Frage an Jan Ernest Rassek bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Jan Ernest Rassek
FDP
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Frage von Martin S. •

Frage an Jan Ernest Rassek von Martin S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Dr. Rassek,

nur noch 77 % aller Betriebe bilden aus. Von Jahr zu Jahr verschlechtert sich die Situation auf dem Ausbildungsplatzmarkt. Jugendliche mit einem Hauptschulabschluß haben so gut wie keine Chance auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz.

Was gedenke sie persönlich und ihre Partei zu tun um dieses Problem zu lösen ?

Wie stehen sie zum Vorschlag des Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, eine Basisvergütung für Auszubildenden von 270€ einzuführen ?

Was tun sie um auch in Zukunft zu gewährleisten, dass Ausbildung im dualen System stattfinden kann?

Mit freundlichen Grüßen
Martin Sambeth
Gaggenau

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Sambeth,

Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:

Frage 1

Nicht nur um die Jugendlichen mit einem Hauptschulabschluss steht es schlecht, sondern erst recht um die jährlich ca. 80.000 Schüler, welche die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen. Auch der Mißstand, dass in Deutschland nur knapp über 50 % derjenigen, die einen Bildungsstand unterhalb des Sekundarbereichs II haben, eine Beschäftigung erhalten, wurde von der FDP zum Gegenstand eines Antrages an den Bundestag vom 13.04.05, der sehr umfangreich ist und hier in der Gänze nicht wiedergegeben werden kann. Wichtig ist vor allem: Die Reform der beruflichen Bildung muss weitergeführt werden. Um mehr Spielraum für betriebliche Ausbildung zu schaffen, ist eine weitere Flexibilisierung und Deregulierung unseres Berufsbildungssystems erforderlich. Die Ausbildungszeiten müssen differenziert und vor allem verkürzt werden. Die Angebote von Berufen mit theoriegeminderten Anforderungen und verkürzter Ausbildungszeit sind umfassender als bisher auszuweiten. Ausbildungsgänge sind so zu modernisieren, dass viele bisher dreijährige Ausbildungen auch in zwei- oder zweieinhalb Jahren absolviert werden können.

Weiter müssen Initiativen eingeleitet werden, dass bei den Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung mehr Flexibilität und Mittelstandsfreundlichkeit verwirklicht wird. Dabei sind insbesondere mehr Spielräume für betriebliche Schwerpunkte bei den Ausbildungsordnungen und bei den Ausbildungsvergütungen, eine weitere Flexibilisierung der möglichen Beschäftigungszeiten beim Jugendarbeitsrecht, die Wiederherstellung der alten bewährten Rechtslage im Hinblick auf das Benachteiligungsverbot, die Abschaffung des Übernahmegebots bei der Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie die Entbürokratisierung, wie z.B. der Verkleinerung der Berufsbildungsausschüsse und Erleichterung der Vorschriften über sozial geeignete Maßnahmen zu schaffen. Weiter soll den jugendlichen Hauptschulabgängern durch eine konsequente Modularisierung der Berufsausbildung in möglichst allen Ausbildungsbereichen die Möglichkeit gegeben werden, auch Teilqualifikationen zu erwerben und in einem Ausbildungspass bestätigt zu bekonmen.

Frage 2

Der Vorschlag der Ausbildungsabgabe ist zwar gut gemeint, führt aber zum entgegengesetzten Ergebnis, insbesondere werden hierdurch keine neuen Ausbildungsplätze geschaffen, sondern vielmehr bestehende Arbeits- und Ausbildungsplätze vernichtet. Die eigentliche Ursache für den Mangel an Ausbildungsplätzen sind hohe Steuern und Abgaben. Die neuen Rekordzahlen mit über 40.000 Insolvenzen zeigen, dass die Belastung der Unternehmen in Deutschland viel zu hoch ist. Darüberhinaus bringt die Abgabe einen enormen bürokratischen Aufwand mit sich. Auch die finanziell schon stark gebeutelten Kommunen werden insoweit erheblich belastet. Die Abgabe gefährdet darüberhinaus die duale Berufsausbildung in Deutschland und führt zu einer schleichenden Verstaatlichung der Berufsbildung. Das einzige was eine Ausbildungsplatzabgabe produziert ist mehr Filz und Funktionärswirtschaft. Aus diesem Grunde sollte diese Abgabe den Titel erlangen "Ausbildungsvernichtungsabgabe".

Frage 3

Die Stärkung des dualen Systems ist eine Grundforderung der FDP. Die duale Berufsausbildung ist eine tragende Säule des deutschen Bildungssystems. Auch international ist das deutsche System der Berufsbildung noch immer hoch anerkannt und dient vielerorts als Vorbild. Mit Besorgnis ist festzustellen, dass die den Ländern gegebene Möglichkeit der Ausweitung der beruflichen Anerkennung vollzeitschulischer Maßnahmen einen schleichenden Systemwechsel bedeuten kann und die enge Verbindung von Ausbildung und Beschäftigung gefährdet. Eine Ausbildung in der Schule unter Gleichaltrigen ist etwas völlig anderes als eine Ausbildung im Betrieb mit Erwachsenen und "ernsten Aufgaben" nach den Regeln des Berufsbildungsgesetzes, die die Integration in Beschäftigung, die Handlungsfähigkeit und Sozialkompetenz der Jugendlichen gewährleistet. Schon ein Blick nach Frankreich, in dem ein verschultes System herrscht, erweist, dass eine Ausbildung am Bedarf der Wirtschaft vorbei zu Jugendarbeitslosenquoten von mehr als 20 % führt, also doppelt so hoch wie in Deutschland. In einem Entschließungsantrag der FDP-Bundestagsfraktion vom 26.01.05 ist deshalb die Erwartung ausgesprochen, dass der Weg in die Verschulung nicht weitergegangen wird und an die Bundesländer appeliert wird, sich ihrer besonderen Verantwortung für die Erhaltung des dualen Systems bewußt zu sein. Das duale System ist im Hinblick auf die Veränderungen der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Technik ständig zu reformieren. Stufenausbildungen müssen vermehrt geschaffen werden, Integration muss erleichtert werden, Probezeiten verlängert und mehr Flexibilität im Prüfungswesen eingeführt werden. Berufsschulen müssen gestärkt werden und die Lernortkooperation betont werden. Der ständige Ausschuss beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) muss schleunigst wieder eingeführt werden, um die erforderlichen Stellungnahmen zu den Ausbildungsordnungen und Weiterbildungsverordnungen in einem zügigen Verfahren zu gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Ernest Rassek