Frage an Katja Kipping bezüglich Soziale Sicherung

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Katja Kipping
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Frage von Peter S. •

Frage an Katja Kipping von Peter S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Kipping,

ich gehe davon aus, dass Sie mir zustimmen, wenn ich feststelle, dass neuere sozialrelevante Reformen, die die aktuelle Bundesregierung auf den Weg gebracht hat (oder noch plant) nicht das Attribut "sozialverträglich" verdienen. Wirklich nur exemplarisch möchte ich hier die aktuell beiden medienwirksamsten Themen "Sparpaket" und "Gesundheitsreform" nennen. Selbst politisch uninteressierte Bürger merken mittlerweise reihenweise, dass diese Reformen zulasten der sozial Schwächeren gehen, und auch in den Medien - selbst in Konservativen Blättern - thematisieren und kritisieren den fehlgeschlagenen sozialen Ausgleich. Daher möchte ich Sie in Ihrer Funktion als Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales Folgendes fragen:

1.) Wohingehend entwickelt sich Ihrer Meinung nach der Sozialstaat Deutschland unter diesen Bedingungen langfristig?

2.) Wie gedenken Sie persönlich, die Linkspartei insgesamt, und die Oppositionsfraktionen im Bundestag gegen diese sozialen Verschärfungen vorzugehen, solange CDU und FDP mit Mehrheit im Bundestag derartige Reformen gegen die Bürger abnicken?

3.) Welche Maßnahmen empfehlen Sie interessierten und aktiven Bürgern, ihren Unmut über eine derartige Entwicklung, vor dem Hintergrund eines Gefühls der politischen Machtlosigkeit, kundzutun?

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich gehöre tendenziell zu den von solchen Reformen Begünstigten, möchte aber auch nicht in einem Staat leben, der zum einen nur sogenannte "Leistungsträger" begünstigt, und sorge mich zum anderen auch um soziale Unruhen und ein noch größeres politisches Chaos, als derzeit bereits vorhanden.

Abschließend möchte ich fragen: Sehen Sie vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen die repräsentative Demokratie noch als Zukunftsmodell, oder finden Sie auch Alternativen dazu vorstellbar?

Über Ihre Antworten würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen aus Lauterbach,

Peter Senfeld

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Senfeld,

besten Dank für Ihre Frage. Ihren Zeilen kann ich eine gewisse Besorgnis über den Fortbestand des sozialen Friedens in Deutschland entnehmen und ich halte diese Sorge für sehr berechtigt.

Um auf Ihre Fragen zu antworten: der Sozialstaat in Deutschland entwickelt sich meines Erachtens langfristig zu einem rigiden, paternalistisch geprägten System. Wünschens- und erstrebenswert ist aber ein System des sozialen Ausgleiches und der sozialen Gerechtigkeit.

Was unsere Einflussmöglichkeiten im Bundestag betrifft: die Mehrheitsverhältnisse sind, wie sie sind - zumindest bis zur nächsten Bundestagswahl. Mehr als die Öffentlichkeit zu informieren und zu mobilisieren, eigene Initiativen entwickeln (die von der Mehrheit im Plenum immer abgelehnt werden), uns bei Abstimmungen der Demontage des Sozialstaates zu verweigern oder im schlimmsten Falle auf die Verfassungswidrigkeit von Gesetzesvorlagen hinzuweisen und Klagen anzustrengen, können wir kaum tun.
Aktive Bürgerinnen und Bürger können jedoch durchaus Einfluss nehmen. Jeder Brief, jede Mail, jede Unterschrift unter Petitionen und Initiativen hilft. Auch natürlich ein Besuch und ein Gespräch bei Ihren jeweiligen regionalen Abgeordneten, bevorzugt denen der Regierungskoalition. Nur wenn man in der Bundesregierung wahrnimmt, dass die Wiederwahl gefährdet ist, wird man reagieren – das Schweigen der Menschen gilt hingegen als Bestätigung der Macht bzw. als ein "weiter so!".

Zur repräsentativen Demokratie ist zu sagen, dass sie meiner Meinung nach dringend der Ergänzung durch Elemente der direkten Demokratie bedarf – auch auf Bundesebene. Die Möglichkeit, auf eine bestimmte Entscheidung direkt einwirken zu können, würde viele Menschen wieder dazu aktivieren, sich in den demokratischen Prozess einzubringen.

Im Übrigen: ich bin, wie sie vielleicht wissen, eine Verfechterin des Bedingungslosen Grundeinkommens, welches meiner festen Überzeugung nach nicht nur ein reines Modell der Verteilung, sondern auch ein fortschrittliches Gesellschaftsmodell ist: welches Bild machen wir uns vom Lebenszweck der Menschen? Wenn Sie mehr darüber wissen möchten als das, was allzu oft in den Medien darüber verbreitet wird, empfehle ich Ihnen die Webseite des Netzwerkes Grundeinkommen: www.grundeinkommen.de.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping