Öl + Gasheizungen. Täglich liest man wieder, Änderungen, jetzt herrscht Klarheit, Ausnahmen, keine Kosten. Aber was hat sich in den letzten Wochen konkret geändert? Wenn man genau liest nämlich nichts

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Ingrid Nestle
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Frage von Franz W. •

Öl + Gasheizungen. Täglich liest man wieder, Änderungen, jetzt herrscht Klarheit, Ausnahmen, keine Kosten. Aber was hat sich in den letzten Wochen konkret geändert? Wenn man genau liest nämlich nichts

Sehr geehrte Frau Nestle. Ich verfolge täglich sehr genau die Nachrichten und die Aussagen Ihrer Regierungskoalition. Seit Wochen täglich eine neue "Besänftigung" der Bürger. Aber was genau hat sich geändert? Genau gelesen absolut nichts. In der letzten Meldung hieß es: "Koalition hat sich auf einen Kompromiss geeinigt, Heizungstausch nicht auf dem Rücken der Bevölkerung". Wenn das bezuschusst wird, zahlt es ja wieder der Steuerzahler. Ab Jan. 24 gilt nach wie vor, neue Heizung min. 65% erneuerbare Energie, Gas u. Ölheizungstausch darf bei Totalausfall ausgetauscht werden, aber nur 3 Jahre lang bis die wieder raus muss um das dann durch Wärmepumpe oder ählichem zu ersetzen. Ausnahmen sind nicht definiert, genau diese Regelungen hören wir seit Wochen. Ausnahmen ja, aber welche? Wird man dann dem Kaminkehrer und dem Denunziantentum ausgeliefert? Das ist alles nur Gewäsch. Wir können lesen, will uns Rot/Grün zum Besten halten? Meine Frage NOCHMAL, WAS HAT SICH GEÄNDERT? Danke sehr.

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Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Frage. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass schon der ursprüngliche Gesetzentwurf in den Medien oft falsch dargestellt wurde. An manchen Stellen konnte er nicht geändert werden, weil viele der gängigen Forderungen tatsächlich auch schon im Originalentwurf von Ministerin Geywitz und Minister Habeck erfüllt waren. Zum Beispiel war der Entwurf von Anfang an technologieoffen. Es sind eine Reihe von Standardlösungen vorgesehen, bei denen kein individueller Nachweis geführt werden muss, dass die 65% erneuerbare Wärme erreicht sind. Aber alle anderen Optionen sind auch zugelassen, solange genügend Erneuerbare genutzt werden. Lediglich im Neubau (also neue Häuser, im ganzen Gesetz geht es nur um neue Heizungen und nicht um Bestandsheizungen) sind Gasheizungen ausgeschlossen - da werden sie aber auch nicht gebraucht und es ist sinnvoll, dass das knappe Gas für baulich schwierigere Situationen zur Verfügung steht.

Neu ist jetzt, dass im Neubau auch Hybridheizungen, also zum Beispiel eine Kombination von Wärmepumpe und Gasheizung möglich ist.

Auch Solarthermie wurde bei den Standardlösungen aufgenommen.

Eine Ausweitung der Härtefallklausel sieht vor, dass Hauseigentümer über 80 Jahren auf Dauer eine neue Gasheizung betreiben können und es spezifische Regeln für Haushalte mit geringem Einkommen gibt.

Die Übergangsfristen für Häuser mit Gasetagenheizungen wurden verlängert.

Möglich sind jetzt auch wasserstofffähige Gasheizungen, wenn sie rechtzeitig mit grünem Gas und dann mit Wasserstoff betrieben werden.

Und zugelassen ist unter bestimmten Voraussetzungen auch blauer Wasserstoff, der mit Hilfe von Verpressung des CO2 aus fossilem Erdgas gewonnen wird.

Erst letzte Woche habe ich einen Installateur für Wärmepumpen besucht. Diese Technik ist für Ein- und Zweifamilienhäuser genauso ausgereift wie für Reihenhäuser. Die neuen Anlagen erfüllen die strengen Anforderungen der Lärmschutzverordnung.  Förderung steht bereits zur Verfügung mit bis zu 40% der Investitionssumme. Wenn Häuser schlecht gedämmt sind und eine Dämmung erst später erfolgen kann, steht zunächst die Option einer Hybridheizung zur Verfügung, bei der die Verbrauchsspitzen durch einen Gaskessel abgedeckt werden. Das verhindert eine Überdimensionierung der Wärmepumpe, die später nach Dämmung des Hauses dann allein genutzt werden kann.

Es geht in diesem Gesetz darum, die Menschen vor den Folgen einer weiteren Preisexplosion zu schützen, wie wir sie in den letzten beiden Jahren beim fossilen Erdgas gesehen haben. Unsere Abhängigkeit vom Erdgas macht unsere Versorgung unsicher, unsere Gesellschaft verwundbar und die Energiekosten potentiell unbezahlbar. Es gibt kein Zurück in die Vergangenheit der spottbilligen Erdgaspreise. Die Erdgaspreise werden das frühere billige Niveau nicht mehr erreichen und neue Preisspitzen können jederzeit auftreten, wie wir schmerzhaft gelernt haben. Für den Steuerzahler ist die Förderung für innovative Heizungstechnik mit Sicherheit deutlich günstiger als die 200 Milliarden, die der Staat allein im letzten Jahr zur teilweisen Abfederung der gigantischen Kostensteigerungen bei fossilem Gas zur Verfügung gestellt hat.

Deshalb und für den Klimaschutz ist es richtig, endlich aufzuhören immer neue Gasheizungen einzubauen, die uns auf 15, 20 oder gar 30 Jahre an diesen teuren und unsicheren Brennstoff ketten. Wie gesagt, die Bestandsheizungen sind von dem neuen Gesetz nicht betroffen.

Mit besten Grüßen

Ingrid Nestle

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