Frage an Julia Schramm bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Julia Schramm
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Frage von Michael S. •

Frage an Julia Schramm von Michael S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Schramm,

glauben Sie, dass die Piratenpartei dauerhaft in der Bundesrepublik eine Rolle spielen wird? Wie stehen Sie und die PP generell zum Parteiensystem in Deutschland? Hat sich die parlamentarische Demokratie nicht überholt? Eingeholt von der Parteiendiktatur. Marionetten der Lobbyisten sitzen offenbar an der Regierung. Werden Sie das mit demokratischen Mitteln ändern können?

Gruß
Michael Schauerte

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Schauerte,

im Moment bin ich sehr optimistisch, dass die Piratenpartei es schafft, sich dauerhaft als sechste Kraft zu etablieren. Das liegt natürlich in unseren Händen und bedeutet konkret eine Menge Arbeit. Ich persönlich bin von dieser Partei immer wieder positiv überrascht, vor allem ob ihrer Funktionsfähigkeit trotz etlicher Probleme, trotz des rein ehrenamtlichen Charakters und der Dezentralität.

Natürlich ist die Piratenpartei als Partei im Parteiensystem der Meinung, dass sie mit ihrem Dasein als Partei auch etwas bewirken kann. Ich finde, dass dies auch schon geschehen ist. Erst durch unsere Arbeit haben sich die anderen Parteien den Themen Datenschutz und Bürgerrechte im Internet überhaupt angenommen. Irgendwo gehen wir als Bewegung mit der Piratenpartei auch einen konservativen Weg, aber ich persönlich halte Evolution und Pragmatismus für wesentlich sinnvoller als den Anspruch der Weltrevolution!

Auf der anderen Seite sind wir innerhalb der Partei davon überzeugt, dass die parlamentarische Demokratie sich durchaus überholt hat. Deswegen fordern wir mehr Bürgerbeteiligung, bessere Petitionsmöglichkeiten und Volksabstimmungen. Innerparteilich haben wir gerade u.a. in NRW das System "Liquid Feedback" eingeführt. Hierbei handelt es sich um eine Internetplattform, die interaktive (Basis-) Demokratie und eine größere Bindung der Repräsentanten an die Meinung der Basis ermöglicht. Parteiliche Standpunkte und Meinungen können so interaktiv, weil online, von allen Mitgliedern erarbeitet, gestaltet und entschieden werden.

Das Problem "Lobbyismus" habe ich bereits in einer vorherigen Antwort ausführlich beantwortet, werde aber noch kurz an dieser Stelle darauf eingehen. Lobbyisten sind in meinen Augen natürlicher Bestandteil einer Gemeinschaft, denn der Kinderschutzbund ist ja auch Lobbyist - nur hört ihm keiner zu! Ich denke darüber hinaus auch nicht, dass "Vetternwirtschaft" und "Klüngel" wirklich auszumerzen sind. Deswegen finde ich den Ansatz der Piratenpartei sehr sinnvoll ALLE Lobbyarbeit öffentlich zu machen, Gehälter und Nebenverdienste der Abgeordneten, abgeschlossene Verträge und Ausgabe der Politik zu veröffentlichen und Sperrklauseln für Abgeordnete zu fordern. Transparenz ist das einzig hilfreiche und demokratische Mittel für eine effektive Arbeit gegen Korruption: Gläserner Staat statt gläserner Bürger!

Selbstverständlich wäre die Piratenpartei aber höchst entzückt, wenn wir uns durch unsere Arbeit überflüssig machen würden. Wenn alles gut wäre, gäbe es uns schließlich nicht!

Abgesehen davon sieht unser Grundgesetz eine Parteiendemokratie vor. Also entweder wir nutzen Artikel 146 GG oder wir arrangieren uns mit diesen Vorgaben.

Ich hoffe, dass sie mit meiner Antwort zufrieden sind. Falls nicht, können sie mich jederzeit nochmals kontaktieren!

Beste Grüße,
Julia Schramm