Frage an Joachim Pfeiffer bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Portrait von Joachim Pfeiffer
Joachim Pfeiffer
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Joachim Pfeiffer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Manuel H. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Manuel H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Werter Herr Dr. Pfeifer,
1.: Warum wird die Diskussion über sog. "Killerspiele" auf einem derart niedrigem Niveau geführt? Warum werden die Spieler von dieser Diskussion ausgeschlossen?
2.: Haben Sie sich direkt mt dem Medium Videospiele beschäftigt, um sich hier eine Meinung zu bilden? Haben Sie vieleicht selber mal gespielt? Wie haben Sie sich informiert?
3.: Warum werden in der politischen Diskussion nie die Studien (z.B. die der BBFC-UK, Freie Uni Berlin, Uni Huddersfield UK, US- Secret Service u.s.w.) erwähnt,die den Einfluss von Videospielen auf die Psyche als vergleichsweise gering beurteilen ? Sind gegenteilige Studien seriöser?
4.: Zahlreiche Studien (siehe oben) belegen, das Filme (obwohl nicht
interaktiv) einen bedeutend grösseren Einfluss auf die Psyche haben. Warum ist noch keine Forderung nach einem Verbot von Action- oder Horrorfilmen aufgekommen? Warum wird hier mit zweierlei Mass gemessen?
5.: Wäre eine bessere Kontrolle der Einhaltung des bestehenden
Jugendschutzgesetzes, das bereits eines der schärfsten der Welt ist,
nicht der bessere Weg um Jugendliche vor Gewaltdarstellung zu schützen?
6.: Ist Ihnen bewusst, das es in Deutschland mehrere Millionen Spieler gibt, darunter ein Grossteil volljährig und wahlberechtigt? Als
(ehemaliger) CDU-Wähler möchte ich Ihnen nahe legen, das Sie Ihre jungen Wähler mit Ihrer steifen Haltung vergraulen. Sind Ihnen diese Stimmen nicht wichtig?
7.: Sind soziale Unterschiede und Ausgrenzung nicht auch Ihrer Meinung nach die wahren Gründe von Wahnsinnstaten, wie der in Winnenden? Warum konzentriert man sich nicht auf diese Probleme anstatt sich auf einen Sündenbock einzuschiessen? Aber Verbote sind nicht so kompliziert, oder??
8.: Warum bin ich Ihrer Meinung nach mit meinen 26 Jahren alt genug, um Wehrdienst zu leisten, mein Leben in Afghanistan zu riskieren oder eine Regierung zu wählen, aber nicht alt genug um gewalthaltige Videospiele zu spielen? Wollen Sie mich entmündigen?

Gruss Manuel Holter

Portrait von Joachim Pfeiffer
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Holter,

gerne beantworte ich Ihre Fragen zum Thema Computerspiele.

1.: Warum wird die Diskussion über sog. "Killerspiele" auf einem derart niedrigem Niveau geführt? Warum werden die Spieler von dieser Diskussion ausgeschlossen?

Ich bin der Auffassung, dass die Diskussion nicht auf einem niedrigen Niveau geführt wird. Sie selbst zitieren verschiedene wissenschaftliche Studien, mit denen Sie sich auseinandergesetzt haben. In Debatten wie dieser, die emotional geführt werden, entsteht zuweilen der falsche Eindruck, dass Fakten nicht zu Rate gezogen würden. Niemand wird bewusst von der Diskussion ausgeschlossen und die Beteiligten bemühen sich in der Regel um Sachlichkeit.

2.: Haben Sie sich direkt mit dem Medium Videospiele beschäftigt, um sich hier eine Meinung zu bilden? Haben Sie vielleicht selber mal gespielt? Wie haben Sie sich informiert?

Ich konnte mir in verschiedenen Gesprächen mit Computerspielern ein Bild machen. Ich selbst habe auch Computerspiele ausprobiert, ein regelmäßiger Spieler bin ich aber nicht.

3.: Warum werden in der politischen Diskussion nie die Studien (z.B. die der BBFC-UK, Freie Uni Berlin, Uni Huddersfield UK, US- Secret Service u.s.w.) erwähnt,die den Einfluss von Videospielen auf die Psyche als vergleichsweise gering beurteilen? Sind gegenteilige Studien seriöser?

Leider kann man nicht generalisieren. Die Wissenschaft lebt von verschiedenen Erkenntnissen, die dann in die Debatte einbezogen werden. Ich bin der Ansicht, dass Computerspiele, deren wesentlicher Gegenstand das Töten ist, gesellschaftlich nicht akzeptabel sind. Alle Theorien, wonach diese Killerspiele auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ohne jegliche Wirkung sei, wurden aber sowohl durch die Wissenschaft als auch durch die wiederholten Gewaltexzesse widerlegt. Kinder und Jugendliche müssen ein friedliches Konfliktlösungsverhalten lernen. Auch wenn Sie das nicht hören wollen: Erziehungsbemühungen von Familien und Schulen werden konterkariert, wenn Kindern und Jugendlichen ständig Gewalt als akzeptiertes Konfliktlösungsmuster vorgeführt wird.

4.: Zahlreiche Studien (siehe oben) belegen, das Filme (obwohl nicht interaktiv) einen bedeutend größeren Einfluss auf die Psyche haben. Warum ist noch keine Forderung nach einem Verbot von Action- oder Horrorfilmen aufgekommen? Warum wird hier mit zweierlei Maß gemessen?

Auch im Bereich von jugendgefährdenden Filmen gibt es eine Altersbeschränkung, die vor schädigendem Gebrauch schützt. Ein Verbot von jeglichen Action- und Horrorfilmen liegt nicht im Interesse der Union wie auch nicht ein generelles Verbot von Computerspielen. Ein derartiges Verbot ist abzulehnen. Diese Position ist entlang der Forschungsergebnisse in diesem Bereich gewachsen und beruht auf der Tatsache, dass es bis heute keinen wissenschaftlichen Beweis für einen Zusammenhang zwischen dem Spielen am Computer und Gewaltausbrüchen gibt.

5.: Wäre eine bessere Kontrolle der Einhaltung des bestehenden Jugendschutzgesetzes, das bereits eines der schärfsten der Welt ist, nicht der bessere Weg um Jugendliche vor Gewaltdarstellung zu schützen?

Leider endet die Kontrolle der Einhaltung bestehender Jugendschutzmaßnahmen oft an der Kinderzimmertür. Darum ist die verantwortungsbewusste Erziehung durch die Eltern ebenso gefragt wie die Kontrolle des Staates, bestimmte Spiele nicht allen Altersgruppen zugängig zu machen. Mit Gesetzesänderungen allein - auch vor dem Hintergrund der Verschärfungen des Waffenrechts in der Vergangenheit - ist es aber nicht getan, sondern gerade auch in der Frage der Killerspiele ist die gesellschaftliche Akzeptanz entscheidend. Killerspiele, deren wesentlicher Gegenstand das Töten ist, sind in meinen Augen gesellschaftlich nicht akzeptabel und zu Recht hat sich die Innenministerkonferenz im Juni diesen Jahres für ein Verbot derartiger Spiele ausgesprochen.

6.: Ist Ihnen bewusst, das es in Deutschland mehrere Millionen Spieler gibt, darunter ein Grossteil volljährig und wahlberechtigt? Als (ehemaliger) CDU-Wähler möchte ich Ihnen nahe legen, das Sie Ihre jungen Wähler mit Ihrer steifen Haltung vergraulen. Sind Ihnen diese Stimmen nicht wichtig?

Natürlich ist die Union darum bemüht, die Belange junger Konsumenten der neuen Medien ernstzunehmen. Die Diskussion über "Killerspiele" sollte nicht das Missverständnis erwecken, die Politik sei prinzipiell gegen alle Formen von Computerspielen. Im Gegenteil: Es kommt auf den Inhalt an. Computerspiele haben in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen und sind in Deutschland zu einem wirtschaftlichen, kulturellen und technologischen Einflussfaktor geworden. Mit interaktiven Unterhaltungsmedien, wie sie Video- und Konsolenspiele, Online- und Handyspiele darstellen, ist eine multimediale Spielekultur entstanden, die einen bedeutenden Bestandteil des kulturellen Lebens und der Kreativwirtschaft ausmacht. Vor diesem Hintergrund soll künftig auf unterschiedlichen Wegen die Entwicklung und Vermarktung hochwertiger Computerspiele sogar gefördert werden.

7.: Sind soziale Unterschiede und Ausgrenzung nicht auch Ihrer Meinung nach die wahren Gründe von Wahnsinnstaten, wie der in Winnenden? Warum konzentriert man sich nicht auf diese Probleme anstatt sich auf einen Sündenbock einzuschiessen? Aber Verbote sind nicht so kompliziert, oder?

Derartig schockierende Ereignisse wie der Amoklauf in Winnenden haben nicht allein die Problematik der Computerspiele, sondern auch die Anforderungen an das deutsche Waffenrecht in die Diskussion gebracht. Staatliche Eingriffe können zum Teil schlimmere Katastrophen verhindern helfen. Im Sinne der Union ist es aber, mit Hilfe von Gesetzen die verantwortungsbewusste Selbstständigkeit der Beteiligten zu fördern. Sie sind als Befürworter des Jugendschutzgesetzes auch einverstanden, dass an gegebener Stelle, wie beispielsweise dem Verzehr von Alkohol Altersgrenzen gesetzt werden müssen. Ein ähnlicher Ansatz ist im Bereich der Computerspiele sinnvoll. Die Präventionsansätze zur Früherkennung problembehafteter Personen sind zukünftig konsequent mit dem Ziel aufzugreifen, erziehungsbeteiligte Personen sowie Gleichaltrigengruppen
hierfür verstärkt zu sensibilisieren.

8.: Warum bin ich Ihrer Meinung nach mit meinen 26 Jahren alt genug, um Wehrdienst zu leisten, mein Leben in Afghanistan zu riskieren oder eine Regierung zu wählen, aber nicht alt genug um gewalthaltige Videospiele zu spielen? Wollen Sie mich entmündigen?

Es ist nicht richtig und nicht zulässig, eine wachstumsstarke Branche und deren Konsumenten pauschal zu verunglimpfen, weil es wie überall auch hier die bekannten schwarzen Schafe gibt. Fest steht: Nur etwa fünf Prozent der Computerspiele sind Gewalt verherrlichend. Unsere Leitlinie ist das Vertrauen in den mündigen Bürger. Niemand hat ein Interesse an der Entmündigung derer, die Verantwortung beweisen. Aber die Aufgabe des Staates ist es, die Kinder und Jugendlichen zu schützen, indem sie zu einem bewussten Umgang mit diesem Medium erzogen werden. Ich wüsste wirklich nicht, was an diesem Beschluss so schlecht wäre, dass es die Jugend weiter von der Politik wegtreiben müsste. Vielleicht können Sie mir das noch einmal näher erklären?!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer