Frage an Johannes Remmel bezüglich Umwelt

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Johannes Remmel
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Frage an Johannes Remmel von Werner N. bezüglich Umwelt

PFT-Belastung der Ruhr

Sehr geehrter Herr Remmel,

welchen Stellenwert messen Sie als verantwortlicher Minister diesem Thema bei?
1. Wie wird das Verursacherprinzip realisiert?
2. Wie wird das Vorsorgeprinzip hinsichtlich der Bereitstellung eines hygienisch einwandfreien Trinkwassers aussehen?
3. Werden die Wasserversorger an der Ruhr zu einer effektiven Aufbereitung, die über die Untergrundpassage (Uferfiltration, Grundwasseranreicherung) hinausgeht, verpflichtet.
4. Wird das Land NRW auf eine Festlegung eines PFT-Grenzwertes, z.B. bei der Novellierung der Trinkwasserverordnung hinwirken?

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in Ihre neue Aufgabe.

Mit freundlichen Grüßen

W. Nissing

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Nissing,

vielen Dank für Ihre v.g. E-mail, mit der Sie das Thema PFT in der Ruhr aufgreifen und verschiedene Fragen an mich richten.

Gerne antworte ich Ihnen auf Ihre gestellten Fragen.

Das Thema PFT-Belastung ist – wie Sie sicher wissen – ein Thema, das mich bereits in der vergangenen Legislaturperiode intensiv beschäftigt hat und dem ich nun als für den Umwelt- und Verbraucherschutz verantwortlicher Minister auch weiterhin erhöhte Aufmerksamkeit schenken werde. Dabei stehen die Perfluorierten Tenside als eine von vielen Stoffen oder Stoffgruppen als Synonym für die Belastung mit Spurenstoffen.

Die öffentliche Trinkwasserversorgung und die jederzeit und an jedem Ort gewährleistete einwandfreie Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Trinkwasser hoher Qualität ist ein außerordentlich hohes Gut. Auf hohem Niveau funktionierende Infrastrukturen wie die öffentliche Wasserversorgung sind zudem Garant dafür, dass gesunde Lebensverhältnisse geschaffen oder erhalten bleiben und dass die Wirtschaft und das Gewerbe gesicherte Randbedingungen und Planungsbedingungen hat.

Wie Sie sicher wissen, ist die Belastung der Ruhr mit PFT auf verschiedene Ursachen zurück zu führen. Auf der einen Seite sind unerlaubt mit PFT belastete sog. „Bodenverbesserer“ in erheblichem Umfang auf Felder aufgebracht worden, auf der anderen Seite werden PFT in vielen Bereichen der Industrie und des Gewerbes als Produktionsstoffe oder auch als Hilfsstoffe eingesetzt. Teilweise dienen sie auch dem Schutz der Arbeiterinnen und Arbeiter in den Betrieben.

Daher ist es wichtig, dass dem Verursacherprinzip folgend an der Quelle der Einträge, also bei den verunreinigten Flächen und bei den Betrieben anzusetzen und den Eintrag von PFT in die Gewässer aus den Flächen und aus den entsprechenden Produktionsstätten zu reduzieren.

Als Haupteintragsquellen in die Gewässer sind zu nennen:

• kommunales Abwasser, das Abwasser von Galvanikbetrieben beinhaltet
• Produktionsstätten, z.B. Galvanikbetriebe
• Einsatz von fluorhaltigen Schaumlöschmitteln zu Übungszwecken bzw. nach Bränden.

Und genau hier ist mit den Maßnahmen zur Eintragsvermeidung und – minderung angesetzt worden.

Nachdem eine erste PFT- Messung von kommunalem Abwasser vorlag, wurde veranlasst, dass alle kommunalen Kläranlagen > 2000 Einwohnerwerte untersucht wurden. Weiterhin wurde die Untersuchung der relevanten industriellen Direkteinleiter veranlasst.

Als relevant wurde eine Einleitungskonzentration von 300 ng/l für PFOA/PFOS im Abwasser festgelegt. Bei höheren vorgefundenen Konzentrationen wurden die Verursacher der Belastung des kommunalen Abwassers identifiziert und es wurden Maßnahmen auf den Weg gebracht.

Zur Umsetzung und Begleitung der Maßnahmen wurde eine AG gegründet, der alle Bezirksregierungen, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz und Industrieverbände (VCI, Textilindustrie, ZVO) angehören.

Es wurde insbesondere bei mittelständischen Unternehmen, z.B. in Betrieben der Galvanikindustrie eine Reihe von Vermeidungs- und Reduzierungsmaßnahmen umgesetzt, die durch eine Förderung von Seiten des Landes unterstützt wurden.

Sie sehen daraus, dass Einiges angestoßen wurde; die weiter notwendigen Reduzierungen werden wir stringent verfolgen.

Zudem ist es erforderlich die Trinkwasseraufbereitungsanlagen an der Ruhr nachzurüsten und der notwendigen Reduzierung von Spurenstoffen anzupassen.

Die ersten Schritte hierzu sind eingeleitet; die Wasserversorgungsunternehmen sind von der Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Wasserbehörde Anfang April dieses Jahres angehört worden. Damit ist das notwendige Verwaltungsverfahren eingeleitet, mit dem die Unternehmen zur Nachrüstung verpflichtet werden. Dies wird nun unmittelbar geschehen, damit auch bei der Trinkwasseraufbereitung eine dauerhaft wirtksame technische Stufe zur Eliminierung der Stoffe eingeführt wird.

Nordrhein-Westfalen verfügt in der Wasserversorgung und speziell an der Ruhr über andere Strukturen als die anderen Bundesländer. In Nordrhein-Westfalen ist die mittelbare oder unmittelbare Versorgung aus Oberflächengewässern besonders ausgeprägt. Andere Bundesländer sichern ihre Wasserversorgung bis zu 100 % aus dem Grundwasser ab. Für diese Bundesländer hat die Belastung des zur Trinkwasserversorgung geförderten Rohwassers mit PFT derzeit keine Bedeutung.

Dennoch ist es wichtig, das Thema PFT und insgesamt die Diskussion um Spurenstoffe in der aquatischen Umwelt über Nordrhein-Westfalen hinaus auszudehnen. Dieses Thema wird – wenn Sie z.B. die Altersentwicklung der Gesellschaft mit zunehmendem Gebrauch von Arzneimitteln und der daraus folgenden Belastung der Gewässer betrachten – eine Zukunftsaufgabe sein, die bundes- und europaweit aufgegriffen werden muss.

Daher haben wir aus Nordrhein-Westfalen heraus in den ersten Beratungen zur Novelle der Trinkwasserverordnung dieses Thema in die Diskussion eingebracht und werden es auch in den weiteren Beratungen verfolgen.

Auch bei den Beratungen zur Verordnung über die Qualität von Oberflächengewässern haben wir das Thema eingebracht und darauf gedrungen, für Gewässer, aus denen Trinkwasser gewonnen wird Regelungen zu schaffen, die es ermöglichen einen noch stringenteren Vollzug zu sicher zu stellen. Dabei wollen wir nicht bei starren Grenzwerten verharren, sondern Verfahren zur Bewertung von Stoffen festschreiben, die nicht nur für einen Stoff – hier PFT – zutreffend sind, sondern viele, auch in Zukunft möglicherweise erst analysierbaren Stoffen gerecht werden.

Wie Sie an diesen wenigen Beispielen eines überaus komplexen Themas sehen, werden wir das Thema nicht nur weiterverfolgen, sondern weiter ausbauen und unsere Bemühungen um eine hohe Qualität der Gewässer und des Trinkwassers intensivieren.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Johannes Remmel