Frage an Jens Koeppen von Harald H. bezüglich Finanzen
Hallo Herr Koeppen,
als Bürger des Barnims sind sie für mich der direkte Ansprechpartner in der Bundespolitik.
Glaubt man der Bundespressestelle so soll es in der letzten Juniwoche, also direkt vor der Sommerpause, noch zur Ratifizierung des ESM kommen.
Dazu habe ich folgende Fragen an Sie:
1. Verstehen Sie eigentlich WAS genau inhaltlich ratifiziert werden soll?
2. Wie werden Sie sich positionieren, wenn es zur Abstimmung über den ESM kommt?
3. Im (in meinen Augen wahrscheinlichen) Zahlungsausfall der GIPS-Länder ist die Bundesrepublik Deutschland gezwungen, ihr Haftungskapital von derzeit mehr als 730 Mrd Euro fließen zu lassen. Bitte geben Sie mir hier nur ein oder zwei Stichworte, woher diese Gelder im Ernstfall bezogen werden sollen.
Mit freundlichen Grüßen
H. Hirsch
Sehr geehrter Herr Hirsch,
Ihre Sorge über die finanzielle Entwicklung in einigen EU-Staaten kann ich sehr gut nachvollziehen.
Durch die Ereignisse der letzten Zeit ist klar geworden, dass eine Währungsunion in der bisherigen Form nicht dauerhaft existieren kann. An einer verbesserten Stabilitätsarchitektur für Europa wird daher konsequent gearbeitet. Der ESM wird in dem Geflecht verschiedener Maßnahmen einen wesentlichen Beitrag leisten.
Der auf europäischer Ebene beschlossene und unterschriebene ESM-Vertrag setzt meiner Meinung nach ein deutliches Signal für nachhaltige Stabilität innerhalb Europas. Es können Situationen auftreten, in denen akut in Schwierigkeiten geratene Euro-Länder kurzfristig von ihren Partnern unterstützt werden müssen. Sollte es im Falle des Nichthandelns zu einem so genannten Flächenbrand kommen, hätte das unabsehbare Folgen für ganz Europa - damit auch für die deutsche Wirtschaft und unsere öffentlichen Haushalte.
Klar ist: Bei allem geht es nicht allein um die Rettung eines EU-Mitgliedstaates. Vielmehr geht es um die Rettung unserer gemeinsamen Währung, die ohne Reformen in Gefahr ist.
Ziel aller jetzigen und zukünftigen Maßnahmen darf nicht nur die kurzfristige Krisenhilfe sein und ganz ausdrücklich auch nicht die dauerhafte Alimentierung von Staaten. Der ESM ist als ein Baustein neben anderen Maßnahmen für eine dauerhaft stabile Währungsunion zu sehen.
Der ESM bedeutet weder die Schaffung einer Transferunion noch einer Haftungsgemeinschaft. Hilfen für notleidende Euro-Staaten wird es nur im Einzelfall und unter strikten Bedingungen und Auflagen geben, nicht zuletzt unter Beteiligung der privaten Gläubiger. Natürlich sind Belastungen für die Steuerzahler nicht ausgeschlossen. Ich glaube aber, dass das Risiko durch das Gesamtpaket der Maßnahmen auf das notwendige Mindestmaß beschränkt bleibt.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist neben dem ESM auch der am 30. Januar 2012 von den Staats- und Regierungschefs fast aller Mitgliedstaaten beschlossene Fiskalvertrag. Die Einführung von Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild in allen anderen Euro-Staaten, die mit diesem Vertrag verpflichtend sein wird, ist meiner Meinung nach eine entscheidende Weichenstellung für die Stabilisierung unserer Gemeinschaftswährung. Im Vertrag sind auch Maßnahmen zu einer verbesserten wirtschaftspolitischen Koordinierung sowie für mehr Konvergenz enthalten. Mit der Schärfung des Stabilitätspakts und der Einführung des Euro-Plus-Pakts werden wir die Rahmenbedingungen für eine stabile und wettbewerbsfähige Währungsunion weiter verbessern.
Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, warum ich von der Notwendigkeit des ESM als Teil einer verbesserten Stabilitätsarchitektur in Europa fest überzeugt bin.
Mit besten Grüßen
Jens Koeppen MdB