Wird die Linke ihr Verhältnis zur NATO neu klären, so wie sozialistische Parteien in Zentralosteuropa es getan haben, um regierungsfähig zu werden?

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Katina Schubert
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Frage von Pascal K. •

Wird die Linke ihr Verhältnis zur NATO neu klären, so wie sozialistische Parteien in Zentralosteuropa es getan haben, um regierungsfähig zu werden?

Sehr geehrte Frau Schubert,

ich wende mich an Sie als stellvertretende Bundesvorsitzende. Plant die Linke einen Richtungswechsel bei den außenpolitischen Positionen? Anderswo ticken die Linken ganz anders. Die polnischen Sozialisten lewica razem (Koalitionspartner) bekennen sich klar zu militärischer Hilfe an die Ukraine. Die Sozialisten in den baltischen Staaten und in Finnland bekennen sich zur NATO.

Die Linkspartei dagegen galt im Wahlkampf 2021 als "nicht regierungsfähig" und hätte mit naiven und sturen Forderungen einer NATO-Auflösung und Sicherheitsbündnissen mit Russland womöglich jegliche Chance auf eine Regierungsbeteiligung zerstört. Aber wieso? Wieso schafft die Linke es nicht, ihre Positionen zu ändern, wenn die Umstände es erfordern? Wieso nimmt man sich nicht ein Beispiel an den Sozialisten in Zentralosteuropa oder Bernie Sanders, der ja auch den Kosovo-Einsatz und Waffen an die Ukraine unterstützt(e)?

Wieso geht Die Linke nicht mit der Zeit, statt <5% zu haben?

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Sehr geehrter Herr K.,

Vielen Dank für Ihre Frage. Ich will Ihnen ehrlich sagen, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die außen- und sicherheitspolitischen Gewissheiten meiner Partei grundlegend in Frage stellt. Als demokratische Sozialist*innen setzen wir auf zivile Konfliktlösungen, auf Sanktionen gegen die russische Regierung und das sie stützende Oligarchensystem, auf mehr Diplomatie. Es gibt in der Partei eine sehr engagiert geführte Debatte, ob auch Waffenlieferungen an die Ukraine richtig sind. Die Partei steht mehrheitlich dafür, auf die zivilen Mittel zu setzen. Nichtsdestotrotz werden wir die Debatte, wie ein linkes sicherheitspolitisches Konzept unter den veränderten geopolitischen Bedingungen aussehen kann, welche Rolle nicht-militärische Bündnisse spielen, wie es möglich ist, soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Freiheit zu sichern, ohne Krieg als legitimes Mittel der Politik zu akzeptieren, im Zusammenhang mit dem Bundestagswahlprogramm und der Erneuerung unserer Grundsatzprogramms fortführen. Die skandinavischen Linksparteien haben es geschafft, diese auch für sie schwierigen Debatten solidarisch so zu führen, dass sie beisammen geblieben sind. Vor dieser Herausforderung steht auch meine Partei. 

Mit freundlichen Grüßen

Katina Schubert 

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