Frage an Katja Kipping bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Katja Kipping
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Frage von Reinhard W. •

Frage an Katja Kipping von Reinhard W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Kipping,

nun sickern ja mehr und mehr Informationen über die Bilderberg-Treffen zu uns Bürgern durch. Ich muss zugeben, dass es mich erstmal geschockt hat, zu erfahren, wie lange man diese Veranstaltungen geheimhalten konnte und was für (nicht immer unplausible) Spekulationen darüber im Internet zu finden waren, nicht zuletzt wegen dieser Geheimniskrämerei.

Erst danach erfahre ich, dass doch Frau Merkel und Herr Westerwelle und andere MdBs an diesen Treffen beteiligt waren, face-to-face mit den Herren Ackermann, Rockefeller, Döpfner, mit dem Geldadel und mit Nato-Generalsekretären und mit noch etwa 100 anderen aus denselben „Branchen“. Was für ein Vertrauensbruch v. a. angesichts einer nun intensiv betriebenen Sparpolitik der Regierung, in der die Wohlhabensten bislang so glimpflich davonkommen.

Es mag ja mitunter nützlich sein, einen „privaten“ Gedankenaustausch mit einflussreichen Persönlichkeiten aus der Wirtschafts-, Finanz- und Medienwelt zu haben, aber wenn ich diese Meetings vor dem Hintergrund der Duckmäuserei der regierenden Politiker gegenüber der Finanzwelt betrachte, reduziert sich mein Verständnis dafür drastisch.

1) Welchen Eindruck haben Sie von diesen Treffen?
2) Wie bekannt sind diese Meetings unter den Bundestagsabgeordneten überhaupt?
3) Werden sie im Plenum namentlich zur Sprache gebracht?
4) Wenn sich bei den Bilderberg-Treffen MdBs mit und ohne Regierungsverantwortung freiwillig dem Einfluss äußerst reicher und mächtiger Personen aussetzen, für wie plausibel halten Sie dann
a) eine beabsichtigte (Weiter)Verschuldung der Staatshaushalte und damit Machtübertragung der Politik an die Finanzwelt, eine Konsolidierung des Niedriglohnsektors und Sozialabbau in Deutschland?
b) eine mittels Regierungen verdeckte Inszenierung von Finanz- und Wirtschaftskrisen?
5) Gab es schon parlamentarische Anfragen einer Fraktion zur Aufklärung der Inhalte der Treffen und der Legitimität des Schweigens darüber?

Schöne Grüße

Reinhard Weng

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Wenig,

besten Dank für Ihre Frage.

Die von Ihnen benannten Treffen gibt es seit Mitte der fünfziger Jahre. Es handelt sich um Zusammenkünfte eines elitären und sehr intransparenten Zirkels, vorrangig aus Wirtschaftsvertretern und Politikern, über den bislang nur sehr wenig an die Öffentlichkeit gedrungen ist. Wie Sie sicher wissen, so lehnen meine Fraktion und ich solche äußerst intransparenten und undemokratischen Treffen ab, zumal vermutet werden kann, das dort im Geheimen wichtige und weitreichende wirtschaftliche sowie politische Weichenstellungen geplant werden. Gute und kritische Informationen Sie z.B. auf der Homepage von LobbyControl unter http://www.lobbycontrol.de .

Die Bilderberg-Treffen waren auch schon mehrfach Thema im Bundestag - z.B. in Kleinen Anfragen bzw. im Rahmen der Fragestunde. Die Bundesregierung hat aber jeweils nur äußerst knapp informiert, und zwar in dem Sinn, dass es sich bei diesen Konferenzen um inoffizielle und informelle private Gesprächskreise hochrangiger Persönlichkeiten handelt, die ohne Mitglieder- und Organisationsstruktur agieren. Da diese Treffen keinen offiziellen Charakter haben, würde auch die Bundesregierung nur die Kenntnisse haben, welche über die Medien zu erlangen sind.

Exemplarisch möchte ich Ihnen die Antwort der Bundesregierung auf aktuelle Fragen meiner Fraktionskollegin Dr. Gesine Lötzsch übermitteln:

Fragen Frau Dr. Lötzsch: "Welche Mitglieder der Bundesregierung oder Vertreter der Bundesregierung nehmen an der Bilderberg-Konferenz in Spanien teil, und fließen deutsche Steuergelder in die Vorbereitung und Durchführung dieser Geheimkonferenz? Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass die Öffentlichkeit von dieser Konferenz ausgeschlossen ist und dass Journalisten, die Aufnahmen von Besuchern machen wollen, zum Löschen der Bilder aufgefordert werden und, wenn sie sich weigern, mit 32 Stunden Arrest bedroht werden, und wird die Bundesregierung sich gegenüber der spanischen Regierung dafür einsetzen, dass die Pressefreiheit auch während der Konferenz gewahrt bleibt?"

Antwort der Bundesregierung: "Die Bilderberg-Konferenz ist ein informelles, nicht offizielles Treffen. Die Bilderberg-Konferenz in Spanien ist am 6. Juni 2010 zu Ende gegangen. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über Teilnehmer der Bundesregierung an der Bilderberg-Konferenz 2010 in Spanien oder deren Finanzierung vor. Mitglieder der Bundesregierung hätten bei einer Teilnahme an einer Bilderberg-Konferenz als Privatperson und nicht in ihrer offiziellen Funktion teilgenommen. Eine Teilnehmerliste der Bilderberg-Konferenz 2010 kann im Internet auf der Homepage der Bilderberg-Konferenz, www.bilderbergmeetings.org, eingesehen werden.
Entscheidungen über den Einsatz der spanischen Polizei unterliegen den dortigen Behörden."

Mit freundlichen Grüßen

Katja Kipping