Frage an Johannes Lichdi bezüglich Innere Sicherheit

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Johannes Lichdi
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Steffen S. •

Frage an Johannes Lichdi von Steffen S. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Lichdi,

Was würden Sie Vorschlagen sollte gemacht werden zur Bekämpfung des Links und Rechtsextremismus in Sachsen?

Finden Sie nicht auch man sollte an Schulen auch vor den Gefahren des Linskextremismus warnen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Seibert,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich gestehe, dass ich mit den Begriffen "Linksextremismus" und "Rechtsextremismus" wenig anfangen kann. Ich bin dafür die Dinge beim Namen zu nennen: Rechtsextremismus meint Rassismus, Antisemitismus, Leugnung der Gleichhheit aller Menschen, Abschaffung der Freiheit zugunsten eines nicht gewählten "Führerstaats", Ruinierung der Wirtschaft und der Weg in Revanchismus und Krieg. Parteipolitischer Vertreter ist die NPD und ihr gewalttätiges Klientel bei den Neo-Nationalsozialisten der "Freien Kameraden" oder des "Freien Netzes". Wir haben ein Problem in Sachsen und das ist der "Rechtsextremismus" in diesem Sinne!

Daneben bemüht sich der Verfassungsschutz und interessierte konservative Kreis seit Jahren, das Gespenst eines gefährlichen "Linksextremismus" lebendig zu erhalten. Als "linksextremistisch" kann man klassisch kommunistisch-leninistische Positionen verstehen, also die Ansicht, dass die Demokratie zugunsten einer Diktatur des Proletariats, besser der Herrschaft einer diktatorisch herrschenden Funktionskaste, abzuschaffen wäre. Ich sehe nicht, dass diese Positionen außer in absoluten Restbeständen der PDS und kommunistischer Splittergruppen vertreten würde. Weiterhin gibt es die demonstrative Straßen-Militanz der Antifa, die nur selten von Symbolik zu echter Sachbeschädigung und Körperverletzung voranschreitet. Eine Diktatur des Proletariats und Straftaten sind auf Grundlage der Grund- und Menschenrechte des Grundgesetzes natürlich abzulehnen! Es ist aber völlig grotesk, in Sachsen eine nur irgend gleichartige Gefährlichkeit des "Linksextremismus" mit dem "Rechtsextremismus" zu fantasieren.

Was sollte nun geschehen zur "Bekämpfung" der Extremismen? Zunächst: soweit Personen Straftaten begehen wollen, sind diese zu verhindern und zu verfolgen. Es kommt nicht darauf an, unter welchem Vorwand jemand das Gesetz bricht. Weiterhin bin ich aber überzeugt, dass wir in erster Linie die Demokratie fördern sollten. Dies ist die beste "Bekämpfung", denn extremistische Meinungen kann man nicht verbieten. Dazu gehört die Stärkung der demokratischen Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger (dazu auch die Antwort an Herrn Blotevogel hier im Abgeordnetenwatch), für Politiker ein nicht bevormundendes Auftreten und transparente Entscheidungen wie gute Politikergebnisse. Ich unterstütze ausdrücklich das sächsische Landesprogramm zur Förderung von Weltoffenheit und Toleranz zur Förderung der demokratischen Kultur.

Was nun die Schule angeht: Ich wünsche mir, dass in der Schule über die Wertgrundlagen der Demokratie, über Freiheit und Gleichheit aller Menschen informiert und über die (durchaus komplizierten) Verfahren der Demokratie aufgeklärt wird. Ich wünsche mir die Ermutigung der Schülerinnen und Schüler zu selbständigem Denken und eigenen Meinungen und ich wünsche mir eine Schule, in der Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen echte Mitwirkungsmöglichkeiten an ihrem Schulalltag haben. Dies ist die beste Schule der Demokratie, nicht quasi-amtliche Warnungen vor irgendeinem "Extremismus".

Ich wünsche mir aber auch, dass mehr Bürgerinnen und Bürger der Versuchung widerstehen, die Demokratie verächtlich zu reden, und zwischen dem demokratischen System einerseits, das immer zu verbessern ist, und den oft mangelhaften Politikergebnissen demokratisch gesonnener Politiker andererseits zu unterscheiden. Denn der unglaubliche Vorzug der Demokratie ist, dass man Politiker ohne Revolution und Blutvergiessen einfach abwählen kann! Dazu muss man aber auch hingehen.

Mit freundlichen Grüssen

Johannes Lichdi