungsbetrieben und qualitative Anforderungen an dieselben,

- Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Auszubildenden (Ausbildungsvertrag, Ausbildungsvergütung, kostenlose Ausbildungsmittel etc.),

- klare Regelung zur Übernahme der Kosten durch die Länder und die Rettungsdienstträger. Jedoch darf der Bund die Mehrkosten nicht einfach auf die Länder abwälzen, denn die schwarz-gelbe Koalition belastet die Länder bereits über Gebühr: das Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat für den Haushalt der Länder schwere Einnahmeeinbußen bedeutet - allein durch die Mehrwertsteuersenkungen für Hotels fehlen den Ländern mindestens 500 Millionen Euro. Wir Grüne hingegen wollen Einnahmeverbesserungen für die Länder und Kommunen durch gerechtere Steuern und die Streichung umweltschädlicher Subventionen erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Ingrid Nestle

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