Frage an Katja Dörner bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Katja Dörner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Heike R. •

Frage an Katja Dörner von Heike R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dörner,
mich beschäftigt eine Frage/ein Phänomen, welches Sie als Politikwissenschaftlerin mir vielleicht beantworten können?
Nicht erst heute, aber jetzt besonders, erleben wir, dass unserem Gesundheitssystem Pflegekräfte, Ärzte, Personal und ggf.Betten fehlen.
Verantwortlich dafür kann ja wohl nur die seit Jahren agierende Regierung sein, wer sonst?
1. deutsches Pflegesystem unterfinanziert
quelle: https://www.boell.de/de/2014/03/03/das-deutsche-pflegesystem-ist-im-eu-vergleich-unterdurchschnittlich-finanziert
2.Gesundheistwesen unter Merkel kaputtgespart
quelle: https://www.ntz.de/nachrichten/leserbriefe/artikel/gesundheitssystem-wurde-kaputtgespart/
3.staatliche Unterfinanzierung des Pflegesektors
quelle: https://www.blickpunkt-wiso.de/post/wie-die-staatliche-unterfinanzierung-des-pflegesektors-informelle-und-prekaere-arbeit-beguenstigt--1419.html
4.Regelungswut und notorische Unterfinanzierung ruinieren den Pflegemarkt
quelle: https://www.caritas-regensburg.de/aktuelles/presse/regelungswut-und-notorische-unterfinanzi
5.Bremer Kliniken müssen Betten sperren
quelle: https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-bremer-kliniken-muessen-betten-sperren-_arid,1869132.html
usw., usw., usw.
Jetzt lese ich, zu meiner absoluten Verwunderung: "Umfragen sehen Union im Aufwind"
quelle: https://www.merkur.de/politik/umfragen-sehen-union-im-aufwind-zr-13609015.html
Frau Dörner, können Sie als Politikwissenschaftlerin mir erklären, wie es zu dem Phänomen kommt, dass in der jetzigen "Coronakrise" gerade die Partei im Aufwind ist, die die Zustände (s.o) im Gesundheits-und Pflegewesen zu verantworten hat?
Eine Zweite Frage, werden die Grünen, wenn sie denn hoffentlich in die nächste Regierung kommen, verbindlich dafür sorgen, dass die massiven Fehler der Union im Kranken- und Pflegebereich korrigiert werden? Und dass die Beschäftigten, die mit Menschen arbeiten auch adäquat entlohnt werden? Ich denke, dies ist weit wichtiger, als die Rüstungsausgaben zu erhöhen.

Mit freundlichem Gruß
Heike Rogall

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Rogall,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Momentan können wir in mehreren Ländern sehen, dass die Zustimmungsraten der dortigen Regierungen wachsen, so auch in Deutschland. Die Bürgerinnen und Bürger schenken besonders in Krisenzeiten ihrer Exekutive Vertrauen. Wir Grüne richten unser politisches Handeln nicht nach Umfragewerten aus. Krisenzeiten wie diese sind Zeiten der Zusammenarbeit – auch zwischen den demokratischen Fraktionen und der Bundesregierung. Wir haben deshalb intensiv mit der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen zusammengearbeitet, konnten eigene, für uns wichtige Punkte durchsetzen und haben dem Gesetzespaket zur Bekämpfung der Corona-Krise zugestimmt.

Neben den derzeitig diskutierten Bonuszahlungen für das Pflegepersonal ist uns auch deren Schutz im Umgang mit infizierten Patient*innen besonders wichtig. Wir begrüßen die Entscheidung der Bundesregierung, jetzt zügig Schutzausrüstung zu beschaffen und die Intensivkapazitäten auszubauen.

Der Pflegefachkräftemangel wird gerade in Krisensituationen besonders deutlich. Dass er aber schon über Jahre schwelt, ist nicht neu. Wir brauchen endlich einen Richtungswechsel in der Pflegepolitik der Bundesregierung, damit die medizinische und pflegerische Versorgung immer und überall sichergestellt werden kann.

Ganz konkret wollen wir in der Krankenpflege mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr für 25.000 zusätzliche Pflegestellen in Krankenhäusern bereitstellen, damit im hektischen Arbeitsalltag Fehler vermieden, alle Hygienevorschriften eingehalten und sich Zeit für die hilfebedürftigen Menschen genommen werden kann. Denn es kann nicht sein, dass die Zahlen der Patient*inne und der Ärzt*innen von Jahr zu Jahr steigen, das Pflegepersonal aber kontinuierlich abgebaut wird.

Pflegeberufe müssen natürlich auch finanziell attraktiver werden. Es braucht einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag für soziale Berufe, um die Arbeitsbedingungen in allen Einrichtungen unabhängig von der Trägerschaft flächendeckend zu verbessern. Außerdem brauchen Pflegekräfte bessere Mitspracherechte im Pflege- und Gesundheitssystem, damit sie stärker als bisher selbst die Weiterentwicklung der Pflege mitgestalten können. Die Gründung von Pflegekammern kann dazu eine Möglichkeit sein.

Wir haben dies alles bereits vor dem Ausbruch der Pandemie gefordert. Die derzeitige Situation zeigt uns allen, dass wir die Missstände in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen nicht weiter aufschieben können. Hier muss schnellstmöglich gehandelt werden. Dafür werden wir uns auch künftig einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Dörner